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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Sarpi.
Storia del concilio Tridentino di Pietro Soave Polano. Erste,
von fremden Zusätzen freie Ausgabe, Genf 1629.

Zuerst in England, durch einen zum Protestantismus überge-
tretenen Erzbischof, Dominis von Spalatro, ward dieses Werk pu-
blicirt. Obwohl Fra Paolo Sarpi sich niemals zu demselben bekannt
hat, so läßt sich doch nicht zweifeln, daß er der Autor desselben sey.
Aus seinen Briefen sieht man, daß er sich mit einer solchen Ge-
schichte beschäftigte; -- in Venedig findet sich eine Abschrift, die er
sich machen lassen, mit Correcturen von seiner Hand; -- man kann
sagen, er war geradezu der einzige Mensch, zu allen Zeiten, der eine
Geschichte wie sie hier vor uns liegt, verfassen konnte.

Fra Paolo stand an der Spitze einer katholischen Opposition
gegen den Papst. Ihr Widerspruch ging vom Gesichtspunkte des
Staates aus, näherte sich aber besonders durch augustinianische
Grundsätze den protestantischen Ansichten in vielen Stücken: zuweilen
ist sie sogar in den Ruf des Protestantismus gerathen.

Dieser Richtung halber ist jedoch Sarpi's Arbeit nicht sogleich zu
verdächtigen. Es gab in der Welt fast nur entschiedene Anhänger und
entschiedene Gegner dieses Conciliums. Von jenen war nichts als
Lobeserhebung, von diesen nichts als Verwerfung zu erwarten. Sar-
pis Stellung war im Ganzen außerhalb dieser entgegengesetzten Rich-
tungen. Er hatte keinen Anlaß es durchaus zu vertheidigen, er war
nicht in der Nothwendigkeit es allenthalben zu verwerfen. Seine
Stellung verschaffte ihm die Möglichkeit einer freiern Ansicht, --
in der Mitte einer italienischen katholischen Republik konnte er auch
allein den Stoff sammeln dessen er bedurfte.

Wollen wir uns nun vergegenwärtigen wie er arbeitete, so müs-
sen wir uns erst erinnern, wie man bis zu seiner Zeit größere histo-
rische Werke verfaßte.

Man hatte sich noch nicht die Aufgabe gemacht weder die Ma-
terialien in einer gleichartigen Vollständigkeit zu sammeln, was ohne-
hin so schwer zu erreichen ist, noch auch sie erst kritisch zu sichten,
auf unmittelbare Kunde zu dringen, und den Stoff geistig durchzuar-
beiten.

Wie Wenige machen es sich noch heutzutage schwer!

Man begnügte sich damals die im Allgemeinen als glaubwür-
dig betrachteten Schriftsteller nicht sowohl zu Grunde zu legen als
geradezu herüberzunehmen, ihre Erzählungen zu ergänzen, d. i. wo
man es vermochte, sie zu adoptiren; wo nicht neu aufgefundene hand-
schriftliche Nachrichten an der gehörigen Stelle einzuschalten. Dann
war die Hauptbemühung, diesem Stoff einen gleichmäßigen Styl
zu geben.

So besteht Sleidan aus den Documenten der Reformationshi-
storie, wie er sie haben konnte, die er dann ohne viel Kritik an
einander reihte und durch die Farbe seiner Latinität in ein gleichar-
tiges Ganze verwandelte.

Thuanus hat ohne Bedenken lange Stellen aus andern Ge-
schichtschreibern herübergenommen. Des Buchanan schottische Ge-
schichte findet man auseinandergenommen und an die verschiedenen
Stellen des fremden Werkes eingeschaltet. Die englische Geschichte

Sarpi.
Storia del concilio Tridentino di Pietro Soave Polano. Erſte,
von fremden Zuſaͤtzen freie Ausgabe, Genf 1629.

Zuerſt in England, durch einen zum Proteſtantismus uͤberge-
tretenen Erzbiſchof, Dominis von Spalatro, ward dieſes Werk pu-
blicirt. Obwohl Fra Paolo Sarpi ſich niemals zu demſelben bekannt
hat, ſo laͤßt ſich doch nicht zweifeln, daß er der Autor deſſelben ſey.
Aus ſeinen Briefen ſieht man, daß er ſich mit einer ſolchen Ge-
ſchichte beſchaͤftigte; — in Venedig findet ſich eine Abſchrift, die er
ſich machen laſſen, mit Correcturen von ſeiner Hand; — man kann
ſagen, er war geradezu der einzige Menſch, zu allen Zeiten, der eine
Geſchichte wie ſie hier vor uns liegt, verfaſſen konnte.

Fra Paolo ſtand an der Spitze einer katholiſchen Oppoſition
gegen den Papſt. Ihr Widerſpruch ging vom Geſichtspunkte des
Staates aus, naͤherte ſich aber beſonders durch auguſtinianiſche
Grundſaͤtze den proteſtantiſchen Anſichten in vielen Stuͤcken: zuweilen
iſt ſie ſogar in den Ruf des Proteſtantismus gerathen.

Dieſer Richtung halber iſt jedoch Sarpi’s Arbeit nicht ſogleich zu
verdaͤchtigen. Es gab in der Welt faſt nur entſchiedene Anhaͤnger und
entſchiedene Gegner dieſes Conciliums. Von jenen war nichts als
Lobeserhebung, von dieſen nichts als Verwerfung zu erwarten. Sar-
pis Stellung war im Ganzen außerhalb dieſer entgegengeſetzten Rich-
tungen. Er hatte keinen Anlaß es durchaus zu vertheidigen, er war
nicht in der Nothwendigkeit es allenthalben zu verwerfen. Seine
Stellung verſchaffte ihm die Moͤglichkeit einer freiern Anſicht, —
in der Mitte einer italieniſchen katholiſchen Republik konnte er auch
allein den Stoff ſammeln deſſen er bedurfte.

Wollen wir uns nun vergegenwaͤrtigen wie er arbeitete, ſo muͤſ-
ſen wir uns erſt erinnern, wie man bis zu ſeiner Zeit groͤßere hiſto-
riſche Werke verfaßte.

Man hatte ſich noch nicht die Aufgabe gemacht weder die Ma-
terialien in einer gleichartigen Vollſtaͤndigkeit zu ſammeln, was ohne-
hin ſo ſchwer zu erreichen iſt, noch auch ſie erſt kritiſch zu ſichten,
auf unmittelbare Kunde zu dringen, und den Stoff geiſtig durchzuar-
beiten.

Wie Wenige machen es ſich noch heutzutage ſchwer!

Man begnuͤgte ſich damals die im Allgemeinen als glaubwuͤr-
dig betrachteten Schriftſteller nicht ſowohl zu Grunde zu legen als
geradezu heruͤberzunehmen, ihre Erzaͤhlungen zu ergaͤnzen, d. i. wo
man es vermochte, ſie zu adoptiren; wo nicht neu aufgefundene hand-
ſchriftliche Nachrichten an der gehoͤrigen Stelle einzuſchalten. Dann
war die Hauptbemuͤhung, dieſem Stoff einen gleichmaͤßigen Styl
zu geben.

So beſteht Sleidan aus den Documenten der Reformationshi-
ſtorie, wie er ſie haben konnte, die er dann ohne viel Kritik an
einander reihte und durch die Farbe ſeiner Latinitaͤt in ein gleichar-
tiges Ganze verwandelte.

Thuanus hat ohne Bedenken lange Stellen aus andern Ge-
ſchichtſchreibern heruͤbergenommen. Des Buchanan ſchottiſche Ge-
ſchichte findet man auseinandergenommen und an die verſchiedenen
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[271/0283] Sarpi. Storia del concilio Tridentino di Pietro Soave Polano. Erſte, von fremden Zuſaͤtzen freie Ausgabe, Genf 1629. Zuerſt in England, durch einen zum Proteſtantismus uͤberge- tretenen Erzbiſchof, Dominis von Spalatro, ward dieſes Werk pu- blicirt. Obwohl Fra Paolo Sarpi ſich niemals zu demſelben bekannt hat, ſo laͤßt ſich doch nicht zweifeln, daß er der Autor deſſelben ſey. Aus ſeinen Briefen ſieht man, daß er ſich mit einer ſolchen Ge- ſchichte beſchaͤftigte; — in Venedig findet ſich eine Abſchrift, die er ſich machen laſſen, mit Correcturen von ſeiner Hand; — man kann ſagen, er war geradezu der einzige Menſch, zu allen Zeiten, der eine Geſchichte wie ſie hier vor uns liegt, verfaſſen konnte. Fra Paolo ſtand an der Spitze einer katholiſchen Oppoſition gegen den Papſt. Ihr Widerſpruch ging vom Geſichtspunkte des Staates aus, naͤherte ſich aber beſonders durch auguſtinianiſche Grundſaͤtze den proteſtantiſchen Anſichten in vielen Stuͤcken: zuweilen iſt ſie ſogar in den Ruf des Proteſtantismus gerathen. Dieſer Richtung halber iſt jedoch Sarpi’s Arbeit nicht ſogleich zu verdaͤchtigen. Es gab in der Welt faſt nur entſchiedene Anhaͤnger und entſchiedene Gegner dieſes Conciliums. Von jenen war nichts als Lobeserhebung, von dieſen nichts als Verwerfung zu erwarten. Sar- pis Stellung war im Ganzen außerhalb dieſer entgegengeſetzten Rich- tungen. Er hatte keinen Anlaß es durchaus zu vertheidigen, er war nicht in der Nothwendigkeit es allenthalben zu verwerfen. Seine Stellung verſchaffte ihm die Moͤglichkeit einer freiern Anſicht, — in der Mitte einer italieniſchen katholiſchen Republik konnte er auch allein den Stoff ſammeln deſſen er bedurfte. Wollen wir uns nun vergegenwaͤrtigen wie er arbeitete, ſo muͤſ- ſen wir uns erſt erinnern, wie man bis zu ſeiner Zeit groͤßere hiſto- riſche Werke verfaßte. Man hatte ſich noch nicht die Aufgabe gemacht weder die Ma- terialien in einer gleichartigen Vollſtaͤndigkeit zu ſammeln, was ohne- hin ſo ſchwer zu erreichen iſt, noch auch ſie erſt kritiſch zu ſichten, auf unmittelbare Kunde zu dringen, und den Stoff geiſtig durchzuar- beiten. Wie Wenige machen es ſich noch heutzutage ſchwer! Man begnuͤgte ſich damals die im Allgemeinen als glaubwuͤr- dig betrachteten Schriftſteller nicht ſowohl zu Grunde zu legen als geradezu heruͤberzunehmen, ihre Erzaͤhlungen zu ergaͤnzen, d. i. wo man es vermochte, ſie zu adoptiren; wo nicht neu aufgefundene hand- ſchriftliche Nachrichten an der gehoͤrigen Stelle einzuſchalten. Dann war die Hauptbemuͤhung, dieſem Stoff einen gleichmaͤßigen Styl zu geben. So beſteht Sleidan aus den Documenten der Reformationshi- ſtorie, wie er ſie haben konnte, die er dann ohne viel Kritik an einander reihte und durch die Farbe ſeiner Latinitaͤt in ein gleichar- tiges Ganze verwandelte. Thuanus hat ohne Bedenken lange Stellen aus andern Ge- ſchichtſchreibern heruͤbergenommen. Des Buchanan ſchottiſche Ge- ſchichte findet man auseinandergenommen und an die verſchiedenen Stellen des fremden Werkes eingeſchaltet. Die engliſche Geſchichte

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/283>, abgerufen am 21.11.2024.