dingten Hingebung welche fromme Frauen für ihren Pro- pheten zu fühlen pflegen, an St. Cyran.
Jansenius starb, ehe er sein Buch gedruckt sah: St. Cyran ward gleich nach seinen ersten Bekehrungen von Ri- chelieu, der einen natürlichen Widerwillen gegen eine solche Wirksamkeit hatte, ins Gefängniß geworfen; allein diese Un- fälle verhinderten den Fortgang ihrer Lehren nicht.
Das Buch des Jansenius brachte durch sein inneres Verdienst, so wie durch die Kühnheit seiner Polemik nach und nach einen allgemeinen, tiefen Eindruck hervor 1). St. Cyran setzte seine bekehrende Thätigkeit von dem Ge- fängniß aus fort: das unverschuldete Leiden das ihn be- troffen, und das er mit großer Ergebung trug, vermehrte sein Ansehen: als er nach dem Tode Richelieus frei wurde, ward er wie ein Heiliger, wie ein Johannes der Täufer betrachtet. Zwar starb er wenige Monate darauf (11. Oct. 1643); aber er hatte eine Schule gegründet, welche in sei- ner und seines Freundes Lehren ihr Evangelium sah: "seine Schüler", sagt einer von ihnen, "gingen wie junge Adler unter seinen Flügeln hervor: Erben seiner Tugend und Fröm- migkeit, die das, was sie von ihm empfangen, wiederum Andern überlieferten. Elias ließ Elisa's nach, die sein Werk fortsetzten."
Schon sammelte sich in der Einsiedelei von Port- royal des Champs, in die sich zuerst le Maitre zurückge-
1)Gerberon: Histoire du Jansenisme I, 63. Les theolo- giens de Paris s'appliquerent tellement a l'etude de l'Augustin d'Ipres, ou ils reconnoissoient celui d'Hippone, -- -- qu'on commencoit a n'entendre plus parmi ces theologiens que les noms de Jansenius et de S. Augustin.
Janſeniſten.
dingten Hingebung welche fromme Frauen fuͤr ihren Pro- pheten zu fuͤhlen pflegen, an St. Cyran.
Janſenius ſtarb, ehe er ſein Buch gedruckt ſah: St. Cyran ward gleich nach ſeinen erſten Bekehrungen von Ri- chelieu, der einen natuͤrlichen Widerwillen gegen eine ſolche Wirkſamkeit hatte, ins Gefaͤngniß geworfen; allein dieſe Un- faͤlle verhinderten den Fortgang ihrer Lehren nicht.
Das Buch des Janſenius brachte durch ſein inneres Verdienſt, ſo wie durch die Kuͤhnheit ſeiner Polemik nach und nach einen allgemeinen, tiefen Eindruck hervor 1). St. Cyran ſetzte ſeine bekehrende Thaͤtigkeit von dem Ge- faͤngniß aus fort: das unverſchuldete Leiden das ihn be- troffen, und das er mit großer Ergebung trug, vermehrte ſein Anſehen: als er nach dem Tode Richelieus frei wurde, ward er wie ein Heiliger, wie ein Johannes der Taͤufer betrachtet. Zwar ſtarb er wenige Monate darauf (11. Oct. 1643); aber er hatte eine Schule gegruͤndet, welche in ſei- ner und ſeines Freundes Lehren ihr Evangelium ſah: „ſeine Schuͤler“, ſagt einer von ihnen, „gingen wie junge Adler unter ſeinen Fluͤgeln hervor: Erben ſeiner Tugend und Froͤm- migkeit, die das, was ſie von ihm empfangen, wiederum Andern uͤberlieferten. Elias ließ Eliſa’s nach, die ſein Werk fortſetzten.“
Schon ſammelte ſich in der Einſiedelei von Port- royal des Champs, in die ſich zuerſt le Maitre zuruͤckge-
1)Gerberon: Histoire du Jansenisme I, 63. Les theolo- giens de Paris s’appliquerent tellement à l’étude de l’Augustin d’Ipres, où ils reconnoissoient celui d’Hippone, — — qu’on commençoit à n’entendre plus parmi ces theologiens que les noms de Jansenius et de S. Augustin.
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Janſeniſten.
dingten Hingebung welche fromme Frauen fuͤr ihren Pro-
pheten zu fuͤhlen pflegen, an St. Cyran.
Janſenius ſtarb, ehe er ſein Buch gedruckt ſah: St.
Cyran ward gleich nach ſeinen erſten Bekehrungen von Ri-
chelieu, der einen natuͤrlichen Widerwillen gegen eine ſolche
Wirkſamkeit hatte, ins Gefaͤngniß geworfen; allein dieſe Un-
faͤlle verhinderten den Fortgang ihrer Lehren nicht.
Das Buch des Janſenius brachte durch ſein inneres
Verdienſt, ſo wie durch die Kuͤhnheit ſeiner Polemik nach
und nach einen allgemeinen, tiefen Eindruck hervor 1).
St. Cyran ſetzte ſeine bekehrende Thaͤtigkeit von dem Ge-
faͤngniß aus fort: das unverſchuldete Leiden das ihn be-
troffen, und das er mit großer Ergebung trug, vermehrte
ſein Anſehen: als er nach dem Tode Richelieus frei wurde,
ward er wie ein Heiliger, wie ein Johannes der Taͤufer
betrachtet. Zwar ſtarb er wenige Monate darauf (11. Oct.
1643); aber er hatte eine Schule gegruͤndet, welche in ſei-
ner und ſeines Freundes Lehren ihr Evangelium ſah: „ſeine
Schuͤler“, ſagt einer von ihnen, „gingen wie junge Adler
unter ſeinen Fluͤgeln hervor: Erben ſeiner Tugend und Froͤm-
migkeit, die das, was ſie von ihm empfangen, wiederum
Andern uͤberlieferten. Elias ließ Eliſa’s nach, die ſein Werk
fortſetzten.“
Schon ſammelte ſich in der Einſiedelei von Port-
royal des Champs, in die ſich zuerſt le Maitre zuruͤckge-
1) Gerberon: Histoire du Jansenisme I, 63. Les theolo-
giens de Paris s’appliquerent tellement à l’étude de l’Augustin
d’Ipres, où ils reconnoissoient celui d’Hippone, — — qu’on
commençoit à n’entendre plus parmi ces theologiens que les
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/153>, abgerufen am 23.11.2024.
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