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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Kaiserwahl von 1519.
ohne sich um die jungen entfernten Fürsten zu kümmern:
"arme Knaben, von denen man nicht wisse ob man sie je-
mals in Deutschland sehen werde." In Tirol regten sich
ähnliche Bewegungen. 1 König Ludwig von Ungern hielt
für gut, seine Schwester Anna, die sich schon in Öst-
reich befand, um mit einem der Brüder vermählt zu wer-
den, von da zurückzurufen.

Unter diesen Umständen faßte ein fremder König, ohne-
hin der natürliche Nebenbuhler der östreichisch-burgundischen
Macht, Franz I von Frankreich die ernstliche Absicht, nach
der erledigten höchsten Würde der Christenheit zu streben. 2

König Franz war noch im Aufgang seines Glückes
und Ruhmes. Die Schlacht von Marignano, durch welche
er Mailand wiedererobert, die persönliche Tapferkeit die er
dort bewiesen, hatte ihm eine Stellung in Europa und einen
großen Namen gemacht. Mit Papst Leo X stand er in sehr
genauem Verhältniß: wir finden wohl, daß dieser Papst Bre-
ven die er an deutsche Fürsten erlassen wollte zuvor dem
französischen Hofe mittheilte. König Heinrich von England
versprach ihm nach kurzem Bedenken seine Mitwirkung "durch
Wort, Schrift und That." Noch wichtiger aber war es,

1 Zevenberghen an Margaretha 28 März bei Mone p. 292.
2 Il Cl di Bibbiena al Cl de' Medici: 13 Ott. 1518. Er
berichtet über eine Audienz bei dem König in Bezug auf die elet-
tion del catholico
(die Bewilligungen welche in Augsburg für Carln
geschehen waren): sopra che in sustanza mi disse, in grandissimo
secreto, sua opinione et volonta essere, che per Nostro Signore

(den Papst) e per Sua Mta si faccia ogni opera possibile, ac-
cioche ella non vada innanzi et che si corrompano con danari et
con promesse et con ogni possibil mezzo gli elettori. Lettere
di principi I, p.
47. Der ganze Briefwechsel der in dieser Samm-
lung gedruckt ist, muß gelesen werden: er enthüllt die Beziehungen
zwischen Leo X und Franz I in dieser Sache vortrefflich.

Kaiſerwahl von 1519.
ohne ſich um die jungen entfernten Fürſten zu kümmern:
„arme Knaben, von denen man nicht wiſſe ob man ſie je-
mals in Deutſchland ſehen werde.“ In Tirol regten ſich
ähnliche Bewegungen. 1 König Ludwig von Ungern hielt
für gut, ſeine Schweſter Anna, die ſich ſchon in Öſt-
reich befand, um mit einem der Brüder vermählt zu wer-
den, von da zurückzurufen.

Unter dieſen Umſtänden faßte ein fremder König, ohne-
hin der natürliche Nebenbuhler der öſtreichiſch-burgundiſchen
Macht, Franz I von Frankreich die ernſtliche Abſicht, nach
der erledigten höchſten Würde der Chriſtenheit zu ſtreben. 2

König Franz war noch im Aufgang ſeines Glückes
und Ruhmes. Die Schlacht von Marignano, durch welche
er Mailand wiedererobert, die perſönliche Tapferkeit die er
dort bewieſen, hatte ihm eine Stellung in Europa und einen
großen Namen gemacht. Mit Papſt Leo X ſtand er in ſehr
genauem Verhältniß: wir finden wohl, daß dieſer Papſt Bre-
ven die er an deutſche Fürſten erlaſſen wollte zuvor dem
franzöſiſchen Hofe mittheilte. König Heinrich von England
verſprach ihm nach kurzem Bedenken ſeine Mitwirkung „durch
Wort, Schrift und That.“ Noch wichtiger aber war es,

1 Zevenberghen an Margaretha 28 Maͤrz bei Mone p. 292.
2 Il Cl di Bibbiena al Cl de’ Medici: 13 Ott. 1518. Er
berichtet uͤber eine Audienz bei dem Koͤnig in Bezug auf die elet-
tion del catholico
(die Bewilligungen welche in Augsburg fuͤr Carln
geſchehen waren): sopra che in sustanza mi disse, in grandissimo
secreto, sua opinione et volontà essere, che per Nostro Signore

(den Papſt) e per Sua M si faccia ogni opera possibile, ac-
cioche ella non vada innanzi et che si corrompano con danari et
con promesse et con ogni possibil mezzo gli elettori. Lettere
di principi I, p.
47. Der ganze Briefwechſel der in dieſer Samm-
lung gedruckt iſt, muß geleſen werden: er enthuͤllt die Beziehungen
zwiſchen Leo X und Franz I in dieſer Sache vortrefflich.
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[361/0379] Kaiſerwahl von 1519. ohne ſich um die jungen entfernten Fürſten zu kümmern: „arme Knaben, von denen man nicht wiſſe ob man ſie je- mals in Deutſchland ſehen werde.“ In Tirol regten ſich ähnliche Bewegungen. 1 König Ludwig von Ungern hielt für gut, ſeine Schweſter Anna, die ſich ſchon in Öſt- reich befand, um mit einem der Brüder vermählt zu wer- den, von da zurückzurufen. Unter dieſen Umſtänden faßte ein fremder König, ohne- hin der natürliche Nebenbuhler der öſtreichiſch-burgundiſchen Macht, Franz I von Frankreich die ernſtliche Abſicht, nach der erledigten höchſten Würde der Chriſtenheit zu ſtreben. 2 König Franz war noch im Aufgang ſeines Glückes und Ruhmes. Die Schlacht von Marignano, durch welche er Mailand wiedererobert, die perſönliche Tapferkeit die er dort bewieſen, hatte ihm eine Stellung in Europa und einen großen Namen gemacht. Mit Papſt Leo X ſtand er in ſehr genauem Verhältniß: wir finden wohl, daß dieſer Papſt Bre- ven die er an deutſche Fürſten erlaſſen wollte zuvor dem franzöſiſchen Hofe mittheilte. König Heinrich von England verſprach ihm nach kurzem Bedenken ſeine Mitwirkung „durch Wort, Schrift und That.“ Noch wichtiger aber war es, 1 Zevenberghen an Margaretha 28 Maͤrz bei Mone p. 292. 2 Il Cl di Bibbiena al Cl de’ Medici: 13 Ott. 1518. Er berichtet uͤber eine Audienz bei dem Koͤnig in Bezug auf die elet- tion del catholico (die Bewilligungen welche in Augsburg fuͤr Carln geſchehen waren): sopra che in sustanza mi disse, in grandissimo secreto, sua opinione et volontà essere, che per Nostro Signore (den Papſt) e per Sua Mtà si faccia ogni opera possibile, ac- cioche ella non vada innanzi et che si corrompano con danari et con promesse et con ogni possibil mezzo gli elettori. Lettere di principi I, p. 47. Der ganze Briefwechſel der in dieſer Samm- lung gedruckt iſt, muß geleſen werden: er enthuͤllt die Beziehungen zwiſchen Leo X und Franz I in dieſer Sache vortrefflich.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/379>, abgerufen am 25.11.2024.