Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Religiöse Stellung des Papstthums. calaureus der die Bibel las mußte sich von ihm die Stundeseiner Vorlesung bestimmen lassen. Hie und da durfte nur ein Cleriker, der wenigstens die untern Weihen empfangen, zum Rector gewählt werden. Von den ersten Elementen ward man in einem und demselben Geiste bis zur höch- sten Würde geführt. In die Anfangsgründe der Gram- matik drangen dialectische Unterscheidungen ein; 1 man legte fortwährend Lehrbücher des elften und zwölften Jahrhun- derts zu Grund; 2 man hielt auch hier ganz die Straße ein, die zur Zeit der Gründung der hierarchischen Macht betreten worden. Und nicht anders war es im Ganzen mit der Kunst: 1 Geiler Navicula: in prima parte de subjecto attributio- nis et de habitibus intellectualibus, quod scire jam est magistro- rum provectorum. 2 Johannes de Garlandia, Doctrinale Alexanders. Dufresne Praefatio ad Glossarium 42, 43. Ranke d. Gesch. I. 16
Religioͤſe Stellung des Papſtthums. calaureus der die Bibel las mußte ſich von ihm die Stundeſeiner Vorleſung beſtimmen laſſen. Hie und da durfte nur ein Cleriker, der wenigſtens die untern Weihen empfangen, zum Rector gewählt werden. Von den erſten Elementen ward man in einem und demſelben Geiſte bis zur höch- ſten Würde geführt. In die Anfangsgründe der Gram- matik drangen dialectiſche Unterſcheidungen ein; 1 man legte fortwährend Lehrbücher des elften und zwölften Jahrhun- derts zu Grund; 2 man hielt auch hier ganz die Straße ein, die zur Zeit der Gründung der hierarchiſchen Macht betreten worden. Und nicht anders war es im Ganzen mit der Kunſt: 1 Geiler Navicula: in prima parte de subjecto attributio- nis et de habitibus intellectualibus, quod scire jam est magistro- rum provectorum. 2 Johannes de Garlandia, Doctrinale Alexanders. Dufresne Praefatio ad Glossarium 42, 43. Ranke d. Geſch. I. 16
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Religioͤſe Stellung des Papſtthums.
calaureus der die Bibel las mußte ſich von ihm die Stunde
ſeiner Vorleſung beſtimmen laſſen. Hie und da durfte nur
ein Cleriker, der wenigſtens die untern Weihen empfangen,
zum Rector gewählt werden. Von den erſten Elementen
ward man in einem und demſelben Geiſte bis zur höch-
ſten Würde geführt. In die Anfangsgründe der Gram-
matik drangen dialectiſche Unterſcheidungen ein; 1 man legte
fortwährend Lehrbücher des elften und zwölften Jahrhun-
derts zu Grund; 2 man hielt auch hier ganz die Straße
ein, die zur Zeit der Gründung der hierarchiſchen Macht
betreten worden.
Und nicht anders war es im Ganzen mit der Kunſt:
ſie ſetzte vor allem ihre bisherigen Beſtrebungen weiter
fort. Überall baute man an den Münſtern und Domen,
in welchen ſich die kirchlichen Vorſtellungen ſo eigenthüm-
lich ſymboliſirten. Im Jahr 1482 wurden die Thürme
zu St. Sebald in Nürnberg zu ihrer jetzigen Höhe ge-
bracht; 1494 erhielt der Strasburger Münſter noch eine
neue kunſtreiche Pforte; im Juli 1500 legte der römiſche
König den Grundſtein zu dem Chor des Reichsgotteshau-
ſes St. Ulrich in Augſpurg, mit ſilberner Kelle, Richt-
ſcheid und Mörtelkübel: aus dem Gebirge ließ er einen
herrlichen Stein herunterſchaffen, um daraus ein Denkmal
„für den lieben Herrn St. Ulrich, ſeinen Verwandten aus
dem Kyburgſchen Hauſe“ zu errichten; darauf ſollte ein
1 Geiler Navicula: in prima parte de subjecto attributio-
nis et de habitibus intellectualibus, quod scire jam est magistro-
rum provectorum.
2 Johannes de Garlandia, Doctrinale Alexanders. Dufresne
Praefatio ad Glossarium 42, 43.
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