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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh.
keiten des römischen Stuhles mit den Häusern Este und
Farnese zu mischen, und zuletzt geradezu Truppen nach Ita-
lien marschiren zu lassen. Der arme Papst suchte sich durch
eine geheime Protestation zu helfen: vor den Augen der
Welt aber mußte er dem Könige in dem Vertrage zu Pisa
alle seine Forderungen zugestehn. Man kennt die Neigung
der Päpste zu ehrenvollen Inscriptionen: keinen Stein, sagte
man, lassen sie in eine Mauer setzen ohne ihren Namens-
zug: Alexander mußte in seiner Hauptstadt, auf einem der
besuchtesten Plätze, eine Pyramide errichten lassen, deren
Inschrift seine Demüthigung verewigen sollte.

Dieser Act allein mußte die Autorität des Papstthums
tief herabwürdigen.

Aber auch übrigens war dieß Ansehen um das Jahr
1660 bereits in vollem Verfall. Den Frieden von Ver-
vins hatte der päpstliche Stuhl noch herbeigeführt, durch
seine Unterhandlungen gefördert und zum Abschluß gebracht;
bei dem westphälischen hatte er seine Abgeordneten gehabt,
aber sich schon genöthigt gesehen, gegen die Bedingungen
über welche man übereinkam, zu protestiren: an dem pyre-
näischen Frieden nahm er auch nicht einmal mehr einen
scheinbaren Antheil: man vermied es seine Abgeordne-
ten zuzulassen: kaum wurde seiner noch darin gedacht 1).
Wie bald sind Friedensschlüsse gefolgt, in denen man über

1) Galeazzo Gualdo Priorato della pace conclusa fra le due
corone 1664
hat p. 120 Osservationi sopra le cause per le quali
si conclude la pace senza intervento del papa.
Wir sehen, daß
das schlechte Verhältniß zwischen dem Papst und Mazarin in jenen
Zeiten eine bekannte Sache war.

Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
keiten des roͤmiſchen Stuhles mit den Haͤuſern Eſte und
Farneſe zu miſchen, und zuletzt geradezu Truppen nach Ita-
lien marſchiren zu laſſen. Der arme Papſt ſuchte ſich durch
eine geheime Proteſtation zu helfen: vor den Augen der
Welt aber mußte er dem Koͤnige in dem Vertrage zu Piſa
alle ſeine Forderungen zugeſtehn. Man kennt die Neigung
der Paͤpſte zu ehrenvollen Inſcriptionen: keinen Stein, ſagte
man, laſſen ſie in eine Mauer ſetzen ohne ihren Namens-
zug: Alexander mußte in ſeiner Hauptſtadt, auf einem der
beſuchteſten Plaͤtze, eine Pyramide errichten laſſen, deren
Inſchrift ſeine Demuͤthigung verewigen ſollte.

Dieſer Act allein mußte die Autoritaͤt des Papſtthums
tief herabwuͤrdigen.

Aber auch uͤbrigens war dieß Anſehen um das Jahr
1660 bereits in vollem Verfall. Den Frieden von Ver-
vins hatte der paͤpſtliche Stuhl noch herbeigefuͤhrt, durch
ſeine Unterhandlungen gefoͤrdert und zum Abſchluß gebracht;
bei dem weſtphaͤliſchen hatte er ſeine Abgeordneten gehabt,
aber ſich ſchon genoͤthigt geſehen, gegen die Bedingungen
uͤber welche man uͤbereinkam, zu proteſtiren: an dem pyre-
naͤiſchen Frieden nahm er auch nicht einmal mehr einen
ſcheinbaren Antheil: man vermied es ſeine Abgeordne-
ten zuzulaſſen: kaum wurde ſeiner noch darin gedacht 1).
Wie bald ſind Friedensſchluͤſſe gefolgt, in denen man uͤber

1) Galeazzo Gualdo Priorato della pace conclusa fra le due
corone 1664
hat p. 120 Osservationi sopra le cause per le quali
si conclude la pace senza intervento del papa.
Wir ſehen, daß
das ſchlechte Verhaͤltniß zwiſchen dem Papſt und Mazarin in jenen
Zeiten eine bekannte Sache war.
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[156/0168] Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. keiten des roͤmiſchen Stuhles mit den Haͤuſern Eſte und Farneſe zu miſchen, und zuletzt geradezu Truppen nach Ita- lien marſchiren zu laſſen. Der arme Papſt ſuchte ſich durch eine geheime Proteſtation zu helfen: vor den Augen der Welt aber mußte er dem Koͤnige in dem Vertrage zu Piſa alle ſeine Forderungen zugeſtehn. Man kennt die Neigung der Paͤpſte zu ehrenvollen Inſcriptionen: keinen Stein, ſagte man, laſſen ſie in eine Mauer ſetzen ohne ihren Namens- zug: Alexander mußte in ſeiner Hauptſtadt, auf einem der beſuchteſten Plaͤtze, eine Pyramide errichten laſſen, deren Inſchrift ſeine Demuͤthigung verewigen ſollte. Dieſer Act allein mußte die Autoritaͤt des Papſtthums tief herabwuͤrdigen. Aber auch uͤbrigens war dieß Anſehen um das Jahr 1660 bereits in vollem Verfall. Den Frieden von Ver- vins hatte der paͤpſtliche Stuhl noch herbeigefuͤhrt, durch ſeine Unterhandlungen gefoͤrdert und zum Abſchluß gebracht; bei dem weſtphaͤliſchen hatte er ſeine Abgeordneten gehabt, aber ſich ſchon genoͤthigt geſehen, gegen die Bedingungen uͤber welche man uͤbereinkam, zu proteſtiren: an dem pyre- naͤiſchen Frieden nahm er auch nicht einmal mehr einen ſcheinbaren Antheil: man vermied es ſeine Abgeordne- ten zuzulaſſen: kaum wurde ſeiner noch darin gedacht 1). Wie bald ſind Friedensſchluͤſſe gefolgt, in denen man uͤber 1) Galeazzo Gualdo Priorato della pace conclusa fra le due corone 1664 hat p. 120 Osservationi sopra le cause per le quali si conclude la pace senza intervento del papa. Wir ſehen, daß das ſchlechte Verhaͤltniß zwiſchen dem Papſt und Mazarin in jenen Zeiten eine bekannte Sache war.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/168>, abgerufen am 25.11.2024.