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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch V. Gegenreformationen.
erhalten: schon hatte er seinen Nuntius angewiesen, im
dringenden Falle mit einer Protestation hervorzutreten, wel-
che Kaiser und Fürsten mit einer Beraubung aller ihrer
Rechte bedrohen sollte, ja er glaubte bereits, der Augenblick
dazu sey gekommen 1). Der Nuntius, der die Sache in
der Nähe sah, hielt dieß nicht für gerathen. Er sah, daß
man nichts mehr zu fürchten brauchte. Die Protestanten
waren entzweit: die Katholiken hielten zusammen. Oft
versammelten sie sich bei dem Nuntius, um über gemein-
schaftliche Maaßregeln zu berathschlagen: Canisius, unbeschol-
ten, höchst rechtgläubig und klug, hatte einen großen Ein-
fluß auf die Personen: es war an keine Concession zu den-
ken: vielmehr ist dieser Reichstag der erste, in welchem
die katholischen Fürsten einen erfolgreichen Widerstand ent-
wickelten. Die Ermahnungen des Papstes fanden Ge-
hör: in einer abgesonderten Versammlung der geistlichen
Fürsten wurden die tridentinischen Schlüsse vorläufig an-
genommen.

Von diesem Augenblick beginnt ein neues Leben in
der katholischen Kirche in Deutschland. Nach und nach
wurden diese Beschlüsse in Provinzialsynoden publicirt: Se-
minarien wurden bei den bischöflichen Sitzen eingerichtet:
der erste, der dieser Anordnung Folge leistete, war, so viel
ich finde, der Bischof von Eichstädt, der das Collegium Wi-
libaldinum gründete 2): die Professio fidei wurde von
Hohen und Niederen unterzeichnet. Höchst wichtig ist, daß

1) Catena: Vita di Pio V. p. 40. hat einen Auszug aus der
Instruction. Gratiani: Vita Commendoni lib. III, c. II.
2) Falkenstein: Nordgauische Alterthümer I, 222.

Buch V. Gegenreformationen.
erhalten: ſchon hatte er ſeinen Nuntius angewieſen, im
dringenden Falle mit einer Proteſtation hervorzutreten, wel-
che Kaiſer und Fuͤrſten mit einer Beraubung aller ihrer
Rechte bedrohen ſollte, ja er glaubte bereits, der Augenblick
dazu ſey gekommen 1). Der Nuntius, der die Sache in
der Naͤhe ſah, hielt dieß nicht fuͤr gerathen. Er ſah, daß
man nichts mehr zu fuͤrchten brauchte. Die Proteſtanten
waren entzweit: die Katholiken hielten zuſammen. Oft
verſammelten ſie ſich bei dem Nuntius, um uͤber gemein-
ſchaftliche Maaßregeln zu berathſchlagen: Caniſius, unbeſchol-
ten, hoͤchſt rechtglaͤubig und klug, hatte einen großen Ein-
fluß auf die Perſonen: es war an keine Conceſſion zu den-
ken: vielmehr iſt dieſer Reichstag der erſte, in welchem
die katholiſchen Fuͤrſten einen erfolgreichen Widerſtand ent-
wickelten. Die Ermahnungen des Papſtes fanden Ge-
hoͤr: in einer abgeſonderten Verſammlung der geiſtlichen
Fuͤrſten wurden die tridentiniſchen Schluͤſſe vorlaͤufig an-
genommen.

Von dieſem Augenblick beginnt ein neues Leben in
der katholiſchen Kirche in Deutſchland. Nach und nach
wurden dieſe Beſchluͤſſe in Provinzialſynoden publicirt: Se-
minarien wurden bei den biſchoͤflichen Sitzen eingerichtet:
der erſte, der dieſer Anordnung Folge leiſtete, war, ſo viel
ich finde, der Biſchof von Eichſtaͤdt, der das Collegium Wi-
libaldinum gruͤndete 2): die Profeſſio fidei wurde von
Hohen und Niederen unterzeichnet. Hoͤchſt wichtig iſt, daß

1) Catena: Vita di Pio V. p. 40. hat einen Auszug aus der
Inſtruction. Gratiani: Vita Commendoni lib. III, c. II.
2) Falkenſtein: Nordgauiſche Alterthuͤmer I, 222.
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[46/0058] Buch V. Gegenreformationen. erhalten: ſchon hatte er ſeinen Nuntius angewieſen, im dringenden Falle mit einer Proteſtation hervorzutreten, wel- che Kaiſer und Fuͤrſten mit einer Beraubung aller ihrer Rechte bedrohen ſollte, ja er glaubte bereits, der Augenblick dazu ſey gekommen 1). Der Nuntius, der die Sache in der Naͤhe ſah, hielt dieß nicht fuͤr gerathen. Er ſah, daß man nichts mehr zu fuͤrchten brauchte. Die Proteſtanten waren entzweit: die Katholiken hielten zuſammen. Oft verſammelten ſie ſich bei dem Nuntius, um uͤber gemein- ſchaftliche Maaßregeln zu berathſchlagen: Caniſius, unbeſchol- ten, hoͤchſt rechtglaͤubig und klug, hatte einen großen Ein- fluß auf die Perſonen: es war an keine Conceſſion zu den- ken: vielmehr iſt dieſer Reichstag der erſte, in welchem die katholiſchen Fuͤrſten einen erfolgreichen Widerſtand ent- wickelten. Die Ermahnungen des Papſtes fanden Ge- hoͤr: in einer abgeſonderten Verſammlung der geiſtlichen Fuͤrſten wurden die tridentiniſchen Schluͤſſe vorlaͤufig an- genommen. Von dieſem Augenblick beginnt ein neues Leben in der katholiſchen Kirche in Deutſchland. Nach und nach wurden dieſe Beſchluͤſſe in Provinzialſynoden publicirt: Se- minarien wurden bei den biſchoͤflichen Sitzen eingerichtet: der erſte, der dieſer Anordnung Folge leiſtete, war, ſo viel ich finde, der Biſchof von Eichſtaͤdt, der das Collegium Wi- libaldinum gruͤndete 2): die Profeſſio fidei wurde von Hohen und Niederen unterzeichnet. Hoͤchſt wichtig iſt, daß 1) Catena: Vita di Pio V. p. 40. hat einen Auszug aus der Inſtruction. Gratiani: Vita Commendoni lib. III, c. II. 2) Falkenſtein: Nordgauiſche Alterthuͤmer I, 222.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/58>, abgerufen am 30.04.2024.