Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch.

Gleich damals konnte er ein Edict wider die Unge-
horsamen nicht mit so scharfen Bedrohungen, wie er es
für nöthig hielt, durchsetzen.

Es ward ein oberster Reichshauptmann ernannt, Her-
zog Albrecht von Baiern: Maximilian fühlte sehr bald,
daß er sich mit demselben nie vertragen werde.

Die Rüstung der beschlossenen Hülfe wollte dem neuen
Reichsrath zum Trotz, der noch im J. 1500 zusammen-
trat, nicht vor sich gehn. Im April 1501 waren die
Verzeichnisse der Volkszahl in den Pfarren, auf die jetzt
die ganze Anstalt begründet werden mußte, noch nicht ein-
gesandt.

Der Reichsrath endlich nahm eine dem König vollends
widerwärtige Haltung an. Mit Ludwig XII von Frank-
reich, den Maximilian mit der Kraft des Reiches zu
überziehen gedachte, wurde eine Unterhandlung angeknüpft,
ein Stillstand geschlossen; der Reichsrath war nicht ab-
geneigt, dem französischen König, wie er nachsuchte, Mai-
land als ein Reichslehen zu ertheilen. 1

Da erwachte nun in Maximilian der ganze mit Mühe
zurückgehaltene Widerwille. Er sah sich für die innern
Angelegenheiten in Bande geschlagen und in den auswär-
tigen nicht unterstützt. Seine Landstände in Tyrol mach-
ten ihn aufmerksam, wie wenig er noch im Reiche zu be-
deuten habe.

Einen Augenblick erschien er beim Regimente in Nürn-
berg, aber nur, um sich zu beklagen über den Schimpf,

1 Müller Reichstagsstaat p. 63.
Erſtes Buch.

Gleich damals konnte er ein Edict wider die Unge-
horſamen nicht mit ſo ſcharfen Bedrohungen, wie er es
für nöthig hielt, durchſetzen.

Es ward ein oberſter Reichshauptmann ernannt, Her-
zog Albrecht von Baiern: Maximilian fühlte ſehr bald,
daß er ſich mit demſelben nie vertragen werde.

Die Rüſtung der beſchloſſenen Hülfe wollte dem neuen
Reichsrath zum Trotz, der noch im J. 1500 zuſammen-
trat, nicht vor ſich gehn. Im April 1501 waren die
Verzeichniſſe der Volkszahl in den Pfarren, auf die jetzt
die ganze Anſtalt begründet werden mußte, noch nicht ein-
geſandt.

Der Reichsrath endlich nahm eine dem König vollends
widerwärtige Haltung an. Mit Ludwig XII von Frank-
reich, den Maximilian mit der Kraft des Reiches zu
überziehen gedachte, wurde eine Unterhandlung angeknüpft,
ein Stillſtand geſchloſſen; der Reichsrath war nicht ab-
geneigt, dem franzöſiſchen König, wie er nachſuchte, Mai-
land als ein Reichslehen zu ertheilen. 1

Da erwachte nun in Maximilian der ganze mit Mühe
zurückgehaltene Widerwille. Er ſah ſich für die innern
Angelegenheiten in Bande geſchlagen und in den auswär-
tigen nicht unterſtützt. Seine Landſtände in Tyrol mach-
ten ihn aufmerkſam, wie wenig er noch im Reiche zu be-
deuten habe.

Einen Augenblick erſchien er beim Regimente in Nürn-
berg, aber nur, um ſich zu beklagen über den Schimpf,

1 Muͤller Reichstagsſtaat p. 63.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0164" n="146"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Buch</hi>.</fw><lb/>
          <p>Gleich damals konnte er ein Edict wider die Unge-<lb/>
hor&#x017F;amen nicht mit &#x017F;o &#x017F;charfen Bedrohungen, wie er es<lb/>
für nöthig hielt, durch&#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Es ward ein ober&#x017F;ter Reichshauptmann ernannt, Her-<lb/>
zog Albrecht von Baiern: Maximilian fühlte &#x017F;ehr bald,<lb/>
daß er &#x017F;ich mit dem&#x017F;elben nie vertragen werde.</p><lb/>
          <p>Die Rü&#x017F;tung der be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Hülfe wollte dem neuen<lb/>
Reichsrath zum Trotz, der noch im J. 1500 zu&#x017F;ammen-<lb/>
trat, nicht vor &#x017F;ich gehn. Im April 1501 waren die<lb/>
Verzeichni&#x017F;&#x017F;e der Volkszahl in den Pfarren, auf die jetzt<lb/>
die ganze An&#x017F;talt begründet werden mußte, noch nicht ein-<lb/>
ge&#x017F;andt.</p><lb/>
          <p>Der Reichsrath endlich nahm eine dem König vollends<lb/>
widerwärtige Haltung an. Mit Ludwig <hi rendition="#aq">XII</hi> von Frank-<lb/>
reich, den Maximilian mit der Kraft des Reiches zu<lb/>
überziehen gedachte, wurde eine Unterhandlung angeknüpft,<lb/>
ein Still&#x017F;tand ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en; der Reichsrath war nicht ab-<lb/>
geneigt, dem franzö&#x017F;i&#x017F;chen König, wie er nach&#x017F;uchte, Mai-<lb/>
land als ein Reichslehen zu ertheilen. <note place="foot" n="1">Mu&#x0364;ller Reichstags&#x017F;taat <hi rendition="#aq">p. 63.</hi></note></p><lb/>
          <p>Da erwachte nun in Maximilian der ganze mit Mühe<lb/>
zurückgehaltene Widerwille. Er &#x017F;ah &#x017F;ich für die innern<lb/>
Angelegenheiten in Bande ge&#x017F;chlagen und in den auswär-<lb/>
tigen nicht unter&#x017F;tützt. Seine Land&#x017F;tände in Tyrol mach-<lb/>
ten ihn aufmerk&#x017F;am, wie wenig er noch im Reiche zu be-<lb/>
deuten habe.</p><lb/>
          <p>Einen Augenblick er&#x017F;chien er beim Regimente in Nürn-<lb/>
berg, aber nur, um &#x017F;ich zu beklagen über den Schimpf,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0164] Erſtes Buch. Gleich damals konnte er ein Edict wider die Unge- horſamen nicht mit ſo ſcharfen Bedrohungen, wie er es für nöthig hielt, durchſetzen. Es ward ein oberſter Reichshauptmann ernannt, Her- zog Albrecht von Baiern: Maximilian fühlte ſehr bald, daß er ſich mit demſelben nie vertragen werde. Die Rüſtung der beſchloſſenen Hülfe wollte dem neuen Reichsrath zum Trotz, der noch im J. 1500 zuſammen- trat, nicht vor ſich gehn. Im April 1501 waren die Verzeichniſſe der Volkszahl in den Pfarren, auf die jetzt die ganze Anſtalt begründet werden mußte, noch nicht ein- geſandt. Der Reichsrath endlich nahm eine dem König vollends widerwärtige Haltung an. Mit Ludwig XII von Frank- reich, den Maximilian mit der Kraft des Reiches zu überziehen gedachte, wurde eine Unterhandlung angeknüpft, ein Stillſtand geſchloſſen; der Reichsrath war nicht ab- geneigt, dem franzöſiſchen König, wie er nachſuchte, Mai- land als ein Reichslehen zu ertheilen. 1 Da erwachte nun in Maximilian der ganze mit Mühe zurückgehaltene Widerwille. Er ſah ſich für die innern Angelegenheiten in Bande geſchlagen und in den auswär- tigen nicht unterſtützt. Seine Landſtände in Tyrol mach- ten ihn aufmerkſam, wie wenig er noch im Reiche zu be- deuten habe. Einen Augenblick erſchien er beim Regimente in Nürn- berg, aber nur, um ſich zu beklagen über den Schimpf, 1 Muͤller Reichstagsſtaat p. 63.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/164
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/164>, abgerufen am 24.11.2024.