weil sie die Rechte der Krone zu lebhaft verfochten. Die Oberhäupter der französischen Jesuiten vermieden den Um- gang mit dem päpstlichen Nuntius, um nicht den Ver- dacht ultramontaner Gesinnung auf sich zu laden. Auch sonst konnte der römische Stuhl den Gehorsam des Ordens in dieser Zeit nicht rühmen: namentlich in den Missionen wur- den die päpstlichen Anordnungen fast immer in Wind ge- schlagen.
Ferner war ein Hauptgrundsatz des Ordens, allen welt- lichen Verbindungen zu entsagen und sich nur den geistli- chen Pflichten zu widmen. Wie hatte man sonst so streng darüber gehalten, daß jeder Eintretende auf alle seine Be- sitzthümer Verzicht leistete! Zuerst ward das eine Weile verschoben; dann geschah es wohl, aber nur bedingungs- weise, weil man ja am Ende wieder ausgestoßen werden könne; endlich führte sich ein, daß man seine Güter der Gesellschaft selbst überließ: jedoch wohlverstanden, dem be- stimmten Collegium in welches man trat, dergestalt daß man sogar die Verwaltung derselben nur unter anderm Ti- tel oft noch selbst in Händen behielt 1). Die Mitglieder der Collegien hatten hie und da mehr freie Zeit als ihre Ver- wandten die mitten im Leben standen: sie verwalteten de- ren Geschäfte, zogen ihr Geld ein, führten ihre Processe 2).
1)Vincentii Carrafae epistola de mediis conservandi pri- maevum spiritum societatis: Definitis pro arbitrio dantis domi- bus sive collegiis in quibus aut sedem sibi fixurus est aut jam animo fixerit, -- -- anxie agunt ut quae societati reliquerunt, ipsimet per se administrent.
2)Epistola Goswini Nickel de amore et studio perfectae paupertatis. Illud intolerabile, si et lites inferant et ad tribuna-
Päpste** 9
Jeſuiten.
weil ſie die Rechte der Krone zu lebhaft verfochten. Die Oberhaͤupter der franzoͤſiſchen Jeſuiten vermieden den Um- gang mit dem paͤpſtlichen Nuntius, um nicht den Ver- dacht ultramontaner Geſinnung auf ſich zu laden. Auch ſonſt konnte der roͤmiſche Stuhl den Gehorſam des Ordens in dieſer Zeit nicht ruͤhmen: namentlich in den Miſſionen wur- den die paͤpſtlichen Anordnungen faſt immer in Wind ge- ſchlagen.
Ferner war ein Hauptgrundſatz des Ordens, allen welt- lichen Verbindungen zu entſagen und ſich nur den geiſtli- chen Pflichten zu widmen. Wie hatte man ſonſt ſo ſtreng daruͤber gehalten, daß jeder Eintretende auf alle ſeine Be- ſitzthuͤmer Verzicht leiſtete! Zuerſt ward das eine Weile verſchoben; dann geſchah es wohl, aber nur bedingungs- weiſe, weil man ja am Ende wieder ausgeſtoßen werden koͤnne; endlich fuͤhrte ſich ein, daß man ſeine Guͤter der Geſellſchaft ſelbſt uͤberließ: jedoch wohlverſtanden, dem be- ſtimmten Collegium in welches man trat, dergeſtalt daß man ſogar die Verwaltung derſelben nur unter anderm Ti- tel oft noch ſelbſt in Haͤnden behielt 1). Die Mitglieder der Collegien hatten hie und da mehr freie Zeit als ihre Ver- wandten die mitten im Leben ſtanden: ſie verwalteten de- ren Geſchaͤfte, zogen ihr Geld ein, fuͤhrten ihre Proceſſe 2).
1)Vincentii Carrafae epistola de mediis conservandi pri- maevum spiritum societatis: Definitis pro arbitrio dantis domi- bus sive collegiis in quibus aut sedem sibi fixurus est aut jam animo fixerit, — — anxie agunt ut quae societati reliquerunt, ipsimet per se administrent.
2)Epistola Goswini Nickel de amore et studio perfectae paupertatis. Illud intolerabile, si et lites inferant et ad tribuna-
Päpſte** 9
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weil ſie die Rechte der Krone zu lebhaft verfochten. Die
Oberhaͤupter der franzoͤſiſchen Jeſuiten vermieden den Um-
gang mit dem paͤpſtlichen Nuntius, um nicht den Ver-
dacht ultramontaner Geſinnung auf ſich zu laden. Auch ſonſt
konnte der roͤmiſche Stuhl den Gehorſam des Ordens in
dieſer Zeit nicht ruͤhmen: namentlich in den Miſſionen wur-
den die paͤpſtlichen Anordnungen faſt immer in Wind ge-
ſchlagen.
Ferner war ein Hauptgrundſatz des Ordens, allen welt-
lichen Verbindungen zu entſagen und ſich nur den geiſtli-
chen Pflichten zu widmen. Wie hatte man ſonſt ſo ſtreng
daruͤber gehalten, daß jeder Eintretende auf alle ſeine Be-
ſitzthuͤmer Verzicht leiſtete! Zuerſt ward das eine Weile
verſchoben; dann geſchah es wohl, aber nur bedingungs-
weiſe, weil man ja am Ende wieder ausgeſtoßen werden
koͤnne; endlich fuͤhrte ſich ein, daß man ſeine Guͤter der
Geſellſchaft ſelbſt uͤberließ: jedoch wohlverſtanden, dem be-
ſtimmten Collegium in welches man trat, dergeſtalt daß
man ſogar die Verwaltung derſelben nur unter anderm Ti-
tel oft noch ſelbſt in Haͤnden behielt 1). Die Mitglieder der
Collegien hatten hie und da mehr freie Zeit als ihre Ver-
wandten die mitten im Leben ſtanden: ſie verwalteten de-
ren Geſchaͤfte, zogen ihr Geld ein, fuͤhrten ihre Proceſſe 2).
1) Vincentii Carrafae epistola de mediis conservandi pri-
maevum spiritum societatis: Definitis pro arbitrio dantis domi-
bus sive collegiis in quibus aut sedem sibi fixurus est aut jam
animo fixerit, — — anxie agunt ut quae societati reliquerunt,
ipsimet per se administrent.
2) Epistola Goswini Nickel de amore et studio perfectae
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/141>, abgerufen am 30.07.2024.
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