Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.Revolutionäres Zeitalter. blieben. Auf der pyrenäischen Halbinsel und ihren Colo-nien, in Italien, den Kirchenstaat nicht ausgenommen, in Frankreich, Belgien, Irland, Polen ist mehr als einmal die ganze Ordnung der Dinge in Frage gestellt worden; und unter diesen Bewegungen gibt es wohl keine, bei der nicht religiöse Motive mitgewirkt hätten, oder doch sofort zur Sprache gekommen wären. Auf der einen Seite hat man die alte Kirche mit ihren politischen Berechti- gungen wieder aufzurichten, Jesuiten, Inquisition wieder herzustellen gesucht: auf der andern hat man nun erst an- gefangen die Klöster aufzuheben, die geistlichen Güter zu verkaufen, die Autorität des Papstes anzugreifen. Wir nehmen nicht wahr, daß der römische Hof einen wesent- lichen und wirksamen Einfluß hiegegen auszuüben ver- möchte: schon genug, daß man wenigstens bisher noch zu keinem entschiedenern Abfall von ihm geschritten ist. Wohin würde es aber gekommen seyn, wenn nicht Aufs neue ist das Papstthum in eine sehr sonderbare In den anderthalb Jahrhunderten, die wir hier in Revolutionaͤres Zeitalter. blieben. Auf der pyrenaͤiſchen Halbinſel und ihren Colo-nien, in Italien, den Kirchenſtaat nicht ausgenommen, in Frankreich, Belgien, Irland, Polen iſt mehr als einmal die ganze Ordnung der Dinge in Frage geſtellt worden; und unter dieſen Bewegungen gibt es wohl keine, bei der nicht religioͤſe Motive mitgewirkt haͤtten, oder doch ſofort zur Sprache gekommen waͤren. Auf der einen Seite hat man die alte Kirche mit ihren politiſchen Berechti- gungen wieder aufzurichten, Jeſuiten, Inquiſition wieder herzuſtellen geſucht: auf der andern hat man nun erſt an- gefangen die Kloͤſter aufzuheben, die geiſtlichen Guͤter zu verkaufen, die Autoritaͤt des Papſtes anzugreifen. Wir nehmen nicht wahr, daß der roͤmiſche Hof einen weſent- lichen und wirkſamen Einfluß hiegegen auszuuͤben ver- moͤchte: ſchon genug, daß man wenigſtens bisher noch zu keinem entſchiedenern Abfall von ihm geſchritten iſt. Wohin wuͤrde es aber gekommen ſeyn, wenn nicht Aufs neue iſt das Papſtthum in eine ſehr ſonderbare In den anderthalb Jahrhunderten, die wir hier in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0231" n="219"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Revolutionaͤres Zeitalter</hi>.</fw><lb/> blieben. Auf der pyrenaͤiſchen Halbinſel und ihren Colo-<lb/> nien, in Italien, den Kirchenſtaat nicht ausgenommen, in<lb/> Frankreich, Belgien, Irland, Polen iſt mehr als einmal<lb/> die ganze Ordnung der Dinge in Frage geſtellt worden;<lb/> und unter dieſen Bewegungen gibt es wohl keine, bei<lb/> der nicht religioͤſe Motive mitgewirkt haͤtten, oder doch<lb/> ſofort zur Sprache gekommen waͤren. Auf der einen Seite<lb/> hat man die alte Kirche mit ihren politiſchen Berechti-<lb/> gungen wieder aufzurichten, Jeſuiten, Inquiſition wieder<lb/> herzuſtellen geſucht: auf der andern hat man nun erſt an-<lb/> gefangen die Kloͤſter aufzuheben, die geiſtlichen Guͤter zu<lb/> verkaufen, die Autoritaͤt des Papſtes anzugreifen. Wir<lb/> nehmen nicht wahr, daß der roͤmiſche Hof einen weſent-<lb/> lichen und wirkſamen Einfluß hiegegen auszuuͤben ver-<lb/> moͤchte: ſchon genug, daß man wenigſtens bisher noch<lb/> zu keinem entſchiedenern Abfall von ihm geſchritten iſt.</p><lb/> <p>Wohin wuͤrde es aber gekommen ſeyn, wenn nicht<lb/> die noͤrdlichen Maͤchte, die den Sieg erfochten, Widerſtand<lb/> geleiſtet, und die allgemeinen Verhaͤltniſſe, auf denen zu-<lb/> letzt alles beruht, aufrecht erhalten haͤtten.</p><lb/> <p>Aufs neue iſt das Papſtthum in eine ſehr ſonderbare<lb/> der kirchlichen Idee, vor allem den Beſtrebungen unſrer<lb/> Reſtaurationsepoche widerſprechende Stellung gerathen.</p><lb/> <p>In den anderthalb Jahrhunderten, die wir hier in<lb/> kurzem Ueberblick zuſammengefaßt haben, iſt es unaufhoͤr-<lb/> lich bekaͤmpft, beſtuͤrmt, in ſeiner Gewalt beſchraͤnkt, end-<lb/> lich ſogar bis nahe an eine vollkommene Unterwerfung, bis<lb/> zur Einwilligung in ſeine Dienſtbarkeit gebracht worden:<lb/> noch heute iſt es jeden Augenblick bedroht und mit Ge-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [219/0231]
Revolutionaͤres Zeitalter.
blieben. Auf der pyrenaͤiſchen Halbinſel und ihren Colo-
nien, in Italien, den Kirchenſtaat nicht ausgenommen, in
Frankreich, Belgien, Irland, Polen iſt mehr als einmal
die ganze Ordnung der Dinge in Frage geſtellt worden;
und unter dieſen Bewegungen gibt es wohl keine, bei
der nicht religioͤſe Motive mitgewirkt haͤtten, oder doch
ſofort zur Sprache gekommen waͤren. Auf der einen Seite
hat man die alte Kirche mit ihren politiſchen Berechti-
gungen wieder aufzurichten, Jeſuiten, Inquiſition wieder
herzuſtellen geſucht: auf der andern hat man nun erſt an-
gefangen die Kloͤſter aufzuheben, die geiſtlichen Guͤter zu
verkaufen, die Autoritaͤt des Papſtes anzugreifen. Wir
nehmen nicht wahr, daß der roͤmiſche Hof einen weſent-
lichen und wirkſamen Einfluß hiegegen auszuuͤben ver-
moͤchte: ſchon genug, daß man wenigſtens bisher noch
zu keinem entſchiedenern Abfall von ihm geſchritten iſt.
Wohin wuͤrde es aber gekommen ſeyn, wenn nicht
die noͤrdlichen Maͤchte, die den Sieg erfochten, Widerſtand
geleiſtet, und die allgemeinen Verhaͤltniſſe, auf denen zu-
letzt alles beruht, aufrecht erhalten haͤtten.
Aufs neue iſt das Papſtthum in eine ſehr ſonderbare
der kirchlichen Idee, vor allem den Beſtrebungen unſrer
Reſtaurationsepoche widerſprechende Stellung gerathen.
In den anderthalb Jahrhunderten, die wir hier in
kurzem Ueberblick zuſammengefaßt haben, iſt es unaufhoͤr-
lich bekaͤmpft, beſtuͤrmt, in ſeiner Gewalt beſchraͤnkt, end-
lich ſogar bis nahe an eine vollkommene Unterwerfung, bis
zur Einwilligung in ſeine Dienſtbarkeit gebracht worden:
noch heute iſt es jeden Augenblick bedroht und mit Ge-
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