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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Reichstag zu Costnitz 1507.
sich in der Regel an Frankreich an, noch zogen sie eine Stadt
nach der andern in ihren Bund. Und dabei behaupteten
sie fortwährend Glieder, Angehörige des Reiches zu seyn.

Ein Zustand, der sich nun besonders dann unerträg-
lich zeigte wenn man mit Frankreich in Irrungen kam.
Man hatte in jedem französisch-italienischen Krieg, wie es
im J. 1500 geschehen war, eine Diversion von der Seite
der Schweiz zu fürchten; was um so gefährlicher war, je
unerwarteter sie eintreten konnte.

In Costnitz beschloß man, vor allem diese Sache ins
Klare zu bringen. Eine reichsständische Gesandtschaft ward
zu dem Ende in die Schweiz abgeordnet.

Sie war doch ihres Erfolgs noch keineswegs sicher.
"Gott verleihe uns den heiligen Geist," ruft ein Mit-
glied aus: "wenn wir nichts ausrichten, werden wir die
Schweizer mit Krieg überziehen, sie für unsre Türken hal-
ten müssen."

Allein schon waren die Eidgenossen im Laufe ihrer
Dienste auch mit den Franzosen zerfallen: sie zeigten
sich gefügiger, als man erwartet hatte. Ihre Truppen,
so viel deren noch in Italien waren, riefen sie auf die
erste Anmahnung von da zurück. Ohne alle Schwierig-
keit versprachen sie, sich zum Reich zu halten. Auch von
ihrer Seite erschien dann eine Gesandtschaft in Costnitz,
von dem König aufs beste aufgenommen freigehalten und
beschenkt; mit der man übereinkam, zu dem nächsten
Kriege 6000 Schweizer unter ihren Standesfahnen in Sold
zu nehmen.

Dagegen gewährte ihnen nun auch Maximilian ein

Reichstag zu Coſtnitz 1507.
ſich in der Regel an Frankreich an, noch zogen ſie eine Stadt
nach der andern in ihren Bund. Und dabei behaupteten
ſie fortwährend Glieder, Angehörige des Reiches zu ſeyn.

Ein Zuſtand, der ſich nun beſonders dann unerträg-
lich zeigte wenn man mit Frankreich in Irrungen kam.
Man hatte in jedem franzöſiſch-italieniſchen Krieg, wie es
im J. 1500 geſchehen war, eine Diverſion von der Seite
der Schweiz zu fürchten; was um ſo gefährlicher war, je
unerwarteter ſie eintreten konnte.

In Coſtnitz beſchloß man, vor allem dieſe Sache ins
Klare zu bringen. Eine reichsſtändiſche Geſandtſchaft ward
zu dem Ende in die Schweiz abgeordnet.

Sie war doch ihres Erfolgs noch keineswegs ſicher.
„Gott verleihe uns den heiligen Geiſt,“ ruft ein Mit-
glied aus: „wenn wir nichts ausrichten, werden wir die
Schweizer mit Krieg überziehen, ſie für unſre Türken hal-
ten müſſen.“

Allein ſchon waren die Eidgenoſſen im Laufe ihrer
Dienſte auch mit den Franzoſen zerfallen: ſie zeigten
ſich gefügiger, als man erwartet hatte. Ihre Truppen,
ſo viel deren noch in Italien waren, riefen ſie auf die
erſte Anmahnung von da zurück. Ohne alle Schwierig-
keit verſprachen ſie, ſich zum Reich zu halten. Auch von
ihrer Seite erſchien dann eine Geſandtſchaft in Coſtnitz,
von dem König aufs beſte aufgenommen freigehalten und
beſchenkt; mit der man übereinkam, zu dem nächſten
Kriege 6000 Schweizer unter ihren Standesfahnen in Sold
zu nehmen.

Dagegen gewährte ihnen nun auch Maximilian ein

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[175/0193] Reichstag zu Coſtnitz 1507. ſich in der Regel an Frankreich an, noch zogen ſie eine Stadt nach der andern in ihren Bund. Und dabei behaupteten ſie fortwährend Glieder, Angehörige des Reiches zu ſeyn. Ein Zuſtand, der ſich nun beſonders dann unerträg- lich zeigte wenn man mit Frankreich in Irrungen kam. Man hatte in jedem franzöſiſch-italieniſchen Krieg, wie es im J. 1500 geſchehen war, eine Diverſion von der Seite der Schweiz zu fürchten; was um ſo gefährlicher war, je unerwarteter ſie eintreten konnte. In Coſtnitz beſchloß man, vor allem dieſe Sache ins Klare zu bringen. Eine reichsſtändiſche Geſandtſchaft ward zu dem Ende in die Schweiz abgeordnet. Sie war doch ihres Erfolgs noch keineswegs ſicher. „Gott verleihe uns den heiligen Geiſt,“ ruft ein Mit- glied aus: „wenn wir nichts ausrichten, werden wir die Schweizer mit Krieg überziehen, ſie für unſre Türken hal- ten müſſen.“ Allein ſchon waren die Eidgenoſſen im Laufe ihrer Dienſte auch mit den Franzoſen zerfallen: ſie zeigten ſich gefügiger, als man erwartet hatte. Ihre Truppen, ſo viel deren noch in Italien waren, riefen ſie auf die erſte Anmahnung von da zurück. Ohne alle Schwierig- keit verſprachen ſie, ſich zum Reich zu halten. Auch von ihrer Seite erſchien dann eine Geſandtſchaft in Coſtnitz, von dem König aufs beſte aufgenommen freigehalten und beſchenkt; mit der man übereinkam, zu dem nächſten Kriege 6000 Schweizer unter ihren Standesfahnen in Sold zu nehmen. Dagegen gewährte ihnen nun auch Maximilian ein

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/193>, abgerufen am 18.05.2024.