war in Rom erstaunt, daß sich die polnische Geistlichkeit dieß gefallen lasse.
Nicht minder als in Polen traten die Gegensätze in Schweden hervor, und zwar hier auf die eigenthümlichste Weise: unmittelbar die Person des Fürsten berührten sie: um diese stritten sie sich.
In allen Söhnen Gustav Wasas -- "der Brut Kö- nig Gustavs", wie die Schweden sagten, -- ist eine ganz ungewöhnliche Mischung von Tiefsinn und Eigenwillen, Religion und Gewaltsamkeit wahrzunehmen.
Der Gelehrteste von ihnen war der mittlere, Johann. Da er mit einer katholischen Prinzessin, Catharina von Polen verheirathet war, die sein Gefängniß mit ihm theilte, in dessen beschränkter Einsamkeit er dann oft die Tröstun- gen eines katholischen Priesters vernahm, so kamen ihm die kirchlichen Streitigkeiten besonders nahe. Er studirte die Kirchenväter, um sich eine Vorstellung von dem ursprüng- lichen Zustande der Kirche zu bilden: er liebte die Bücher, die von der Möglichkeit einer Religionsvereinigung handel- ten: mit den dahin einschlagenden Fragen ging er innerlich um. Als er König geworden, trat er der römischen Kirche in der That einige Schritte näher. Er publicirte eine Li- turgie, die der tridentinischen nachgebildet war, -- in der die schwedischen Theologen römische Doctrinen zu finden glaubten1). Da er der Fürsprache des Papstes sowohl bei
den
1) In dem Judicium praedicatorum Holmenss. de publicata liturgia bei Baaz: Inventarium ecclesiarum Sueogoth. p. 393 wer- den sie alle aufgeführt.
Buch V. Gegenreformationen.
war in Rom erſtaunt, daß ſich die polniſche Geiſtlichkeit dieß gefallen laſſe.
Nicht minder als in Polen traten die Gegenſaͤtze in Schweden hervor, und zwar hier auf die eigenthuͤmlichſte Weiſe: unmittelbar die Perſon des Fuͤrſten beruͤhrten ſie: um dieſe ſtritten ſie ſich.
In allen Soͤhnen Guſtav Waſas — „der Brut Koͤ- nig Guſtavs“, wie die Schweden ſagten, — iſt eine ganz ungewoͤhnliche Miſchung von Tiefſinn und Eigenwillen, Religion und Gewaltſamkeit wahrzunehmen.
Der Gelehrteſte von ihnen war der mittlere, Johann. Da er mit einer katholiſchen Prinzeſſin, Catharina von Polen verheirathet war, die ſein Gefaͤngniß mit ihm theilte, in deſſen beſchraͤnkter Einſamkeit er dann oft die Troͤſtun- gen eines katholiſchen Prieſters vernahm, ſo kamen ihm die kirchlichen Streitigkeiten beſonders nahe. Er ſtudirte die Kirchenvaͤter, um ſich eine Vorſtellung von dem urſpruͤng- lichen Zuſtande der Kirche zu bilden: er liebte die Buͤcher, die von der Moͤglichkeit einer Religionsvereinigung handel- ten: mit den dahin einſchlagenden Fragen ging er innerlich um. Als er Koͤnig geworden, trat er der roͤmiſchen Kirche in der That einige Schritte naͤher. Er publicirte eine Li- turgie, die der tridentiniſchen nachgebildet war, — in der die ſchwediſchen Theologen roͤmiſche Doctrinen zu finden glaubten1). Da er der Fuͤrſprache des Papſtes ſowohl bei
den
1) In dem Judicium praedicatorum Holmenss. de publicata liturgia bei Baaz: Inventarium ecclesiarum Sueogoth. p. 393 wer- den ſie alle aufgefuͤhrt.
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Buch V. Gegenreformationen.
war in Rom erſtaunt, daß ſich die polniſche Geiſtlichkeit
dieß gefallen laſſe.
Nicht minder als in Polen traten die Gegenſaͤtze in
Schweden hervor, und zwar hier auf die eigenthuͤmlichſte
Weiſe: unmittelbar die Perſon des Fuͤrſten beruͤhrten ſie:
um dieſe ſtritten ſie ſich.
In allen Soͤhnen Guſtav Waſas — „der Brut Koͤ-
nig Guſtavs“, wie die Schweden ſagten, — iſt eine ganz
ungewoͤhnliche Miſchung von Tiefſinn und Eigenwillen,
Religion und Gewaltſamkeit wahrzunehmen.
Der Gelehrteſte von ihnen war der mittlere, Johann.
Da er mit einer katholiſchen Prinzeſſin, Catharina von
Polen verheirathet war, die ſein Gefaͤngniß mit ihm theilte,
in deſſen beſchraͤnkter Einſamkeit er dann oft die Troͤſtun-
gen eines katholiſchen Prieſters vernahm, ſo kamen ihm die
kirchlichen Streitigkeiten beſonders nahe. Er ſtudirte die
Kirchenvaͤter, um ſich eine Vorſtellung von dem urſpruͤng-
lichen Zuſtande der Kirche zu bilden: er liebte die Buͤcher,
die von der Moͤglichkeit einer Religionsvereinigung handel-
ten: mit den dahin einſchlagenden Fragen ging er innerlich
um. Als er Koͤnig geworden, trat er der roͤmiſchen Kirche
in der That einige Schritte naͤher. Er publicirte eine Li-
turgie, die der tridentiniſchen nachgebildet war, — in der
die ſchwediſchen Theologen roͤmiſche Doctrinen zu finden
glaubten 1). Da er der Fuͤrſprache des Papſtes ſowohl bei
den
1) In dem Judicium praedicatorum Holmenss. de publicata
liturgia bei Baaz: Inventarium ecclesiarum Sueogoth. p. 393 wer-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/92>, abgerufen am 21.11.2024.
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