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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Erstes Capitel.
ten Jahrhunderts wiederholten sich nun die Vacanzen drei
Mal rasch hinter einander; 1505, 1508, 1513; Jacob
von Liebenstein sagte, er bedaure seinen Tod hauptsächlich
deshalb, weil sein Land nun schon wieder jene Gefälle zah-
len müsse; aber beim päpstlichen Hofe war alle Verwen-
dung vergeblich; ehe noch die alte Anlage eingegangen war,
wurde schon wieder eine neue ausgeschrieben.

Welchen Eindruck mußte es hervorbringen, wenn man
daran dachte, wie die Reichstäge nach den mühsamsten
Unterhandlungen doch in der Regel nur geringfügige Be-
willigungen machten, wie viel Schwierigkeit es hatte diese
aufzubringen, und wenn man nun die Summen dagegen
hielt, die so leicht so ohne alle Bemühung nach Rom flossen.
Man berechnete sie jährlich auf 300000 G., und zwar noch
ohne die Proceßkosten oder den Ertrag der Pfründen, der
dem römischen Hofe zufalle. 1 Und wozu, fragte man dann,
nütze das alles? Die Christenheit habe doch in kurzer Zeit
zwei Kaiserthümer, vierzehn Königreiche, dreihundert Städte
verloren; gegen die Türken sey sie in unaufhörlichem Ver-
luste; behalte die deutsche Nation jene Summen zu ihren
Handen und verwende sie selber, sie würde mit ihren ge-
waltigen Kriegsheeren dem Erbfeind anders begegnen!

Überhaupt erregte dieß finanzielle Moment die größte
Aufmerksamkeit. Den Barfüssern wollte man nachrechnen,
daß ihnen, denen kein Geld anzurühren erlaubt sey, doch

1 Das ist z. B. die Rechnung des Büchleins: Ein klägliche
Klag 1521, die ich indeß damit nicht will angenommen haben. Über-
haupt möchte es wohl unmöglich seyn, dem römischen Hof nach zu
rechnen. Die Taxe der Annaten in Trier betrug z. B. gesetzlich nur
10000 G. und doch stiegen die wirklichen Kosten auf 20000.

Zweites Buch. Erſtes Capitel.
ten Jahrhunderts wiederholten ſich nun die Vacanzen drei
Mal raſch hinter einander; 1505, 1508, 1513; Jacob
von Liebenſtein ſagte, er bedaure ſeinen Tod hauptſächlich
deshalb, weil ſein Land nun ſchon wieder jene Gefälle zah-
len müſſe; aber beim päpſtlichen Hofe war alle Verwen-
dung vergeblich; ehe noch die alte Anlage eingegangen war,
wurde ſchon wieder eine neue ausgeſchrieben.

Welchen Eindruck mußte es hervorbringen, wenn man
daran dachte, wie die Reichstäge nach den mühſamſten
Unterhandlungen doch in der Regel nur geringfügige Be-
willigungen machten, wie viel Schwierigkeit es hatte dieſe
aufzubringen, und wenn man nun die Summen dagegen
hielt, die ſo leicht ſo ohne alle Bemühung nach Rom floſſen.
Man berechnete ſie jährlich auf 300000 G., und zwar noch
ohne die Proceßkoſten oder den Ertrag der Pfründen, der
dem römiſchen Hofe zufalle. 1 Und wozu, fragte man dann,
nütze das alles? Die Chriſtenheit habe doch in kurzer Zeit
zwei Kaiſerthümer, vierzehn Königreiche, dreihundert Städte
verloren; gegen die Türken ſey ſie in unaufhörlichem Ver-
luſte; behalte die deutſche Nation jene Summen zu ihren
Handen und verwende ſie ſelber, ſie würde mit ihren ge-
waltigen Kriegsheeren dem Erbfeind anders begegnen!

Überhaupt erregte dieß finanzielle Moment die größte
Aufmerkſamkeit. Den Barfüſſern wollte man nachrechnen,
daß ihnen, denen kein Geld anzurühren erlaubt ſey, doch

1 Das iſt z. B. die Rechnung des Buͤchleins: Ein klaͤgliche
Klag 1521, die ich indeß damit nicht will angenommen haben. Uͤber-
haupt moͤchte es wohl unmoͤglich ſeyn, dem roͤmiſchen Hof nach zu
rechnen. Die Taxe der Annaten in Trier betrug z. B. geſetzlich nur
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[252/0270] Zweites Buch. Erſtes Capitel. ten Jahrhunderts wiederholten ſich nun die Vacanzen drei Mal raſch hinter einander; 1505, 1508, 1513; Jacob von Liebenſtein ſagte, er bedaure ſeinen Tod hauptſächlich deshalb, weil ſein Land nun ſchon wieder jene Gefälle zah- len müſſe; aber beim päpſtlichen Hofe war alle Verwen- dung vergeblich; ehe noch die alte Anlage eingegangen war, wurde ſchon wieder eine neue ausgeſchrieben. Welchen Eindruck mußte es hervorbringen, wenn man daran dachte, wie die Reichstäge nach den mühſamſten Unterhandlungen doch in der Regel nur geringfügige Be- willigungen machten, wie viel Schwierigkeit es hatte dieſe aufzubringen, und wenn man nun die Summen dagegen hielt, die ſo leicht ſo ohne alle Bemühung nach Rom floſſen. Man berechnete ſie jährlich auf 300000 G., und zwar noch ohne die Proceßkoſten oder den Ertrag der Pfründen, der dem römiſchen Hofe zufalle. 1 Und wozu, fragte man dann, nütze das alles? Die Chriſtenheit habe doch in kurzer Zeit zwei Kaiſerthümer, vierzehn Königreiche, dreihundert Städte verloren; gegen die Türken ſey ſie in unaufhörlichem Ver- luſte; behalte die deutſche Nation jene Summen zu ihren Handen und verwende ſie ſelber, ſie würde mit ihren ge- waltigen Kriegsheeren dem Erbfeind anders begegnen! Überhaupt erregte dieß finanzielle Moment die größte Aufmerkſamkeit. Den Barfüſſern wollte man nachrechnen, daß ihnen, denen kein Geld anzurühren erlaubt ſey, doch 1 Das iſt z. B. die Rechnung des Buͤchleins: Ein klaͤgliche Klag 1521, die ich indeß damit nicht will angenommen haben. Uͤber- haupt moͤchte es wohl unmoͤglich ſeyn, dem roͤmiſchen Hof nach zu rechnen. Die Taxe der Annaten in Trier betrug z. B. geſetzlich nur 10000 G. und doch ſtiegen die wirklichen Koſten auf 20000.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/270>, abgerufen am 24.11.2024.