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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Erstes Capitel.
Im Jahr 1518 drangen die Fürsten von beiden Linien,
Georg und Friedrich vereinigt darauf, daß man die geist-
lichen Gerichte auf die geistlichen Sachen beschränken, den
weltlichen die weltlichen vorbehalten, der Reichstag entschei-
den müsse was weltliche und was geistliche Sachen seyen.
Herzog Georg war hierin fast noch eifriger als sein Vet-
ter. 1 Es waren das aber ganz allgemeine Bedürfnisse und
Klagen, welche die Verhandlungen der späteren Reichs-
tage erfüllen.

Die Städte fühlten sich besonders durch die Exemtio-
nen der Geistlichkeit belästigt. Was konnte einem wohl-
geordneten Gemeinwesen unangenehmer seyn, als eine zahl-
reiche Genossenschaft in ihren Mauern zu haben, welche
weder die Gerichte der Stadt anerkannte noch ihre Auf-
lagen trug noch ihren Anordnungen überhaupt unterwor-
fen zu seyn glaubte. Da waren die Kirchen Asyle für die
Verbrecher, die Klöster Sammelplätze einer lüderlichen Ju-
gend; es kommen Geistliche vor, welche ihre Steuerfreiheit
dazu benutzen, Waaren zum Verkauf kommen zu lassen,
und wäre es nur um einen Bierschank anzulegen. Greift
man sie dann in ihren Vorrechten an, so wehren sie sich
mit Bann und Interdict. Wir finden die Stadträthe un-
aufhörlich beschäftigt diesen Übeln zu steuern. In drin-
genden Fällen suchen sie ihre Schuldigen auch in dem Asyl
auf: und treffen dann Anstalten um von dem unvermeid-
lichen Interdict durch die höhern Instanzen wieder befreit
zu werden: nicht ungern gehn sie den Bischof vorbei und

1 Artikel der Reichshandlung wie die mein gnädiger Herr hat
überantworten lassen. 1518. Im Dresdner Archiv.

Zweites Buch. Erſtes Capitel.
Im Jahr 1518 drangen die Fürſten von beiden Linien,
Georg und Friedrich vereinigt darauf, daß man die geiſt-
lichen Gerichte auf die geiſtlichen Sachen beſchränken, den
weltlichen die weltlichen vorbehalten, der Reichstag entſchei-
den müſſe was weltliche und was geiſtliche Sachen ſeyen.
Herzog Georg war hierin faſt noch eifriger als ſein Vet-
ter. 1 Es waren das aber ganz allgemeine Bedürfniſſe und
Klagen, welche die Verhandlungen der ſpäteren Reichs-
tage erfüllen.

Die Städte fühlten ſich beſonders durch die Exemtio-
nen der Geiſtlichkeit beläſtigt. Was konnte einem wohl-
geordneten Gemeinweſen unangenehmer ſeyn, als eine zahl-
reiche Genoſſenſchaft in ihren Mauern zu haben, welche
weder die Gerichte der Stadt anerkannte noch ihre Auf-
lagen trug noch ihren Anordnungen überhaupt unterwor-
fen zu ſeyn glaubte. Da waren die Kirchen Aſyle für die
Verbrecher, die Klöſter Sammelplätze einer lüderlichen Ju-
gend; es kommen Geiſtliche vor, welche ihre Steuerfreiheit
dazu benutzen, Waaren zum Verkauf kommen zu laſſen,
und wäre es nur um einen Bierſchank anzulegen. Greift
man ſie dann in ihren Vorrechten an, ſo wehren ſie ſich
mit Bann und Interdict. Wir finden die Stadträthe un-
aufhörlich beſchäftigt dieſen Übeln zu ſteuern. In drin-
genden Fällen ſuchen ſie ihre Schuldigen auch in dem Aſyl
auf: und treffen dann Anſtalten um von dem unvermeid-
lichen Interdict durch die höhern Inſtanzen wieder befreit
zu werden: nicht ungern gehn ſie den Biſchof vorbei und

1 Artikel der Reichshandlung wie die mein gnaͤdiger Herr hat
uͤberantworten laſſen. 1518. Im Dresdner Archiv.
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[254/0272] Zweites Buch. Erſtes Capitel. Im Jahr 1518 drangen die Fürſten von beiden Linien, Georg und Friedrich vereinigt darauf, daß man die geiſt- lichen Gerichte auf die geiſtlichen Sachen beſchränken, den weltlichen die weltlichen vorbehalten, der Reichstag entſchei- den müſſe was weltliche und was geiſtliche Sachen ſeyen. Herzog Georg war hierin faſt noch eifriger als ſein Vet- ter. 1 Es waren das aber ganz allgemeine Bedürfniſſe und Klagen, welche die Verhandlungen der ſpäteren Reichs- tage erfüllen. Die Städte fühlten ſich beſonders durch die Exemtio- nen der Geiſtlichkeit beläſtigt. Was konnte einem wohl- geordneten Gemeinweſen unangenehmer ſeyn, als eine zahl- reiche Genoſſenſchaft in ihren Mauern zu haben, welche weder die Gerichte der Stadt anerkannte noch ihre Auf- lagen trug noch ihren Anordnungen überhaupt unterwor- fen zu ſeyn glaubte. Da waren die Kirchen Aſyle für die Verbrecher, die Klöſter Sammelplätze einer lüderlichen Ju- gend; es kommen Geiſtliche vor, welche ihre Steuerfreiheit dazu benutzen, Waaren zum Verkauf kommen zu laſſen, und wäre es nur um einen Bierſchank anzulegen. Greift man ſie dann in ihren Vorrechten an, ſo wehren ſie ſich mit Bann und Interdict. Wir finden die Stadträthe un- aufhörlich beſchäftigt dieſen Übeln zu ſteuern. In drin- genden Fällen ſuchen ſie ihre Schuldigen auch in dem Aſyl auf: und treffen dann Anſtalten um von dem unvermeid- lichen Interdict durch die höhern Inſtanzen wieder befreit zu werden: nicht ungern gehn ſie den Biſchof vorbei und 1 Artikel der Reichshandlung wie die mein gnaͤdiger Herr hat uͤberantworten laſſen. 1518. Im Dresdner Archiv.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/272>, abgerufen am 24.11.2024.