begnügen: sie erneuerte die alten Einungen mit Östreich. 1 Zugleich aber berief sie Die von den Ihren, die dem Her- zog zugezogen waren, aus dem Felde zurück und zwar mit so einhelligem Ernst, daß diese es nicht wagten zu bleiben.
Hiedurch ward der Ruin Herzog Ulrichs entschieden. Mit Recht setzte Zevenberghen seinen Ruhm darein, daß er diesen Beschluß ausgewirkt hatte.
In dem Augenblicke, daß von allen Seiten Fehdebriefe bei dem Herzog einliefen -- sogar einige seiner Lehensleute ihm absagten, -- und die gewaltigen Heerschaaren des Bun- des sich rüsteten ihm ins Land zu fallen, ward er von Denen verlassen, welche ihn allein vertheidigen konnten. Seine Wirtenbergischen Milizen verstanden den Krieg nicht; seine Reiterei war der bündischen bei weitem nicht gewach- sen. Der Bund fand nirgends Widerstand; am 21sten April nahm er auch Tübingen ein, wo sich die Kinder des Herzogs aufhielten: dieser selber war genöthigt sein Land zu verlassen.
Ein so vollkommener Sieg, die Eroberung eines be- deutenden Fürstenthums entschied das Übergewicht des öst- reichischen Interesse in ganz Oberdeutschland.
Und bald darauf erfolgte eine ähnliche Umwandlung auch in Niederdeutschland. Gegen Ende Mais hatten die Herzöge von Calenberg und Wolfenbüttel ihre Rüstungen vollendet, und erschienen mit ihren Hülfstruppen von Hes- sen und Meißen in unbezweifelter Überlegenheit im Felde. Sie zerstörten den Waldenstein, bestürmten Peine, und fie-
len
1 Maroton an Margaretha 10 April, bei Mone 397.
Zweites Buch. Zweites Capitel.
begnügen: ſie erneuerte die alten Einungen mit Öſtreich. 1 Zugleich aber berief ſie Die von den Ihren, die dem Her- zog zugezogen waren, aus dem Felde zurück und zwar mit ſo einhelligem Ernſt, daß dieſe es nicht wagten zu bleiben.
Hiedurch ward der Ruin Herzog Ulrichs entſchieden. Mit Recht ſetzte Zevenberghen ſeinen Ruhm darein, daß er dieſen Beſchluß ausgewirkt hatte.
In dem Augenblicke, daß von allen Seiten Fehdebriefe bei dem Herzog einliefen — ſogar einige ſeiner Lehensleute ihm abſagten, — und die gewaltigen Heerſchaaren des Bun- des ſich rüſteten ihm ins Land zu fallen, ward er von Denen verlaſſen, welche ihn allein vertheidigen konnten. Seine Wirtenbergiſchen Milizen verſtanden den Krieg nicht; ſeine Reiterei war der bündiſchen bei weitem nicht gewach- ſen. Der Bund fand nirgends Widerſtand; am 21ſten April nahm er auch Tübingen ein, wo ſich die Kinder des Herzogs aufhielten: dieſer ſelber war genöthigt ſein Land zu verlaſſen.
Ein ſo vollkommener Sieg, die Eroberung eines be- deutenden Fürſtenthums entſchied das Übergewicht des öſt- reichiſchen Intereſſe in ganz Oberdeutſchland.
Und bald darauf erfolgte eine ähnliche Umwandlung auch in Niederdeutſchland. Gegen Ende Mais hatten die Herzöge von Calenberg und Wolfenbüttel ihre Rüſtungen vollendet, und erſchienen mit ihren Hülfstruppen von Heſ- ſen und Meißen in unbezweifelter Überlegenheit im Felde. Sie zerſtörten den Waldenſtein, beſtürmten Peine, und fie-
len
1 Maroton an Margaretha 10 April, bei Mone 397.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0386"n="368"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Zweites Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/>
begnügen: ſie erneuerte die alten Einungen mit Öſtreich. <noteplace="foot"n="1">Maroton an Margaretha 10 April, bei Mone 397.</note><lb/>
Zugleich aber berief ſie Die von den Ihren, die dem Her-<lb/>
zog zugezogen waren, aus dem Felde zurück und zwar mit<lb/>ſo einhelligem Ernſt, daß dieſe es nicht wagten zu bleiben.</p><lb/><p>Hiedurch ward der Ruin Herzog Ulrichs entſchieden.<lb/>
Mit Recht ſetzte Zevenberghen ſeinen Ruhm darein, daß er<lb/>
dieſen Beſchluß ausgewirkt hatte.</p><lb/><p>In dem Augenblicke, daß von allen Seiten Fehdebriefe<lb/>
bei dem Herzog einliefen —ſogar einige ſeiner Lehensleute<lb/>
ihm abſagten, — und die gewaltigen Heerſchaaren des Bun-<lb/>
des ſich rüſteten ihm ins Land zu fallen, ward er von<lb/>
Denen verlaſſen, welche ihn allein vertheidigen konnten.<lb/>
Seine Wirtenbergiſchen Milizen verſtanden den Krieg nicht;<lb/>ſeine Reiterei war der bündiſchen bei weitem nicht gewach-<lb/>ſen. Der Bund fand nirgends Widerſtand; am 21ſten<lb/>
April nahm er auch Tübingen ein, wo ſich die Kinder<lb/>
des Herzogs aufhielten: dieſer ſelber war genöthigt ſein<lb/>
Land zu verlaſſen.</p><lb/><p>Ein ſo vollkommener Sieg, die Eroberung eines be-<lb/>
deutenden Fürſtenthums entſchied das Übergewicht des öſt-<lb/>
reichiſchen Intereſſe in ganz Oberdeutſchland.</p><lb/><p>Und bald darauf erfolgte eine ähnliche Umwandlung<lb/>
auch in Niederdeutſchland. Gegen Ende Mais hatten die<lb/>
Herzöge von Calenberg und Wolfenbüttel ihre Rüſtungen<lb/>
vollendet, und erſchienen mit ihren Hülfstruppen von Heſ-<lb/>ſen und Meißen in unbezweifelter Überlegenheit im Felde.<lb/>
Sie zerſtörten den Waldenſtein, beſtürmten Peine, und fie-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">len</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[368/0386]
Zweites Buch. Zweites Capitel.
begnügen: ſie erneuerte die alten Einungen mit Öſtreich. 1
Zugleich aber berief ſie Die von den Ihren, die dem Her-
zog zugezogen waren, aus dem Felde zurück und zwar mit
ſo einhelligem Ernſt, daß dieſe es nicht wagten zu bleiben.
Hiedurch ward der Ruin Herzog Ulrichs entſchieden.
Mit Recht ſetzte Zevenberghen ſeinen Ruhm darein, daß er
dieſen Beſchluß ausgewirkt hatte.
In dem Augenblicke, daß von allen Seiten Fehdebriefe
bei dem Herzog einliefen — ſogar einige ſeiner Lehensleute
ihm abſagten, — und die gewaltigen Heerſchaaren des Bun-
des ſich rüſteten ihm ins Land zu fallen, ward er von
Denen verlaſſen, welche ihn allein vertheidigen konnten.
Seine Wirtenbergiſchen Milizen verſtanden den Krieg nicht;
ſeine Reiterei war der bündiſchen bei weitem nicht gewach-
ſen. Der Bund fand nirgends Widerſtand; am 21ſten
April nahm er auch Tübingen ein, wo ſich die Kinder
des Herzogs aufhielten: dieſer ſelber war genöthigt ſein
Land zu verlaſſen.
Ein ſo vollkommener Sieg, die Eroberung eines be-
deutenden Fürſtenthums entſchied das Übergewicht des öſt-
reichiſchen Intereſſe in ganz Oberdeutſchland.
Und bald darauf erfolgte eine ähnliche Umwandlung
auch in Niederdeutſchland. Gegen Ende Mais hatten die
Herzöge von Calenberg und Wolfenbüttel ihre Rüſtungen
vollendet, und erſchienen mit ihren Hülfstruppen von Heſ-
ſen und Meißen in unbezweifelter Überlegenheit im Felde.
Sie zerſtörten den Waldenſtein, beſtürmten Peine, und fie-
len
1 Maroton an Margaretha 10 April, bei Mone 397.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/386>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.