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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Relatione di Roma 1675.
durchfahrende Gewalt. Cardinäle würden nie gebilligt haben, daß
man Krieg führe. -- (Seit geraumer Zeit, dürfen wir hinzusetzen,
geschah das auch nicht mehr.)

Der Zustand des Landes verschlimmert sich täglich. Seit 40
Jahren, sagt man dem Autor, habe die Einwohnerzahl um ein Drittheil
abgenommen: wo man früher 100 Feuerstellen zählte, finde man nur
noch 60, viele Häuser reiße man nieder, obwohl die Consulta ver-
biete dieß zu thun: täglich werde weniger Land angebaut: die Hei-
rathen nehmen ab: für die Kinder suche man eine Zuflucht in den
Klöstern.

Er berechnet die Zinsen der Staatsschulden, d. i. der Monti und
officii vacabili, auf 2,400000 Sc., das Deficit auf mehrere Hundert-
tausende.

II. Il presente governo di Clemente X, sua casa, sacro
collegio e corrispondenze con principi.

Clemens X. Er sehe wohl Datar, Segretario de Brevi, Staats-
secretär und den Cardinal Altieri zu den gesetzten Stunden, aber
er habe nur die Formalität des Unterschreibens: unangenehme Dinge
verberge man ihm: dahin gehe das ganze Bestreben Cl. Altieris. Der
Gesandte behauptet, der Papst habe keine Kenntniß von den Geschäf-
ten der Welt: er sey niemals Nuntius gewesen. Wie wir wissen,
ist dieß falsch. In Roma si dice che benedicere e sanctificare sia
del pontefice, reggere e gubernare sia dell' Altieri.

Cardinal Altieri: di complessione delicata: -- -- la sua na-
tura e ardente, impetuosa e di prima impressione. -- -- Assue-
fatto alla cortesia Romanesca di non negare cosa alcuna, anzi
di concorrere con parole officiose ad esaudire le instanze fa-
cilmente: poi quando ha ponderato il negotio, da indietro, anco
col negare l'impegno, e da nelle scandescenze. -- -- Da poca
speranza vien sollevato, come per contrario da poco timore ab-
battuto.
Wir sehen in diesen Aeußerungen wohl die Nachwirkung
persönlicher Mißverhältnisse.

In dem nemlichen Sinne aber werden auch die übrigen Per-
sönlichkeiten geschildert. Laura Altieri, von welcher doch das Glück
dieser Familie komme, befinde sich in derselben nicht wohl, deshalb
lasse man sie niemals zu den Füßen des Papstes kommen. Ich
glaube daran doch nicht recht.

Unbedenklicher ist es, wenn der Verfasser die Vereinigung des
Hofes mit den Squadronisten schildert: wir sahen schon, wie sie sich
vorbereitete. Barberini, Rospigliosi und Chigi waren jetzt in geringe-
rem Ansehen: die Squadronisten drangen besonders auf Unabhängigkeit
der Curie von den fremden Höfen: sie hatten die Altieri ganz an
sich gezogen. Der Verfasser behauptet, die Verwickelungen, in welche
der Hof sich einlasse, seyen ihnen zuzuschreiben.

Er geht näher auf diese ein; allein in seiner irritirten Weise.

Den Kaiser müsse der Hof zuweilen durch geistliche Geschenke,
Agnus dei u. s. w. zu begütigen suchen. Mit Frankreich habe man
so viel Irrungen, daß man sich freue, wenn es in Krieg verwickelt
werde. Wie sollte da der Papst noch den Frieden vermitteln? --
Spanien beklage sich unter andern, daß man im Kirchenstaat die

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Relatione di Roma 1675.
durchfahrende Gewalt. Cardinaͤle wuͤrden nie gebilligt haben, daß
man Krieg fuͤhre. — (Seit geraumer Zeit, duͤrfen wir hinzuſetzen,
geſchah das auch nicht mehr.)

Der Zuſtand des Landes verſchlimmert ſich taͤglich. Seit 40
Jahren, ſagt man dem Autor, habe die Einwohnerzahl um ein Drittheil
abgenommen: wo man fruͤher 100 Feuerſtellen zaͤhlte, finde man nur
noch 60, viele Haͤuſer reiße man nieder, obwohl die Conſulta ver-
biete dieß zu thun: taͤglich werde weniger Land angebaut: die Hei-
rathen nehmen ab: fuͤr die Kinder ſuche man eine Zuflucht in den
Kloͤſtern.

Er berechnet die Zinſen der Staatsſchulden, d. i. der Monti und
officii vacabili, auf 2,400000 Sc., das Deficit auf mehrere Hundert-
tauſende.

II. Il presente governo di Clemente X, sua casa, sacro
collegio e corrispondenze con principi.

Clemens X. Er ſehe wohl Datar, Segretario de Brevi, Staats-
ſecretaͤr und den Cardinal Altieri zu den geſetzten Stunden, aber
er habe nur die Formalitaͤt des Unterſchreibens: unangenehme Dinge
verberge man ihm: dahin gehe das ganze Beſtreben Cl. Altieris. Der
Geſandte behauptet, der Papſt habe keine Kenntniß von den Geſchaͤf-
ten der Welt: er ſey niemals Nuntius geweſen. Wie wir wiſſen,
iſt dieß falſch. In Roma si dice che benedicere e sanctificare sia
del pontefice, reggere e gubernare sia dell’ Altieri.

Cardinal Altieri: di complessione delicata: — — la sua na-
tura è ardente, impetuosa e di prima impressione. — — Assue-
fatto alla cortesia Romanesca di non negare cosa alcuna, anzi
di concorrere con parole officiose ad esaudire le instanze fa-
cilmente: poi quando ha ponderato il negotio, dà indietro, anco
col negare l’impegno, e dà nelle scandescenze. — — Da poca
speranza vien sollevato, come per contrario da poco timore ab-
battuto.
Wir ſehen in dieſen Aeußerungen wohl die Nachwirkung
perſoͤnlicher Mißverhaͤltniſſe.

In dem nemlichen Sinne aber werden auch die uͤbrigen Per-
ſoͤnlichkeiten geſchildert. Laura Altieri, von welcher doch das Gluͤck
dieſer Familie komme, befinde ſich in derſelben nicht wohl, deshalb
laſſe man ſie niemals zu den Fuͤßen des Papſtes kommen. Ich
glaube daran doch nicht recht.

Unbedenklicher iſt es, wenn der Verfaſſer die Vereinigung des
Hofes mit den Squadroniſten ſchildert: wir ſahen ſchon, wie ſie ſich
vorbereitete. Barberini, Rospiglioſi und Chigi waren jetzt in geringe-
rem Anſehen: die Squadroniſten drangen beſonders auf Unabhaͤngigkeit
der Curie von den fremden Hoͤfen: ſie hatten die Altieri ganz an
ſich gezogen. Der Verfaſſer behauptet, die Verwickelungen, in welche
der Hof ſich einlaſſe, ſeyen ihnen zuzuſchreiben.

Er geht naͤher auf dieſe ein; allein in ſeiner irritirten Weiſe.

Den Kaiſer muͤſſe der Hof zuweilen durch geiſtliche Geſchenke,
Agnus dei u. ſ. w. zu beguͤtigen ſuchen. Mit Frankreich habe man
ſo viel Irrungen, daß man ſich freue, wenn es in Krieg verwickelt
werde. Wie ſollte da der Papſt noch den Frieden vermitteln? —
Spanien beklage ſich unter andern, daß man im Kirchenſtaat die

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[483/0495] Relatione di Roma 1675. durchfahrende Gewalt. Cardinaͤle wuͤrden nie gebilligt haben, daß man Krieg fuͤhre. — (Seit geraumer Zeit, duͤrfen wir hinzuſetzen, geſchah das auch nicht mehr.) Der Zuſtand des Landes verſchlimmert ſich taͤglich. Seit 40 Jahren, ſagt man dem Autor, habe die Einwohnerzahl um ein Drittheil abgenommen: wo man fruͤher 100 Feuerſtellen zaͤhlte, finde man nur noch 60, viele Haͤuſer reiße man nieder, obwohl die Conſulta ver- biete dieß zu thun: taͤglich werde weniger Land angebaut: die Hei- rathen nehmen ab: fuͤr die Kinder ſuche man eine Zuflucht in den Kloͤſtern. Er berechnet die Zinſen der Staatsſchulden, d. i. der Monti und officii vacabili, auf 2,400000 Sc., das Deficit auf mehrere Hundert- tauſende. II. Il presente governo di Clemente X, sua casa, sacro collegio e corrispondenze con principi. Clemens X. Er ſehe wohl Datar, Segretario de Brevi, Staats- ſecretaͤr und den Cardinal Altieri zu den geſetzten Stunden, aber er habe nur die Formalitaͤt des Unterſchreibens: unangenehme Dinge verberge man ihm: dahin gehe das ganze Beſtreben Cl. Altieris. Der Geſandte behauptet, der Papſt habe keine Kenntniß von den Geſchaͤf- ten der Welt: er ſey niemals Nuntius geweſen. Wie wir wiſſen, iſt dieß falſch. In Roma si dice che benedicere e sanctificare sia del pontefice, reggere e gubernare sia dell’ Altieri. Cardinal Altieri: di complessione delicata: — — la sua na- tura è ardente, impetuosa e di prima impressione. — — Assue- fatto alla cortesia Romanesca di non negare cosa alcuna, anzi di concorrere con parole officiose ad esaudire le instanze fa- cilmente: poi quando ha ponderato il negotio, dà indietro, anco col negare l’impegno, e dà nelle scandescenze. — — Da poca speranza vien sollevato, come per contrario da poco timore ab- battuto. Wir ſehen in dieſen Aeußerungen wohl die Nachwirkung perſoͤnlicher Mißverhaͤltniſſe. In dem nemlichen Sinne aber werden auch die uͤbrigen Per- ſoͤnlichkeiten geſchildert. Laura Altieri, von welcher doch das Gluͤck dieſer Familie komme, befinde ſich in derſelben nicht wohl, deshalb laſſe man ſie niemals zu den Fuͤßen des Papſtes kommen. Ich glaube daran doch nicht recht. Unbedenklicher iſt es, wenn der Verfaſſer die Vereinigung des Hofes mit den Squadroniſten ſchildert: wir ſahen ſchon, wie ſie ſich vorbereitete. Barberini, Rospiglioſi und Chigi waren jetzt in geringe- rem Anſehen: die Squadroniſten drangen beſonders auf Unabhaͤngigkeit der Curie von den fremden Hoͤfen: ſie hatten die Altieri ganz an ſich gezogen. Der Verfaſſer behauptet, die Verwickelungen, in welche der Hof ſich einlaſſe, ſeyen ihnen zuzuſchreiben. Er geht naͤher auf dieſe ein; allein in ſeiner irritirten Weiſe. Den Kaiſer muͤſſe der Hof zuweilen durch geiſtliche Geſchenke, Agnus dei u. ſ. w. zu beguͤtigen ſuchen. Mit Frankreich habe man ſo viel Irrungen, daß man ſich freue, wenn es in Krieg verwickelt werde. Wie ſollte da der Papſt noch den Frieden vermitteln? — Spanien beklage ſich unter andern, daß man im Kirchenſtaat die 31*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/495>, abgerufen am 24.11.2024.