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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Drittes Capitel.

Im Anfang des Jahres 1520 verfaßte er einige Dialoge,
die ihm niemals wieder verziehen werden konnten. In
dem einen, die Anschauenden, wird der päpstliche Legat nicht
mehr wie früher nur an einigen Äußerlichkeiten geneckt,
sondern mit alle seinen geistlichen Facultäten, Anathem und
Excommunication, die er gegen die Sonne anwenden will,
auf das bitterste verhöhnt. In einem andern, Vadiscus
oder die römische Dreifaltigkeit, werden alle Mißbräuche
und Anmaaßungen der Curie in schlagende Ternionen zu-
sammengefaßt: der Meinung der Wittenberger, daß das
Papstthum nicht mit der Schrift bestehen könne, kam Hut-
ten hier mit einer Schilderung des römischen Hofes wie
er in der Wirklichkeit sey, zu Hülfe, welche denselben als
den Abgrund des sittlichen und religiösen Verderbens dar-
stellte, von dem man sich um Gottes und des Vaterlan-
des willen losreißen müsse. 1 Denn seine Ideen waren
vor allem national. Durch eine ihm in die Hände gera-
thene alte Apologie Heinrichs IV, die er im März 1520
herausgab, suchte er die Erinnerung an die großen Käm-
pfe gegen Gregor VII, die verloschene Sympathie der Na-
tion mit dem Kaiserthum, des Kaiserthums mit der Nation
wieder zu erwecken. 2 Er sandte sie an den jungen Erz-
herzog Ferdinand, der eben aus Spanien in den Nieder-
landen angekommen, mit einer Zueignung, in welcher er
ihn auffordert, seine Hand zu bieten zur Herstellung der
alten Unabhängigkeit von Deutschland, welches den kriegs-

1 Vadiscus dialogus qui et Trias romana inscribitur. In-
spicientes Dialogus Hutteni. Opera ed. Münch III, 427. 511.
2 Waltramus de unitate ecclesiae conservanda etc. in Schar-
dius Sylloge das erste Stück.
Zweites Buch. Drittes Capitel.

Im Anfang des Jahres 1520 verfaßte er einige Dialoge,
die ihm niemals wieder verziehen werden konnten. In
dem einen, die Anſchauenden, wird der päpſtliche Legat nicht
mehr wie früher nur an einigen Äußerlichkeiten geneckt,
ſondern mit alle ſeinen geiſtlichen Facultäten, Anathem und
Excommunication, die er gegen die Sonne anwenden will,
auf das bitterſte verhöhnt. In einem andern, Vadiscus
oder die römiſche Dreifaltigkeit, werden alle Mißbräuche
und Anmaaßungen der Curie in ſchlagende Ternionen zu-
ſammengefaßt: der Meinung der Wittenberger, daß das
Papſtthum nicht mit der Schrift beſtehen könne, kam Hut-
ten hier mit einer Schilderung des römiſchen Hofes wie
er in der Wirklichkeit ſey, zu Hülfe, welche denſelben als
den Abgrund des ſittlichen und religiöſen Verderbens dar-
ſtellte, von dem man ſich um Gottes und des Vaterlan-
des willen losreißen müſſe. 1 Denn ſeine Ideen waren
vor allem national. Durch eine ihm in die Hände gera-
thene alte Apologie Heinrichs IV, die er im März 1520
herausgab, ſuchte er die Erinnerung an die großen Käm-
pfe gegen Gregor VII, die verloſchene Sympathie der Na-
tion mit dem Kaiſerthum, des Kaiſerthums mit der Nation
wieder zu erwecken. 2 Er ſandte ſie an den jungen Erz-
herzog Ferdinand, der eben aus Spanien in den Nieder-
landen angekommen, mit einer Zueignung, in welcher er
ihn auffordert, ſeine Hand zu bieten zur Herſtellung der
alten Unabhängigkeit von Deutſchland, welches den kriegs-

1 Vadiscus dialogus qui et Trias romana inscribitur. In-
spicientes Dialogus Hutteni. Opera ed. Münch III, 427. 511.
2 Waltramus de unitate ecclesiae conservanda etc. in Schar-
dius Sylloge das erſte Stuͤck.
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[420/0438] Zweites Buch. Drittes Capitel. Im Anfang des Jahres 1520 verfaßte er einige Dialoge, die ihm niemals wieder verziehen werden konnten. In dem einen, die Anſchauenden, wird der päpſtliche Legat nicht mehr wie früher nur an einigen Äußerlichkeiten geneckt, ſondern mit alle ſeinen geiſtlichen Facultäten, Anathem und Excommunication, die er gegen die Sonne anwenden will, auf das bitterſte verhöhnt. In einem andern, Vadiscus oder die römiſche Dreifaltigkeit, werden alle Mißbräuche und Anmaaßungen der Curie in ſchlagende Ternionen zu- ſammengefaßt: der Meinung der Wittenberger, daß das Papſtthum nicht mit der Schrift beſtehen könne, kam Hut- ten hier mit einer Schilderung des römiſchen Hofes wie er in der Wirklichkeit ſey, zu Hülfe, welche denſelben als den Abgrund des ſittlichen und religiöſen Verderbens dar- ſtellte, von dem man ſich um Gottes und des Vaterlan- des willen losreißen müſſe. 1 Denn ſeine Ideen waren vor allem national. Durch eine ihm in die Hände gera- thene alte Apologie Heinrichs IV, die er im März 1520 herausgab, ſuchte er die Erinnerung an die großen Käm- pfe gegen Gregor VII, die verloſchene Sympathie der Na- tion mit dem Kaiſerthum, des Kaiſerthums mit der Nation wieder zu erwecken. 2 Er ſandte ſie an den jungen Erz- herzog Ferdinand, der eben aus Spanien in den Nieder- landen angekommen, mit einer Zueignung, in welcher er ihn auffordert, ſeine Hand zu bieten zur Herſtellung der alten Unabhängigkeit von Deutſchland, welches den kriegs- 1 Vadiscus dialogus qui et Trias romana inscribitur. In- spicientes Dialogus Hutteni. Opera ed. Münch III, 427. 511. 2 Waltramus de unitate ecclesiae conservanda etc. in Schar- dius Sylloge das erſte Stuͤck.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/438>, abgerufen am 22.11.2024.