Innocenz besaß treffliche Eigenschaften für die geistliche sowohl wie für die weltliche Regierung. Nur war er von krankhafter Lei- besbeschaffenheit, und daher kam es, daß er mit seinen Audien- zen sehr sparsam war. Dafür hatte es aber auch Bedeutung, bei ihm Audienz zu haben: Eine war statt vieler. Er faßte sehr gut, und gab entscheidende Antworten. Der Gesandte von Malta, sagt Corner, wird daran denken, wie ihm auf ein etwas stürmisches Ge- such um Unterstützung der Papst auf der Stelle seinen Segen gab, und die Klingel zog, um ihn zu entlassen. Als der portugiesische Gesandte die Erhebung jenes Bicchi zum Cardinal forderte, wollte ihn Innocenz zuletzt gar nicht mehr anhören (non ritrovando me- rito nel prelato e passando sopra tutti li riguardi che potea avere per una corona di cui era stato protettore).
Die mit Innocenz XIII. verwandten römischen Familien, die von ihm befördert zu werden gehofft hatten, fanden sich sehr betrogen: selbst seine Nepoten konnten nur mit Mühe zu dem Genuß der 12000 Du- caten kommen, welche jetzt das gewöhnliche Einkommen eines Nepo- ten geworden.
Das vornehmste Bemühen des Papstes war, die Streitigkeiten über die kirchliche Jurisdiction beizulegen; doch gelang ihm das kei- nesweges überall. Nur mit dem kaiserlichen Hofe bildete sich ein besseres Verhältniß: wie das jener Wahl zufolge in der Natur der Sache lag.
158. Relatione del N. H. Pietro Capello Kr ritornato d'ambasciator di Roma 1728 6 Marzo. (14 Bl.)
Schon am 7. Merz 1724, nach wenig mehr als 34 monatli- cher Regierung, starb Innocenz XIII.
Capello, der noch zu Innocenz geschickt wurde, stimmt in der Schilderung desselben mit seinem Vorgänger überein. Er findet ihn friedfertig, von gutem Urtheil, wohlbedächtig, fest in seinem Vor- nehmen. Er bestätigt das Gerücht, daß diesem Papst die Ernennung des Dubois zum Cardinal, zu der er sich aus Rücksicht auf die Macht und den Einfluß dieses Menschen hatte bewegen lassen, in seinen letzten Augenblicken schwere Scrupel gemacht habe. La di lui morte fu ben un'argomento delle piu morali riflessioni: mentre attaccato da scrupoli di coscienza, tarlo che non lascia di rodere anco la mente dei papi, non pote mai lasciarsi persuadere a compire la nomina di quattro cardinali nella vacanza d'altrettanti cappelli: e per quello si e potuto iscoprire fu giudicato che non sentisse di consumare una tale elettione forse per pentimento d'averne esegaita alcun' altra con maniere atte a turbare la di lui deli- cata coscienza. Tale non ordinario accidente partori funeste conseguenze alla di lui casa, a favor della quale non resto al- cun partito da disponere dopo la di lui morte: ma con tutto cio vi fu universale argomento per giudicar molto bene di sua per- sona, che dimostro per tali suoi ottimi sentimenti un spirito e- gualmente nobile che rassegnato.
Am 29. Mai 1724 folgte Benedict XIII. Capello findet ihn
Pietro Capello
Innocenz beſaß treffliche Eigenſchaften fuͤr die geiſtliche ſowohl wie fuͤr die weltliche Regierung. Nur war er von krankhafter Lei- besbeſchaffenheit, und daher kam es, daß er mit ſeinen Audien- zen ſehr ſparſam war. Dafuͤr hatte es aber auch Bedeutung, bei ihm Audienz zu haben: Eine war ſtatt vieler. Er faßte ſehr gut, und gab entſcheidende Antworten. Der Geſandte von Malta, ſagt Corner, wird daran denken, wie ihm auf ein etwas ſtuͤrmiſches Ge- ſuch um Unterſtuͤtzung der Papſt auf der Stelle ſeinen Segen gab, und die Klingel zog, um ihn zu entlaſſen. Als der portugieſiſche Geſandte die Erhebung jenes Bicchi zum Cardinal forderte, wollte ihn Innocenz zuletzt gar nicht mehr anhoͤren (non ritrovando me- rito nel prelato e passando sopra tutti li riguardi che potea avere per una corona di cui era stato protettore).
Die mit Innocenz XIII. verwandten roͤmiſchen Familien, die von ihm befoͤrdert zu werden gehofft hatten, fanden ſich ſehr betrogen: ſelbſt ſeine Nepoten konnten nur mit Muͤhe zu dem Genuß der 12000 Du- caten kommen, welche jetzt das gewoͤhnliche Einkommen eines Nepo- ten geworden.
Das vornehmſte Bemuͤhen des Papſtes war, die Streitigkeiten uͤber die kirchliche Jurisdiction beizulegen; doch gelang ihm das kei- nesweges uͤberall. Nur mit dem kaiſerlichen Hofe bildete ſich ein beſſeres Verhaͤltniß: wie das jener Wahl zufolge in der Natur der Sache lag.
158. Relatione del N. H. Pietro Capello Kr ritornato d’ambasciator di Roma 1728 6 Marzo. (14 Bl.)
Schon am 7. Merz 1724, nach wenig mehr als 34 monatli- cher Regierung, ſtarb Innocenz XIII.
Capello, der noch zu Innocenz geſchickt wurde, ſtimmt in der Schilderung deſſelben mit ſeinem Vorgaͤnger uͤberein. Er findet ihn friedfertig, von gutem Urtheil, wohlbedaͤchtig, feſt in ſeinem Vor- nehmen. Er beſtaͤtigt das Geruͤcht, daß dieſem Papſt die Ernennung des Dubois zum Cardinal, zu der er ſich aus Ruͤckſicht auf die Macht und den Einfluß dieſes Menſchen hatte bewegen laſſen, in ſeinen letzten Augenblicken ſchwere Scrupel gemacht habe. La di lui morte fu ben un’argomento delle più morali riflessioni: mentre attaccato da scrupoli di coscienza, tarlo che non lascia di rodere anco la mente dei papi, non potè mai lasciarsi persuadere a compire la nomina di quattro cardinali nella vacanza d’altrettanti cappelli: e per quello si è potuto iscoprire fu giudicato che non sentisse di consumare una tale elettione forse per pentimento d’averne esegaita alcun’ altra con maniere atte a turbare la di lui deli- cata coscienza. Tale non ordinario accidente partorì funeste conseguenze alla di lui casa, a favor della quale non restò al- cun partito da disponere dopo la di lui morte: ma con tutto ciò vi fu universale argomento per giudicar molto bene di sua per- sona, che dimostrò per tali suoi ottimi sentimenti un spirito e- gualmente nobile che rassegnato.
Am 29. Mai 1724 folgte Benedict XIII. Capello findet ihn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0514"n="502"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#i"><hirendition="#aq">Pietro Capello</hi></hi></fw><lb/><p>Innocenz beſaß treffliche Eigenſchaften fuͤr die geiſtliche ſowohl<lb/>
wie fuͤr die weltliche Regierung. Nur war er von krankhafter Lei-<lb/>
besbeſchaffenheit, und daher kam es, daß er mit ſeinen Audien-<lb/>
zen ſehr ſparſam war. Dafuͤr hatte es aber auch Bedeutung, bei<lb/>
ihm Audienz zu haben: Eine war ſtatt vieler. Er faßte ſehr gut,<lb/>
und gab entſcheidende Antworten. Der Geſandte von Malta, ſagt<lb/>
Corner, wird daran denken, wie ihm auf ein etwas ſtuͤrmiſches Ge-<lb/>ſuch um Unterſtuͤtzung der Papſt auf der Stelle ſeinen Segen gab,<lb/>
und die Klingel zog, um ihn zu entlaſſen. Als der portugieſiſche<lb/>
Geſandte die Erhebung jenes Bicchi zum Cardinal forderte, wollte<lb/>
ihn Innocenz zuletzt gar nicht mehr anhoͤren <hirendition="#aq">(non ritrovando me-<lb/>
rito nel prelato e passando sopra tutti li riguardi che potea<lb/>
avere per una corona di cui era stato protettore).</hi></p><lb/><p>Die mit Innocenz <hirendition="#aq">XIII.</hi> verwandten roͤmiſchen Familien, die von<lb/>
ihm befoͤrdert zu werden gehofft hatten, fanden ſich ſehr betrogen: ſelbſt<lb/>ſeine Nepoten konnten nur mit Muͤhe zu dem Genuß der 12000 Du-<lb/>
caten kommen, welche jetzt das gewoͤhnliche Einkommen eines Nepo-<lb/>
ten geworden.</p><lb/><p>Das vornehmſte Bemuͤhen des Papſtes war, die Streitigkeiten<lb/>
uͤber die kirchliche Jurisdiction beizulegen; doch gelang ihm das kei-<lb/>
nesweges uͤberall. Nur mit dem kaiſerlichen Hofe bildete ſich ein<lb/>
beſſeres Verhaͤltniß: wie das jener Wahl zufolge in der Natur der<lb/>
Sache lag.</p></div><lb/><divn="3"><head>158.<lb/><hirendition="#aq">Relatione del N. H. Pietro Capello K<hirendition="#sup">r</hi> ritornato d’ambasciator<lb/>
di Roma 1728 6 Marzo.</hi> (14 Bl.)</head><lb/><p>Schon am 7. Merz 1724, nach wenig mehr als 34 monatli-<lb/>
cher Regierung, ſtarb Innocenz <hirendition="#aq">XIII.</hi></p><lb/><p>Capello, der noch zu Innocenz geſchickt wurde, ſtimmt in der<lb/>
Schilderung deſſelben mit ſeinem Vorgaͤnger uͤberein. Er findet ihn<lb/>
friedfertig, von gutem Urtheil, wohlbedaͤchtig, feſt in ſeinem Vor-<lb/>
nehmen. Er beſtaͤtigt das Geruͤcht, daß dieſem Papſt die Ernennung<lb/>
des Dubois zum Cardinal, zu der er ſich aus Ruͤckſicht auf die Macht<lb/>
und den Einfluß dieſes Menſchen hatte bewegen laſſen, in ſeinen letzten<lb/>
Augenblicken ſchwere Scrupel gemacht habe. <hirendition="#aq">La di lui morte fu<lb/>
ben un’argomento delle più morali riflessioni: mentre attaccato<lb/>
da scrupoli di coscienza, tarlo che non lascia di rodere anco<lb/>
la mente dei papi, non potè mai lasciarsi persuadere a compire<lb/>
la nomina di quattro cardinali nella vacanza d’altrettanti cappelli:<lb/>
e per quello si è potuto iscoprire fu giudicato che non sentisse<lb/>
di consumare una tale elettione forse per pentimento d’averne<lb/>
esegaita alcun’ altra con maniere atte a turbare la di lui deli-<lb/>
cata coscienza. Tale non ordinario accidente partorì funeste<lb/>
conseguenze alla di lui casa, a favor della quale non restò al-<lb/>
cun partito da disponere dopo la di lui morte: ma con tutto ciò<lb/>
vi fu universale argomento per giudicar molto bene di sua per-<lb/>
sona, che dimostrò per tali suoi ottimi sentimenti un spirito e-<lb/>
gualmente nobile che rassegnato.</hi></p><lb/><p>Am 29. Mai 1724 folgte Benedict <hirendition="#aq">XIII.</hi> Capello findet ihn<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[502/0514]
Pietro Capello
Innocenz beſaß treffliche Eigenſchaften fuͤr die geiſtliche ſowohl
wie fuͤr die weltliche Regierung. Nur war er von krankhafter Lei-
besbeſchaffenheit, und daher kam es, daß er mit ſeinen Audien-
zen ſehr ſparſam war. Dafuͤr hatte es aber auch Bedeutung, bei
ihm Audienz zu haben: Eine war ſtatt vieler. Er faßte ſehr gut,
und gab entſcheidende Antworten. Der Geſandte von Malta, ſagt
Corner, wird daran denken, wie ihm auf ein etwas ſtuͤrmiſches Ge-
ſuch um Unterſtuͤtzung der Papſt auf der Stelle ſeinen Segen gab,
und die Klingel zog, um ihn zu entlaſſen. Als der portugieſiſche
Geſandte die Erhebung jenes Bicchi zum Cardinal forderte, wollte
ihn Innocenz zuletzt gar nicht mehr anhoͤren (non ritrovando me-
rito nel prelato e passando sopra tutti li riguardi che potea
avere per una corona di cui era stato protettore).
Die mit Innocenz XIII. verwandten roͤmiſchen Familien, die von
ihm befoͤrdert zu werden gehofft hatten, fanden ſich ſehr betrogen: ſelbſt
ſeine Nepoten konnten nur mit Muͤhe zu dem Genuß der 12000 Du-
caten kommen, welche jetzt das gewoͤhnliche Einkommen eines Nepo-
ten geworden.
Das vornehmſte Bemuͤhen des Papſtes war, die Streitigkeiten
uͤber die kirchliche Jurisdiction beizulegen; doch gelang ihm das kei-
nesweges uͤberall. Nur mit dem kaiſerlichen Hofe bildete ſich ein
beſſeres Verhaͤltniß: wie das jener Wahl zufolge in der Natur der
Sache lag.
158.
Relatione del N. H. Pietro Capello Kr ritornato d’ambasciator
di Roma 1728 6 Marzo. (14 Bl.)
Schon am 7. Merz 1724, nach wenig mehr als 34 monatli-
cher Regierung, ſtarb Innocenz XIII.
Capello, der noch zu Innocenz geſchickt wurde, ſtimmt in der
Schilderung deſſelben mit ſeinem Vorgaͤnger uͤberein. Er findet ihn
friedfertig, von gutem Urtheil, wohlbedaͤchtig, feſt in ſeinem Vor-
nehmen. Er beſtaͤtigt das Geruͤcht, daß dieſem Papſt die Ernennung
des Dubois zum Cardinal, zu der er ſich aus Ruͤckſicht auf die Macht
und den Einfluß dieſes Menſchen hatte bewegen laſſen, in ſeinen letzten
Augenblicken ſchwere Scrupel gemacht habe. La di lui morte fu
ben un’argomento delle più morali riflessioni: mentre attaccato
da scrupoli di coscienza, tarlo che non lascia di rodere anco
la mente dei papi, non potè mai lasciarsi persuadere a compire
la nomina di quattro cardinali nella vacanza d’altrettanti cappelli:
e per quello si è potuto iscoprire fu giudicato che non sentisse
di consumare una tale elettione forse per pentimento d’averne
esegaita alcun’ altra con maniere atte a turbare la di lui deli-
cata coscienza. Tale non ordinario accidente partorì funeste
conseguenze alla di lui casa, a favor della quale non restò al-
cun partito da disponere dopo la di lui morte: ma con tutto ciò
vi fu universale argomento per giudicar molto bene di sua per-
sona, che dimostrò per tali suoi ottimi sentimenti un spirito e-
gualmente nobile che rassegnato.
Am 29. Mai 1724 folgte Benedict XIII. Capello findet ihn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/514>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.