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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Zweites Capitel.
schrak man vor der Gefahr die darin lag. 1 Die Statt-
halterin Margret, Tochter des Kaisers, meinte, man werde
Jülich und Berg dem Herzog von Cleve doch nicht ent-
reißen; man werde nur bewirken, daß er sich mit Geldern,
Arenberg, Lüttich, alles Feinden des burgundischen Hau-
ses, vereinige; das werde eine Macht geben, stark genug
um selbst die Nachkommen des Kaisers aus den Nieder-
landen zu verjagen.

In Sachsen glaubte man, daß der Kaiser Betrach-
tungen auch noch andrer Art hieran knüpfe. Churfürst
Friedrich genoß ein ungemeines Ansehn im Reiche; er hielt
die Gesinnung der alten Churfürsten noch aufrecht, und
stieg zu immer größerer Macht auf. Seine geistige Über-
legenheit beseitigte noch die dann und wann hervorbre-
chende Neigung seines Vetters Georg sich ihm zu op-
poniren; das Haus konnte noch als eine vereinte Macht
angesehen werden. Sein Bruder Ernst war bis 1513 Erz-
bischof von Magdeburg, und zwar einer der besten welche
dieß Stift je gehabt hat; sein Vetter Friedrich war Hoch-
meister in Preußen; seine Schwester Margreta Herzogin von
Lüneburg, Stammmutter des Lüneburgischen Hauses: man
sieht wie weit sich dieser Familien-Einfluß erstreckte. Im
Jahr 1510 kam hinzu, daß die Stände von Hessen nach
dem Tode des Landgrafen Wilhelm, am Spieß versammelt
dessen Witwe Anna von der Vormundschaft, die sie in An-

1 Der Kaiser sagt zu Cesar Pflug: die klevisch Tochter hindre
J. M. Frau Tochter Margr. Renner zeigt an: Clef läßt sich ver-
nehmen, wolt man die Lehen nit thun, so mußte sich Clef mit den
Herrn verbinden, von denen es Trost und Hülf haben mecht das
Sine zu erhalten. (W. A.)

Zweites Buch. Zweites Capitel.
ſchrak man vor der Gefahr die darin lag. 1 Die Statt-
halterin Margret, Tochter des Kaiſers, meinte, man werde
Jülich und Berg dem Herzog von Cleve doch nicht ent-
reißen; man werde nur bewirken, daß er ſich mit Geldern,
Arenberg, Lüttich, alles Feinden des burgundiſchen Hau-
ſes, vereinige; das werde eine Macht geben, ſtark genug
um ſelbſt die Nachkommen des Kaiſers aus den Nieder-
landen zu verjagen.

In Sachſen glaubte man, daß der Kaiſer Betrach-
tungen auch noch andrer Art hieran knüpfe. Churfürſt
Friedrich genoß ein ungemeines Anſehn im Reiche; er hielt
die Geſinnung der alten Churfürſten noch aufrecht, und
ſtieg zu immer größerer Macht auf. Seine geiſtige Über-
legenheit beſeitigte noch die dann und wann hervorbre-
chende Neigung ſeines Vetters Georg ſich ihm zu op-
poniren; das Haus konnte noch als eine vereinte Macht
angeſehen werden. Sein Bruder Ernſt war bis 1513 Erz-
biſchof von Magdeburg, und zwar einer der beſten welche
dieß Stift je gehabt hat; ſein Vetter Friedrich war Hoch-
meiſter in Preußen; ſeine Schweſter Margreta Herzogin von
Lüneburg, Stammmutter des Lüneburgiſchen Hauſes: man
ſieht wie weit ſich dieſer Familien-Einfluß erſtreckte. Im
Jahr 1510 kam hinzu, daß die Stände von Heſſen nach
dem Tode des Landgrafen Wilhelm, am Spieß verſammelt
deſſen Witwe Anna von der Vormundſchaft, die ſie in An-

1 Der Kaiſer ſagt zu Ceſar Pflug: die kleviſch Tochter hindre
J. M. Frau Tochter Margr. Renner zeigt an: Clef laͤßt ſich ver-
nehmen, wolt man die Lehen nit thun, ſo mußte ſich Clef mit den
Herrn verbinden, von denen es Troſt und Huͤlf haben mecht das
Sine zu erhalten. (W. A.)
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[340/0358] Zweites Buch. Zweites Capitel. ſchrak man vor der Gefahr die darin lag. 1 Die Statt- halterin Margret, Tochter des Kaiſers, meinte, man werde Jülich und Berg dem Herzog von Cleve doch nicht ent- reißen; man werde nur bewirken, daß er ſich mit Geldern, Arenberg, Lüttich, alles Feinden des burgundiſchen Hau- ſes, vereinige; das werde eine Macht geben, ſtark genug um ſelbſt die Nachkommen des Kaiſers aus den Nieder- landen zu verjagen. In Sachſen glaubte man, daß der Kaiſer Betrach- tungen auch noch andrer Art hieran knüpfe. Churfürſt Friedrich genoß ein ungemeines Anſehn im Reiche; er hielt die Geſinnung der alten Churfürſten noch aufrecht, und ſtieg zu immer größerer Macht auf. Seine geiſtige Über- legenheit beſeitigte noch die dann und wann hervorbre- chende Neigung ſeines Vetters Georg ſich ihm zu op- poniren; das Haus konnte noch als eine vereinte Macht angeſehen werden. Sein Bruder Ernſt war bis 1513 Erz- biſchof von Magdeburg, und zwar einer der beſten welche dieß Stift je gehabt hat; ſein Vetter Friedrich war Hoch- meiſter in Preußen; ſeine Schweſter Margreta Herzogin von Lüneburg, Stammmutter des Lüneburgiſchen Hauſes: man ſieht wie weit ſich dieſer Familien-Einfluß erſtreckte. Im Jahr 1510 kam hinzu, daß die Stände von Heſſen nach dem Tode des Landgrafen Wilhelm, am Spieß verſammelt deſſen Witwe Anna von der Vormundſchaft, die ſie in An- 1 Der Kaiſer ſagt zu Ceſar Pflug: die kleviſch Tochter hindre J. M. Frau Tochter Margr. Renner zeigt an: Clef laͤßt ſich ver- nehmen, wolt man die Lehen nit thun, ſo mußte ſich Clef mit den Herrn verbinden, von denen es Troſt und Huͤlf haben mecht das Sine zu erhalten. (W. A.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/358>, abgerufen am 22.11.2024.