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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Erstes Buch.
ihm alle Hülfe versagten. Sie erklärten, ihn für den jetzi-
gen Krieg zu unterstützen seyen sie weder fähig noch auch
schuldig. Das eine nicht: denn ihren Unterthanen sey
schon die vorige Hülfe als die letzte angekündigt worden,
und ohne große Widerwärtigkeit lasse sich keine neue for-
dern: aber auch das andre nicht. Habe man ihnen doch
nicht einmal die Verträge mitgetheilt, wie das doch wohl
in Fällen dieser Art herkömmlich sey. 1

Die Commissarien des Kaisers, denn er selbst hatte
sich, um die Rüstungen an den italienischen Grenzen zu be-
treiben, wenige Tage nach seiner Ankunft wieder entfernt, 2
waren über eine so entschieden abschlägliche Antwort höch-
lich betreten. Was werde die Kirche, was werde Frank-
reich sagen, wenn das h. Reich allein seine Rechte nicht
wahrnehme. Die Stände lehnten jede weitere Erörterung
über diese Angelegenheit ab: wolle man ihnen dagegen über

1 Verhandelungen etc. "Dweile die Stende des Reichs davon
kein gründliches Wissen tragen, so hab J. Ks. Mt wohl zu ermessen,
daß wo ichts darin begriffen oder verleipt das dem h. Reich jetzo
oder in Zukunft zu Nachtheil thäte reichen, es were mit Herzogthum
Mailand oder anderm, dem Reich zustendig, daß sie darin nit wil-
ligen können."
2 Nicht eben aus Unmuth, wie man angenommen. Er er-
klärte gleich am 22sten April, er könne den Beschluß nicht erwarten,
und gieng dann 2 Tage darauf weg, ehe die Versammlung noch
recht beisammen war; die eigentliche Reichstagsproposition geschah
erst Mittwoch vor Himmelfahrt 16 Mai, durch Casimir von Bran-
denburg als Statthalter, Adolf von Nassau und Frauenberg als des-
sen Räthe. Frankf. AA. Bd 24. Die Schreiben des Frankf. Raths-
freundes Joh. Frosch wiederholen hauptsächlich den Inhalt der Acten,
mit einigen Zusätzen. Aus beiden ergiebt sich, daß es zu einem Ab-
schied gar nicht gekommen ist, obwohl das bei Müller und Fels so
scheinen sollte.

Erſtes Buch.
ihm alle Hülfe verſagten. Sie erklärten, ihn für den jetzi-
gen Krieg zu unterſtützen ſeyen ſie weder fähig noch auch
ſchuldig. Das eine nicht: denn ihren Unterthanen ſey
ſchon die vorige Hülfe als die letzte angekündigt worden,
und ohne große Widerwärtigkeit laſſe ſich keine neue for-
dern: aber auch das andre nicht. Habe man ihnen doch
nicht einmal die Verträge mitgetheilt, wie das doch wohl
in Fällen dieſer Art herkömmlich ſey. 1

Die Commiſſarien des Kaiſers, denn er ſelbſt hatte
ſich, um die Rüſtungen an den italieniſchen Grenzen zu be-
treiben, wenige Tage nach ſeiner Ankunft wieder entfernt, 2
waren über eine ſo entſchieden abſchlägliche Antwort höch-
lich betreten. Was werde die Kirche, was werde Frank-
reich ſagen, wenn das h. Reich allein ſeine Rechte nicht
wahrnehme. Die Stände lehnten jede weitere Erörterung
über dieſe Angelegenheit ab: wolle man ihnen dagegen über

1 Verhandelungen ꝛc. „Dweile die Stende des Reichs davon
kein gruͤndliches Wiſſen tragen, ſo hab J. Kſ. Mt wohl zu ermeſſen,
daß wo ichts darin begriffen oder verleipt das dem h. Reich jetzo
oder in Zukunft zu Nachtheil thaͤte reichen, es were mit Herzogthum
Mailand oder anderm, dem Reich zuſtendig, daß ſie darin nit wil-
ligen koͤnnen.“
2 Nicht eben aus Unmuth, wie man angenommen. Er er-
klaͤrte gleich am 22ſten April, er koͤnne den Beſchluß nicht erwarten,
und gieng dann 2 Tage darauf weg, ehe die Verſammlung noch
recht beiſammen war; die eigentliche Reichstagspropoſition geſchah
erſt Mittwoch vor Himmelfahrt 16 Mai, durch Caſimir von Bran-
denburg als Statthalter, Adolf von Naſſau und Frauenberg als deſ-
ſen Raͤthe. Frankf. AA. Bd 24. Die Schreiben des Frankf. Raths-
freundes Joh. Froſch wiederholen hauptſaͤchlich den Inhalt der Acten,
mit einigen Zuſaͤtzen. Aus beiden ergiebt ſich, daß es zu einem Ab-
ſchied gar nicht gekommen iſt, obwohl das bei Muͤller und Fels ſo
ſcheinen ſollte.
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[188/0206] Erſtes Buch. ihm alle Hülfe verſagten. Sie erklärten, ihn für den jetzi- gen Krieg zu unterſtützen ſeyen ſie weder fähig noch auch ſchuldig. Das eine nicht: denn ihren Unterthanen ſey ſchon die vorige Hülfe als die letzte angekündigt worden, und ohne große Widerwärtigkeit laſſe ſich keine neue for- dern: aber auch das andre nicht. Habe man ihnen doch nicht einmal die Verträge mitgetheilt, wie das doch wohl in Fällen dieſer Art herkömmlich ſey. 1 Die Commiſſarien des Kaiſers, denn er ſelbſt hatte ſich, um die Rüſtungen an den italieniſchen Grenzen zu be- treiben, wenige Tage nach ſeiner Ankunft wieder entfernt, 2 waren über eine ſo entſchieden abſchlägliche Antwort höch- lich betreten. Was werde die Kirche, was werde Frank- reich ſagen, wenn das h. Reich allein ſeine Rechte nicht wahrnehme. Die Stände lehnten jede weitere Erörterung über dieſe Angelegenheit ab: wolle man ihnen dagegen über 1 Verhandelungen ꝛc. „Dweile die Stende des Reichs davon kein gruͤndliches Wiſſen tragen, ſo hab J. Kſ. Mt wohl zu ermeſſen, daß wo ichts darin begriffen oder verleipt das dem h. Reich jetzo oder in Zukunft zu Nachtheil thaͤte reichen, es were mit Herzogthum Mailand oder anderm, dem Reich zuſtendig, daß ſie darin nit wil- ligen koͤnnen.“ 2 Nicht eben aus Unmuth, wie man angenommen. Er er- klaͤrte gleich am 22ſten April, er koͤnne den Beſchluß nicht erwarten, und gieng dann 2 Tage darauf weg, ehe die Verſammlung noch recht beiſammen war; die eigentliche Reichstagspropoſition geſchah erſt Mittwoch vor Himmelfahrt 16 Mai, durch Caſimir von Bran- denburg als Statthalter, Adolf von Naſſau und Frauenberg als deſ- ſen Raͤthe. Frankf. AA. Bd 24. Die Schreiben des Frankf. Raths- freundes Joh. Froſch wiederholen hauptſaͤchlich den Inhalt der Acten, mit einigen Zuſaͤtzen. Aus beiden ergiebt ſich, daß es zu einem Ab- ſchied gar nicht gekommen iſt, obwohl das bei Muͤller und Fels ſo ſcheinen ſollte.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/206>, abgerufen am 22.11.2024.