wird sie geradezu copirt. Am auffallendsten bei Socher Historia provinciae Austriae, der Sacchinus häufig bis auf die einzelnen Wendungen copirt, und z. B. das "pudet referre" seines Origi- nals in einem "pudet sane referre" wiederbringt. (Sacchin. IV, VI, 78. Socher VI, n. 33.)
Jedoch ich will mich nicht in eine Kritik dieser Autoren einlas- sen; das Feld ist allzu weit, und verführerisch sind sie ohnehin in unsern Zeiten nicht, man glaubt ihnen eher zu wenig als zu viel; nur über die Geschichte Ignatio Loiola's selbst sey mir eine Bemer- kung erlaubt.
Wenn man Orlandinus mit den beiden andern wichtigern Ge- schichtschreibern des Loiola vergleicht, so ist auffallend, daß er mit dem einen von ihnen, Maffei -- de vita et moribus D. Ignatii Loiolae -- bei weitem mehr übereinstimmt, als mit dem andern, Pietro Ri- badeneira. Auch die Art jener Uebereinstimmung ist merkwürdig. Das Buch von Maffei erschien bereits 1585; erst 15 Jahre später arbeitete Orlandinus das seine aus, und bei der großen Aehn- lichkeit zwischen beiden könnte Maffei dem andern vorgelegen zu haben scheinen. Nichts desto minder ist Maffei allenthalben gesuch- ter, stylisirter: Orlandinus natürlicher, einfacher, und wohl auch an- schaulicher. Das Räthsel löst sich auf, wenn wir bemerken, daß beide aus derselben Quelle, den Aufzeichnungen des Polancus schöpf- ten. Maffei nennt ihn nicht, doch belehrt uns ein besonderer Auf- satz von Sacchinus, "Cujus sit auctoritatis quod in B. Cajetani vita de b. Ignatio traditur", der sich in den spätern Ausgaben des Orlandinus findet, daß Everardo Mercuriano ihm die Handschriften von Polancus vorlegte. Aus demselben Polancus schöpfte darnach Orlandinus hauptsächlich. Kein Wunder wenn sie übereinstimmen Nur werden wir bei Orlandinus die ursprüngliche Aufzeichnung ech- ter haben als bei Maffei: -- jener ist fleißiger, ausführlicher, do- cumentirter: dieser sucht seinen Ruhm in historischem Schmuck und gutem Latein.
Woher kommen nun aber die Abweichungen Ribadeneiras? -- Er schöpfte hauptsächlich aus einem andern schriftlichen Denkmal, den Aufzeichnungen des Ludovicus Consalvus.
Sowohl Consalvus als Polancus hatten ihre Nachrichten aus den mündlichen Mittheilungen Ignatios selbst; so viel wir jedoch se- hen, nahm Polancus mehr die zufälligen und gelegentlichen Aeuße- rungen des Generals auf, während ihn Consalvus zu bewegen wußte, sich einmal zu einer ausführlichen Erzählung, namentlich über seine erste Erweckung, herbeizulassen.
Und so ergibt sich, daß wir hier eine doppelte Tradition unter- scheiden müssen, die eine des Polancus, die in Maffei und Orlan- dino, die andre des Consalvus, die in Ribadeneira wiederholt ist.
Am merkwürdigsten bei weitem ist Consalvus: es ist eigentlich eine, so viel sich hier denken läßt, authentische Ueberlieferung Igna- tios selbst, bei der jedoch die Späteren nicht stehn bleiben.
Schon Ribadeneira ging um vieles weiter. Z. B. nahm er die Erzählung der achttägigen Ekstase, welche Ignatius zu Manresa gehabt, aus der er mit dem Wort Jesu erwacht sey, aus den Erzäh-
des Jeſuiterordens.
wird ſie geradezu copirt. Am auffallendſten bei Socher Historia provinciae Austriae, der Sacchinus haͤufig bis auf die einzelnen Wendungen copirt, und z. B. das „pudet referre“ ſeines Origi- nals in einem „pudet sane referre“ wiederbringt. (Sacchin. IV, VI, 78. Socher VI, n. 33.)
Jedoch ich will mich nicht in eine Kritik dieſer Autoren einlaſ- ſen; das Feld iſt allzu weit, und verfuͤhreriſch ſind ſie ohnehin in unſern Zeiten nicht, man glaubt ihnen eher zu wenig als zu viel; nur uͤber die Geſchichte Ignatio Loiola’s ſelbſt ſey mir eine Bemer- kung erlaubt.
Wenn man Orlandinus mit den beiden andern wichtigern Ge- ſchichtſchreibern des Loiola vergleicht, ſo iſt auffallend, daß er mit dem einen von ihnen, Maffei — de vita et moribus D. Ignatii Loiolae — bei weitem mehr uͤbereinſtimmt, als mit dem andern, Pietro Ri- badeneira. Auch die Art jener Uebereinſtimmung iſt merkwuͤrdig. Das Buch von Maffei erſchien bereits 1585; erſt 15 Jahre ſpaͤter arbeitete Orlandinus das ſeine aus, und bei der großen Aehn- lichkeit zwiſchen beiden koͤnnte Maffei dem andern vorgelegen zu haben ſcheinen. Nichts deſto minder iſt Maffei allenthalben geſuch- ter, ſtyliſirter: Orlandinus natuͤrlicher, einfacher, und wohl auch an- ſchaulicher. Das Raͤthſel loͤſt ſich auf, wenn wir bemerken, daß beide aus derſelben Quelle, den Aufzeichnungen des Polancus ſchoͤpf- ten. Maffei nennt ihn nicht, doch belehrt uns ein beſonderer Auf- ſatz von Sacchinus, „Cujus sit auctoritatis quod in B. Cajetani vita de b. Ignatio traditur“, der ſich in den ſpaͤtern Ausgaben des Orlandinus findet, daß Everardo Mercuriano ihm die Handſchriften von Polancus vorlegte. Aus demſelben Polancus ſchoͤpfte darnach Orlandinus hauptſaͤchlich. Kein Wunder wenn ſie uͤbereinſtimmen Nur werden wir bei Orlandinus die urſpruͤngliche Aufzeichnung ech- ter haben als bei Maffei: — jener iſt fleißiger, ausfuͤhrlicher, do- cumentirter: dieſer ſucht ſeinen Ruhm in hiſtoriſchem Schmuck und gutem Latein.
Woher kommen nun aber die Abweichungen Ribadeneiras? — Er ſchoͤpfte hauptſaͤchlich aus einem andern ſchriftlichen Denkmal, den Aufzeichnungen des Ludovicus Conſalvus.
Sowohl Conſalvus als Polancus hatten ihre Nachrichten aus den muͤndlichen Mittheilungen Ignatios ſelbſt; ſo viel wir jedoch ſe- hen, nahm Polancus mehr die zufaͤlligen und gelegentlichen Aeuße- rungen des Generals auf, waͤhrend ihn Conſalvus zu bewegen wußte, ſich einmal zu einer ausfuͤhrlichen Erzaͤhlung, namentlich uͤber ſeine erſte Erweckung, herbeizulaſſen.
Und ſo ergibt ſich, daß wir hier eine doppelte Tradition unter- ſcheiden muͤſſen, die eine des Polancus, die in Maffei und Orlan- dino, die andre des Conſalvus, die in Ribadeneira wiederholt iſt.
Am merkwuͤrdigſten bei weitem iſt Conſalvus: es iſt eigentlich eine, ſo viel ſich hier denken laͤßt, authentiſche Ueberlieferung Igna- tios ſelbſt, bei der jedoch die Spaͤteren nicht ſtehn bleiben.
Schon Ribadeneira ging um vieles weiter. Z. B. nahm er die Erzaͤhlung der achttaͤgigen Ekſtaſe, welche Ignatius zu Manreſa gehabt, aus der er mit dem Wort Jeſu erwacht ſey, aus den Erzaͤh-
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[383/0395]
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wird ſie geradezu copirt. Am auffallendſten bei Socher Historia
provinciae Austriae, der Sacchinus haͤufig bis auf die einzelnen
Wendungen copirt, und z. B. das „pudet referre“ ſeines Origi-
nals in einem „pudet sane referre“ wiederbringt. (Sacchin. IV,
VI, 78. Socher VI, n. 33.)
Jedoch ich will mich nicht in eine Kritik dieſer Autoren einlaſ-
ſen; das Feld iſt allzu weit, und verfuͤhreriſch ſind ſie ohnehin in
unſern Zeiten nicht, man glaubt ihnen eher zu wenig als zu viel;
nur uͤber die Geſchichte Ignatio Loiola’s ſelbſt ſey mir eine Bemer-
kung erlaubt.
Wenn man Orlandinus mit den beiden andern wichtigern Ge-
ſchichtſchreibern des Loiola vergleicht, ſo iſt auffallend, daß er mit dem
einen von ihnen, Maffei — de vita et moribus D. Ignatii Loiolae
— bei weitem mehr uͤbereinſtimmt, als mit dem andern, Pietro Ri-
badeneira. Auch die Art jener Uebereinſtimmung iſt merkwuͤrdig.
Das Buch von Maffei erſchien bereits 1585; erſt 15 Jahre ſpaͤter
arbeitete Orlandinus das ſeine aus, und bei der großen Aehn-
lichkeit zwiſchen beiden koͤnnte Maffei dem andern vorgelegen zu
haben ſcheinen. Nichts deſto minder iſt Maffei allenthalben geſuch-
ter, ſtyliſirter: Orlandinus natuͤrlicher, einfacher, und wohl auch an-
ſchaulicher. Das Raͤthſel loͤſt ſich auf, wenn wir bemerken, daß
beide aus derſelben Quelle, den Aufzeichnungen des Polancus ſchoͤpf-
ten. Maffei nennt ihn nicht, doch belehrt uns ein beſonderer Auf-
ſatz von Sacchinus, „Cujus sit auctoritatis quod in B. Cajetani
vita de b. Ignatio traditur“, der ſich in den ſpaͤtern Ausgaben des
Orlandinus findet, daß Everardo Mercuriano ihm die Handſchriften
von Polancus vorlegte. Aus demſelben Polancus ſchoͤpfte darnach
Orlandinus hauptſaͤchlich. Kein Wunder wenn ſie uͤbereinſtimmen
Nur werden wir bei Orlandinus die urſpruͤngliche Aufzeichnung ech-
ter haben als bei Maffei: — jener iſt fleißiger, ausfuͤhrlicher, do-
cumentirter: dieſer ſucht ſeinen Ruhm in hiſtoriſchem Schmuck und
gutem Latein.
Woher kommen nun aber die Abweichungen Ribadeneiras? —
Er ſchoͤpfte hauptſaͤchlich aus einem andern ſchriftlichen Denkmal, den
Aufzeichnungen des Ludovicus Conſalvus.
Sowohl Conſalvus als Polancus hatten ihre Nachrichten aus
den muͤndlichen Mittheilungen Ignatios ſelbſt; ſo viel wir jedoch ſe-
hen, nahm Polancus mehr die zufaͤlligen und gelegentlichen Aeuße-
rungen des Generals auf, waͤhrend ihn Conſalvus zu bewegen wußte,
ſich einmal zu einer ausfuͤhrlichen Erzaͤhlung, namentlich uͤber ſeine
erſte Erweckung, herbeizulaſſen.
Und ſo ergibt ſich, daß wir hier eine doppelte Tradition unter-
ſcheiden muͤſſen, die eine des Polancus, die in Maffei und Orlan-
dino, die andre des Conſalvus, die in Ribadeneira wiederholt iſt.
Am merkwuͤrdigſten bei weitem iſt Conſalvus: es iſt eigentlich
eine, ſo viel ſich hier denken laͤßt, authentiſche Ueberlieferung Igna-
tios ſelbſt, bei der jedoch die Spaͤteren nicht ſtehn bleiben.
Schon Ribadeneira ging um vieles weiter. Z. B. nahm er die
Erzaͤhlung der achttaͤgigen Ekſtaſe, welche Ignatius zu Manreſa
gehabt, aus der er mit dem Wort Jeſu erwacht ſey, aus den Erzaͤh-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/395>, abgerufen am 07.07.2024.
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