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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Reichstag von 1521. Matrikel.
jedoch nur auf ein Halbjahr; auch machte man aus, daß
die Mannschaft selbst gestellt, nicht Geld dafür erlegt würde,
man wollte nicht die mancherlei Unordnungen die unter Ma-
ximilian in dieser Hinsicht obgewaltet, wieder hervorrufen; 1
endlich trug man Sorge, die deutschen Truppen keiner
ausländischen Anführung zu überlassen: sie sollten sämmt-
lich unter ihren eignen Hauptleuten anrücken, der Kaiser
sollte nur die Oberanführer zu setzen haben und auch diese
aus deutscher Nation. Denn ein Jeder wollte seine eignen
Waffen im Felde sehen. Eine Matrikel ward entworfen
-- wie die kleinere, auf der Grundlage der Costnitzer von
1507. In Hinsicht der Reiterei ist es fast ganz dieselbe:
zu den schon damals verzeichneten 3791 M. kamen jetzt
240 von Östreich und Burgund, welche zu Costnitz nicht
angeschlagen worden; so daß sämmtliche Churfürsten und
viele andre Stände bei ihrem Ansatz verblieben. Für das
Fußvolk, das damals zu 4722 Mann berechnet worden,
wozu jetzt Östreich und Burgund jedes mit 600 M. ka-
men, ward in der Regel die Forderung vervierfacht, jedoch
mit mancherlei Abweichungen, eben wie bei dem Cameral-
anschlag. 2 So entstand die Matrikel von 1521, welche
dann die allzeit neueste geblieben ist, nach deren Norm das
deutsche Reich sich Jahrhunderte lang bewaffnet hat.

Und dieß sind nun die wichtigsten Einrichtungen des
neuen Kaisers auf seinem ersten Reichstag. Man dürfte
zwar nicht sagen, daß damit den Bedürfnissen der Nation

1 Fürstenberg 13 Mai: "damit kein Finantz in den gesucht
werde."
2 Neueste Sammlung der Reichsabschiede II, p. 211.

Reichstag von 1521. Matrikel.
jedoch nur auf ein Halbjahr; auch machte man aus, daß
die Mannſchaft ſelbſt geſtellt, nicht Geld dafür erlegt würde,
man wollte nicht die mancherlei Unordnungen die unter Ma-
ximilian in dieſer Hinſicht obgewaltet, wieder hervorrufen; 1
endlich trug man Sorge, die deutſchen Truppen keiner
ausländiſchen Anführung zu überlaſſen: ſie ſollten ſämmt-
lich unter ihren eignen Hauptleuten anrücken, der Kaiſer
ſollte nur die Oberanführer zu ſetzen haben und auch dieſe
aus deutſcher Nation. Denn ein Jeder wollte ſeine eignen
Waffen im Felde ſehen. Eine Matrikel ward entworfen
— wie die kleinere, auf der Grundlage der Coſtnitzer von
1507. In Hinſicht der Reiterei iſt es faſt ganz dieſelbe:
zu den ſchon damals verzeichneten 3791 M. kamen jetzt
240 von Öſtreich und Burgund, welche zu Coſtnitz nicht
angeſchlagen worden; ſo daß ſämmtliche Churfürſten und
viele andre Stände bei ihrem Anſatz verblieben. Für das
Fußvolk, das damals zu 4722 Mann berechnet worden,
wozu jetzt Öſtreich und Burgund jedes mit 600 M. ka-
men, ward in der Regel die Forderung vervierfacht, jedoch
mit mancherlei Abweichungen, eben wie bei dem Cameral-
anſchlag. 2 So entſtand die Matrikel von 1521, welche
dann die allzeit neueſte geblieben iſt, nach deren Norm das
deutſche Reich ſich Jahrhunderte lang bewaffnet hat.

Und dieß ſind nun die wichtigſten Einrichtungen des
neuen Kaiſers auf ſeinem erſten Reichstag. Man dürfte
zwar nicht ſagen, daß damit den Bedürfniſſen der Nation

1 Fuͤrſtenberg 13 Mai: „damit kein Finantz in den geſucht
werde.“
2 Neueſte Sammlung der Reichsabſchiede II, p. 211.
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[463/0481] Reichstag von 1521. Matrikel. jedoch nur auf ein Halbjahr; auch machte man aus, daß die Mannſchaft ſelbſt geſtellt, nicht Geld dafür erlegt würde, man wollte nicht die mancherlei Unordnungen die unter Ma- ximilian in dieſer Hinſicht obgewaltet, wieder hervorrufen; 1 endlich trug man Sorge, die deutſchen Truppen keiner ausländiſchen Anführung zu überlaſſen: ſie ſollten ſämmt- lich unter ihren eignen Hauptleuten anrücken, der Kaiſer ſollte nur die Oberanführer zu ſetzen haben und auch dieſe aus deutſcher Nation. Denn ein Jeder wollte ſeine eignen Waffen im Felde ſehen. Eine Matrikel ward entworfen — wie die kleinere, auf der Grundlage der Coſtnitzer von 1507. In Hinſicht der Reiterei iſt es faſt ganz dieſelbe: zu den ſchon damals verzeichneten 3791 M. kamen jetzt 240 von Öſtreich und Burgund, welche zu Coſtnitz nicht angeſchlagen worden; ſo daß ſämmtliche Churfürſten und viele andre Stände bei ihrem Anſatz verblieben. Für das Fußvolk, das damals zu 4722 Mann berechnet worden, wozu jetzt Öſtreich und Burgund jedes mit 600 M. ka- men, ward in der Regel die Forderung vervierfacht, jedoch mit mancherlei Abweichungen, eben wie bei dem Cameral- anſchlag. 2 So entſtand die Matrikel von 1521, welche dann die allzeit neueſte geblieben iſt, nach deren Norm das deutſche Reich ſich Jahrhunderte lang bewaffnet hat. Und dieß ſind nun die wichtigſten Einrichtungen des neuen Kaiſers auf ſeinem erſten Reichstag. Man dürfte zwar nicht ſagen, daß damit den Bedürfniſſen der Nation 1 Fuͤrſtenberg 13 Mai: „damit kein Finantz in den geſucht werde.“ 2 Neueſte Sammlung der Reichsabſchiede II, p. 211.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/481>, abgerufen am 22.11.2024.