Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh.
verließen Rom: auch in dem friedlichen Italien rüstete man
sich noch einmal einheimische Waffen zu versuchen.

Zuerst im Mai 1643 griffen die Verbündeten im Fer-
raresischen an. Der Herzog von Parma nahm ein paar
feste Plätze: Bondeno, Stellata: die Venezianer und Mo-
denesen vereinigten sich, und rückten tiefer ins Land. Aber
auch der Papst, wie gesagt, hatte sich indeß aus aller Kraft
gerüstet: er hatte 30000 Mann zu Fuß, 6000 zu Pferde
beisammen: die Venezianer trugen Bedenken eine so statt-
liche Macht anzugreifen: sie zogen sich zurück, und in kur-
zem finden wir nun die kirchlichen Truppen in das Mode-
nesische und ins Polesine di Rovigo vordringen 1).

Der Großherzog von Toscana warf sich dann verge-
bens auf Perugia: die Truppen des Papstes streiften hie
und da sogar ins großherzogliche Gebiet.

Wie sonderbar nehmen sich diese Bewegungen aus:
von beiden Seiten so ganz und gar ohne Nachdruck und
Nerv, verglichen mit den gleichzeitigen Kämpfen in Deutsch-
land, mit jenen schwedischen Zügen von der Ostsee bis in
die Nähe von Wien, von Mähren bis nach Jütland!
Und doch waren sie nicht einmal rein italienisch; zu bei-
den Seiten dienten Fremde: in dem verbündeten Heere mach-
ten die Deutschen, in dem kirchlichen die Franzosen die grö-
ßere Anzahl aus.

Die Folge hatte indessen auch der italienische Krieg,
daß das Land erschöpft wurde und besonders die päpst-
lichen Cassen in die größte Verlegenheit geriethen 2).


1) Frizzi: Memorie per la storia di Ferrara V p. 100.
2) Riccius: Rerum Italicarum sui temporis narrationes, Narr.

Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
verließen Rom: auch in dem friedlichen Italien ruͤſtete man
ſich noch einmal einheimiſche Waffen zu verſuchen.

Zuerſt im Mai 1643 griffen die Verbuͤndeten im Fer-
rareſiſchen an. Der Herzog von Parma nahm ein paar
feſte Plaͤtze: Bondeno, Stellata: die Venezianer und Mo-
deneſen vereinigten ſich, und ruͤckten tiefer ins Land. Aber
auch der Papſt, wie geſagt, hatte ſich indeß aus aller Kraft
geruͤſtet: er hatte 30000 Mann zu Fuß, 6000 zu Pferde
beiſammen: die Venezianer trugen Bedenken eine ſo ſtatt-
liche Macht anzugreifen: ſie zogen ſich zuruͤck, und in kur-
zem finden wir nun die kirchlichen Truppen in das Mode-
neſiſche und ins Poleſine di Rovigo vordringen 1).

Der Großherzog von Toscana warf ſich dann verge-
bens auf Perugia: die Truppen des Papſtes ſtreiften hie
und da ſogar ins großherzogliche Gebiet.

Wie ſonderbar nehmen ſich dieſe Bewegungen aus:
von beiden Seiten ſo ganz und gar ohne Nachdruck und
Nerv, verglichen mit den gleichzeitigen Kaͤmpfen in Deutſch-
land, mit jenen ſchwediſchen Zuͤgen von der Oſtſee bis in
die Naͤhe von Wien, von Maͤhren bis nach Juͤtland!
Und doch waren ſie nicht einmal rein italieniſch; zu bei-
den Seiten dienten Fremde: in dem verbuͤndeten Heere mach-
ten die Deutſchen, in dem kirchlichen die Franzoſen die groͤ-
ßere Anzahl aus.

Die Folge hatte indeſſen auch der italieniſche Krieg,
daß das Land erſchoͤpft wurde und beſonders die paͤpſt-
lichen Caſſen in die groͤßte Verlegenheit geriethen 2).


1) Frizzi: Memorie per la storia di Ferrara V p. 100.
2) Riccius: Rerum Italicarum sui temporis narrationes, Narr.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0046" n="34"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VIII.</hi><hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 17. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
verließen Rom: auch in dem friedlichen Italien ru&#x0364;&#x017F;tete man<lb/>
&#x017F;ich noch einmal einheimi&#x017F;che Waffen zu ver&#x017F;uchen.</p><lb/>
          <p>Zuer&#x017F;t im Mai 1643 griffen die Verbu&#x0364;ndeten im Fer-<lb/>
rare&#x017F;i&#x017F;chen an. Der Herzog von Parma nahm ein paar<lb/>
fe&#x017F;te Pla&#x0364;tze: Bondeno, Stellata: die Venezianer und Mo-<lb/>
dene&#x017F;en vereinigten &#x017F;ich, und ru&#x0364;ckten tiefer ins Land. Aber<lb/>
auch der Pap&#x017F;t, wie ge&#x017F;agt, hatte &#x017F;ich indeß aus aller Kraft<lb/>
geru&#x0364;&#x017F;tet: er hatte 30000 Mann zu Fuß, 6000 zu Pferde<lb/>
bei&#x017F;ammen: die Venezianer trugen Bedenken eine &#x017F;o &#x017F;tatt-<lb/>
liche Macht anzugreifen: &#x017F;ie zogen &#x017F;ich zuru&#x0364;ck, und in kur-<lb/>
zem finden wir nun die kirchlichen Truppen in das Mode-<lb/>
ne&#x017F;i&#x017F;che und ins Pole&#x017F;ine di Rovigo vordringen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Frizzi: Memorie per la storia di Ferrara V p.</hi> 100.</note>.</p><lb/>
          <p>Der Großherzog von Toscana warf &#x017F;ich dann verge-<lb/>
bens auf Perugia: die Truppen des Pap&#x017F;tes &#x017F;treiften hie<lb/>
und da &#x017F;ogar ins großherzogliche Gebiet.</p><lb/>
          <p>Wie &#x017F;onderbar nehmen &#x017F;ich die&#x017F;e Bewegungen aus:<lb/>
von beiden Seiten &#x017F;o ganz und gar ohne Nachdruck und<lb/>
Nerv, verglichen mit den gleichzeitigen Ka&#x0364;mpfen in Deut&#x017F;ch-<lb/>
land, mit jenen &#x017F;chwedi&#x017F;chen Zu&#x0364;gen von der O&#x017F;t&#x017F;ee bis in<lb/>
die Na&#x0364;he von Wien, von Ma&#x0364;hren bis nach Ju&#x0364;tland!<lb/>
Und doch waren &#x017F;ie nicht einmal rein italieni&#x017F;ch; zu bei-<lb/>
den Seiten dienten Fremde: in dem verbu&#x0364;ndeten Heere mach-<lb/>
ten die Deut&#x017F;chen, in dem kirchlichen die Franzo&#x017F;en die gro&#x0364;-<lb/>
ßere Anzahl aus.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Die</hi> Folge hatte inde&#x017F;&#x017F;en auch der italieni&#x017F;che Krieg,<lb/>
daß das Land er&#x017F;cho&#x0364;pft wurde und be&#x017F;onders die pa&#x0364;p&#x017F;t-<lb/>
lichen Ca&#x017F;&#x017F;en in die gro&#x0364;ßte Verlegenheit geriethen <note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Riccius: Rerum Italicarum sui temporis narrationes, Narr.</hi></note>.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0046] Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. verließen Rom: auch in dem friedlichen Italien ruͤſtete man ſich noch einmal einheimiſche Waffen zu verſuchen. Zuerſt im Mai 1643 griffen die Verbuͤndeten im Fer- rareſiſchen an. Der Herzog von Parma nahm ein paar feſte Plaͤtze: Bondeno, Stellata: die Venezianer und Mo- deneſen vereinigten ſich, und ruͤckten tiefer ins Land. Aber auch der Papſt, wie geſagt, hatte ſich indeß aus aller Kraft geruͤſtet: er hatte 30000 Mann zu Fuß, 6000 zu Pferde beiſammen: die Venezianer trugen Bedenken eine ſo ſtatt- liche Macht anzugreifen: ſie zogen ſich zuruͤck, und in kur- zem finden wir nun die kirchlichen Truppen in das Mode- neſiſche und ins Poleſine di Rovigo vordringen 1). Der Großherzog von Toscana warf ſich dann verge- bens auf Perugia: die Truppen des Papſtes ſtreiften hie und da ſogar ins großherzogliche Gebiet. Wie ſonderbar nehmen ſich dieſe Bewegungen aus: von beiden Seiten ſo ganz und gar ohne Nachdruck und Nerv, verglichen mit den gleichzeitigen Kaͤmpfen in Deutſch- land, mit jenen ſchwediſchen Zuͤgen von der Oſtſee bis in die Naͤhe von Wien, von Maͤhren bis nach Juͤtland! Und doch waren ſie nicht einmal rein italieniſch; zu bei- den Seiten dienten Fremde: in dem verbuͤndeten Heere mach- ten die Deutſchen, in dem kirchlichen die Franzoſen die groͤ- ßere Anzahl aus. Die Folge hatte indeſſen auch der italieniſche Krieg, daß das Land erſchoͤpft wurde und beſonders die paͤpſt- lichen Caſſen in die groͤßte Verlegenheit geriethen 2). 1) Frizzi: Memorie per la storia di Ferrara V p. 100. 2) Riccius: Rerum Italicarum sui temporis narrationes, Narr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/46
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/46>, abgerufen am 23.11.2024.