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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Corraro Relatione di Roma 1660.
nungen gemacht. Hof und Staat erwarteten ihre Restauration, die
Kirche die Herstellung der alten Disciplin von ihm: auch unter den
Protestanten gab es Viele, die sich ihm näherten: es erregte deshalb
ein allgemeines Aufsehen und Erstaunen, als er so bald eben wie seine
letzten Vorfahren zu regieren anfing. Die gute Meinung schlug in
einen heftigen Widerwillen um.

Der erste Botschafter den die Venezianer nach jener glückwün-
schenden Gesandtschaft in Rom hielten, war Hieronymo Giustiniano.
Seine Depeschen fallen in das Jahr 1656. Er starb an der Pest.

An die Stelle desselben ward Anzolo Corraro, damals Podesta
von Padua, ernannt. Er zögerte so lange, daß man schon einen an-
dern für ihn wählte: hierauf jedoch eilte er nach Rom, und residirte
daselbst 1657 bis 1659.

Die Relation die er bei seiner Rückkehr von dem Hofe erstat-
tete, fiel nun nicht sehr günstig aus. Der Papst und sein Haus wer-
den mit Tadel überhäuft.

Es ist für uns indeß eines besondern Umstandes halber nicht
nothwendig, einen ausführlicheren Auszug derselben mitzutheilen.

Diese Relation brachte einen so lebhaften Eindruck hervor, daß
sie sich sogleich den Weg in das Publicum bahnte.

Eine französische Uebersetzung derselben erschien zu Leiden: Re-
lation de la cour de Rome faite l'an 1661(0) au conseil de
Pregadi par l'excellme Seigneur Angelo Corraro: -- chez Lo-
rens,
1663, die das italienische Original, wo ich sie irgend ver-
glichen habe, vollständig wiedergiebt, und noch heute nicht selten ist.

Sie ward in dem Momente gedruckt, als die Entzweiung der
Chigi mit Crequy die allgemeine Aufmerksamkeit auf Rom richtete;
die Publication sollte mit dazu dienen, die öffentliche Meinung ge-
gen den Papst zu entflammen. Sie ist Beuningen dedicirt, der noch
nicht gesagt hatte: "Sta sol."

133.
Relatione di Roma dell' eccelentmo Sigr Niccolo Sagredo. 1661.

Eine Relation von der ich kein authentisches Exemplar sah, und
die sich auch unter dem Namen Anzolo Corrers findet.

Da es aber kein Zweifel seyn kann, daß die vorige wirklich
von Correr stammt, dessen Thätigkeit im Kriege wider die Barbe-
rini ausdrücklich darin erwähnt wird, und in der vorliegenden da-
gegen der Autor den Wunsch äußert, von 27 jährigen Wanderun-
gen entbunden sich nun zu Hause der Erziehung seiner Kinder wid-
men zu dürfen, was wahrhaftig auf Correr nicht paßt, der zuletzt
Podesta in Padua gewesen war, so trage ich kein Bedenken, den
Namen Sagredo für den richtigen zu halten. Sagredo war, wie
wir wissen, schon einmal nach Rom, dann nach Wien gesandt wor-
den: jetzt ging er zum zweiten Mal nach Rom. Er war überhaupt
einer der am meisten beschäftigten venezianischen Staatsmänner, und
wurde zuletzt Doge.

Die Relation ist lange nicht so scharf wie die vorige: doch lobt sie
darum nicht: sie hat eher das Gepräge leidenschaftloser Beobachtung.


30*

Corraro Relatione di Roma 1660.
nungen gemacht. Hof und Staat erwarteten ihre Reſtauration, die
Kirche die Herſtellung der alten Disciplin von ihm: auch unter den
Proteſtanten gab es Viele, die ſich ihm naͤherten: es erregte deshalb
ein allgemeines Aufſehen und Erſtaunen, als er ſo bald eben wie ſeine
letzten Vorfahren zu regieren anfing. Die gute Meinung ſchlug in
einen heftigen Widerwillen um.

Der erſte Botſchafter den die Venezianer nach jener gluͤckwuͤn-
ſchenden Geſandtſchaft in Rom hielten, war Hieronymo Giuſtiniano.
Seine Depeſchen fallen in das Jahr 1656. Er ſtarb an der Peſt.

An die Stelle deſſelben ward Anzolo Corraro, damals Podeſta
von Padua, ernannt. Er zoͤgerte ſo lange, daß man ſchon einen an-
dern fuͤr ihn waͤhlte: hierauf jedoch eilte er nach Rom, und reſidirte
daſelbſt 1657 bis 1659.

Die Relation die er bei ſeiner Ruͤckkehr von dem Hofe erſtat-
tete, fiel nun nicht ſehr guͤnſtig aus. Der Papſt und ſein Haus wer-
den mit Tadel uͤberhaͤuft.

Es iſt fuͤr uns indeß eines beſondern Umſtandes halber nicht
nothwendig, einen ausfuͤhrlicheren Auszug derſelben mitzutheilen.

Dieſe Relation brachte einen ſo lebhaften Eindruck hervor, daß
ſie ſich ſogleich den Weg in das Publicum bahnte.

Eine franzoͤſiſche Ueberſetzung derſelben erſchien zu Leiden: Re-
lation de la cour de Rome faite l’an 1661(0) au conseil de
Pregadi par l’excellme Seigneur Angelo Corraro: — chez Lo-
rens,
1663, die das italieniſche Original, wo ich ſie irgend ver-
glichen habe, vollſtaͤndig wiedergiebt, und noch heute nicht ſelten iſt.

Sie ward in dem Momente gedruckt, als die Entzweiung der
Chigi mit Crequy die allgemeine Aufmerkſamkeit auf Rom richtete;
die Publication ſollte mit dazu dienen, die oͤffentliche Meinung ge-
gen den Papſt zu entflammen. Sie iſt Beuningen dedicirt, der noch
nicht geſagt hatte: „Sta sol.“

133.
Relatione di Roma dell’ eccelentmo Sigr Niccolò Sagredo. 1661.

Eine Relation von der ich kein authentiſches Exemplar ſah, und
die ſich auch unter dem Namen Anzolo Corrers findet.

Da es aber kein Zweifel ſeyn kann, daß die vorige wirklich
von Correr ſtammt, deſſen Thaͤtigkeit im Kriege wider die Barbe-
rini ausdruͤcklich darin erwaͤhnt wird, und in der vorliegenden da-
gegen der Autor den Wunſch aͤußert, von 27 jaͤhrigen Wanderun-
gen entbunden ſich nun zu Hauſe der Erziehung ſeiner Kinder wid-
men zu duͤrfen, was wahrhaftig auf Correr nicht paßt, der zuletzt
Podeſta in Padua geweſen war, ſo trage ich kein Bedenken, den
Namen Sagredo fuͤr den richtigen zu halten. Sagredo war, wie
wir wiſſen, ſchon einmal nach Rom, dann nach Wien geſandt wor-
den: jetzt ging er zum zweiten Mal nach Rom. Er war uͤberhaupt
einer der am meiſten beſchaͤftigten venezianiſchen Staatsmaͤnner, und
wurde zuletzt Doge.

Die Relation iſt lange nicht ſo ſcharf wie die vorige: doch lobt ſie
darum nicht: ſie hat eher das Gepraͤge leidenſchaftloſer Beobachtung.


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[467/0479] Corraro Relatione di Roma 1660. nungen gemacht. Hof und Staat erwarteten ihre Reſtauration, die Kirche die Herſtellung der alten Disciplin von ihm: auch unter den Proteſtanten gab es Viele, die ſich ihm naͤherten: es erregte deshalb ein allgemeines Aufſehen und Erſtaunen, als er ſo bald eben wie ſeine letzten Vorfahren zu regieren anfing. Die gute Meinung ſchlug in einen heftigen Widerwillen um. Der erſte Botſchafter den die Venezianer nach jener gluͤckwuͤn- ſchenden Geſandtſchaft in Rom hielten, war Hieronymo Giuſtiniano. Seine Depeſchen fallen in das Jahr 1656. Er ſtarb an der Peſt. An die Stelle deſſelben ward Anzolo Corraro, damals Podeſta von Padua, ernannt. Er zoͤgerte ſo lange, daß man ſchon einen an- dern fuͤr ihn waͤhlte: hierauf jedoch eilte er nach Rom, und reſidirte daſelbſt 1657 bis 1659. Die Relation die er bei ſeiner Ruͤckkehr von dem Hofe erſtat- tete, fiel nun nicht ſehr guͤnſtig aus. Der Papſt und ſein Haus wer- den mit Tadel uͤberhaͤuft. Es iſt fuͤr uns indeß eines beſondern Umſtandes halber nicht nothwendig, einen ausfuͤhrlicheren Auszug derſelben mitzutheilen. Dieſe Relation brachte einen ſo lebhaften Eindruck hervor, daß ſie ſich ſogleich den Weg in das Publicum bahnte. Eine franzoͤſiſche Ueberſetzung derſelben erſchien zu Leiden: Re- lation de la cour de Rome faite l’an 1661(0) au conseil de Pregadi par l’excellme Seigneur Angelo Corraro: — chez Lo- rens, 1663, die das italieniſche Original, wo ich ſie irgend ver- glichen habe, vollſtaͤndig wiedergiebt, und noch heute nicht ſelten iſt. Sie ward in dem Momente gedruckt, als die Entzweiung der Chigi mit Crequy die allgemeine Aufmerkſamkeit auf Rom richtete; die Publication ſollte mit dazu dienen, die oͤffentliche Meinung ge- gen den Papſt zu entflammen. Sie iſt Beuningen dedicirt, der noch nicht geſagt hatte: „Sta sol.“ 133. Relatione di Roma dell’ eccelentmo Sigr Niccolò Sagredo. 1661. Eine Relation von der ich kein authentiſches Exemplar ſah, und die ſich auch unter dem Namen Anzolo Corrers findet. Da es aber kein Zweifel ſeyn kann, daß die vorige wirklich von Correr ſtammt, deſſen Thaͤtigkeit im Kriege wider die Barbe- rini ausdruͤcklich darin erwaͤhnt wird, und in der vorliegenden da- gegen der Autor den Wunſch aͤußert, von 27 jaͤhrigen Wanderun- gen entbunden ſich nun zu Hauſe der Erziehung ſeiner Kinder wid- men zu duͤrfen, was wahrhaftig auf Correr nicht paßt, der zuletzt Podeſta in Padua geweſen war, ſo trage ich kein Bedenken, den Namen Sagredo fuͤr den richtigen zu halten. Sagredo war, wie wir wiſſen, ſchon einmal nach Rom, dann nach Wien geſandt wor- den: jetzt ging er zum zweiten Mal nach Rom. Er war uͤberhaupt einer der am meiſten beſchaͤftigten venezianiſchen Staatsmaͤnner, und wurde zuletzt Doge. Die Relation iſt lange nicht ſo ſcharf wie die vorige: doch lobt ſie darum nicht: ſie hat eher das Gepraͤge leidenſchaftloſer Beobachtung. 30*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/479>, abgerufen am 23.11.2024.