Wie das Gericht, schienen nunmehr auch Regierung und Verwaltung einen durchaus ständischen Charakter an- nehmen zu müssen.
Wenn Maximilian sich in Augsburg zu so großen Con- cessionen bewegen ließ, so geschah das ohne Zweifel nur deshalb, weil man jene Kriegseinrichtungen daran knüpfte, weil er nun auch seinerseits von den Ständen des Rei- ches eine dauernde, freiwillig und herzlich geleistete, entschei- dende Unterstützung für seine auswärtigen Unternehmun- gen auszuwirken hoffte. Am 14ten Aug. nachdem alles beschlossen war, forderte er die Stände auf, sich an sei- nem Beispiel zu spiegeln und eben so wohl etwas für das Reich zu thun wie er. Er erhob sich gleichsam mit Ab- sicht zu der Erwartung, daß das geschehen werde; er wollte es glauben; insgeheim aber regte sich doch auch die Furcht daß es am Ende nicht geschehen und er sich seiner Rechte vergeblich entäußert haben dürfte. Es zeigt die größte Auf- regung an, ein Gefühl von Bedrohtseyn und Unrechtlei- den, wie er sich ausdrückte. Indem er die Versammlung an die Eide und Gelübde erinnerte, womit ein jeder dem heiligen Reiche verwandt sey, fügte er hinzu, wenn man nicht anders dazu thue als bisher, so wolle er nicht warten, bis man ihm die Krone vom Haupt reiße; er wolle sie eher selbst vor seine Füße werfen. 1
Auch gerieth er unverzüglich in mancherlei Widerspruch mit den Ständen.
sero quelli avesse (i quali avessero) a chiamar le diete e tuor le imprese.
1 Schreiben von Reysse. 17 Aug. Fr. A.
Ranke d. Gesch. I. 10
Reichstag zu Augsburg 1500.
Wie das Gericht, ſchienen nunmehr auch Regierung und Verwaltung einen durchaus ſtändiſchen Charakter an- nehmen zu müſſen.
Wenn Maximilian ſich in Augsburg zu ſo großen Con- ceſſionen bewegen ließ, ſo geſchah das ohne Zweifel nur deshalb, weil man jene Kriegseinrichtungen daran knüpfte, weil er nun auch ſeinerſeits von den Ständen des Rei- ches eine dauernde, freiwillig und herzlich geleiſtete, entſchei- dende Unterſtützung für ſeine auswärtigen Unternehmun- gen auszuwirken hoffte. Am 14ten Aug. nachdem alles beſchloſſen war, forderte er die Stände auf, ſich an ſei- nem Beiſpiel zu ſpiegeln und eben ſo wohl etwas für das Reich zu thun wie er. Er erhob ſich gleichſam mit Ab- ſicht zu der Erwartung, daß das geſchehen werde; er wollte es glauben; insgeheim aber regte ſich doch auch die Furcht daß es am Ende nicht geſchehen und er ſich ſeiner Rechte vergeblich entäußert haben dürfte. Es zeigt die größte Auf- regung an, ein Gefühl von Bedrohtſeyn und Unrechtlei- den, wie er ſich ausdrückte. Indem er die Verſammlung an die Eide und Gelübde erinnerte, womit ein jeder dem heiligen Reiche verwandt ſey, fügte er hinzu, wenn man nicht anders dazu thue als bisher, ſo wolle er nicht warten, bis man ihm die Krone vom Haupt reiße; er wolle ſie eher ſelbſt vor ſeine Füße werfen. 1
Auch gerieth er unverzüglich in mancherlei Widerſpruch mit den Ständen.
sero quelli avesse (i quali avessero) a chiamar le diete e tuor le imprese.
1 Schreiben von Reyſſe. 17 Aug. Fr. A.
Ranke d. Geſch. I. 10
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Reichstag zu Augsburg 1500.
Wie das Gericht, ſchienen nunmehr auch Regierung
und Verwaltung einen durchaus ſtändiſchen Charakter an-
nehmen zu müſſen.
Wenn Maximilian ſich in Augsburg zu ſo großen Con-
ceſſionen bewegen ließ, ſo geſchah das ohne Zweifel nur
deshalb, weil man jene Kriegseinrichtungen daran knüpfte,
weil er nun auch ſeinerſeits von den Ständen des Rei-
ches eine dauernde, freiwillig und herzlich geleiſtete, entſchei-
dende Unterſtützung für ſeine auswärtigen Unternehmun-
gen auszuwirken hoffte. Am 14ten Aug. nachdem alles
beſchloſſen war, forderte er die Stände auf, ſich an ſei-
nem Beiſpiel zu ſpiegeln und eben ſo wohl etwas für das
Reich zu thun wie er. Er erhob ſich gleichſam mit Ab-
ſicht zu der Erwartung, daß das geſchehen werde; er wollte
es glauben; insgeheim aber regte ſich doch auch die Furcht
daß es am Ende nicht geſchehen und er ſich ſeiner Rechte
vergeblich entäußert haben dürfte. Es zeigt die größte Auf-
regung an, ein Gefühl von Bedrohtſeyn und Unrechtlei-
den, wie er ſich ausdrückte. Indem er die Verſammlung
an die Eide und Gelübde erinnerte, womit ein jeder
dem heiligen Reiche verwandt ſey, fügte er hinzu, wenn
man nicht anders dazu thue als bisher, ſo wolle er nicht
warten, bis man ihm die Krone vom Haupt reiße; er
wolle ſie eher ſelbſt vor ſeine Füße werfen. 1
Auch gerieth er unverzüglich in mancherlei Widerſpruch
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/163>, abgerufen am 24.11.2024.
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