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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Anfang derselben in Deutschland. Baden.
nicht ganz orthodox geblieben, die abweichenden Lehren ab-
zuschwören, besetzten hohe und niedere Schulen mit katholi-
schen Lehrmeistern, und verwiesen die Laien, welche sich
nicht fügen wollten. Binnen zwei Jahren, 1570, 1571,
war das ganze Land wieder katholisch gemacht 1).

Während dieß in den weltlichen Gebieten geschah, er-
hob sich, mit einer noch unvermeidlicheren Nothwendigkeit,
eine ähnliche Bewegung auch in den geistlichen.

Einmal waren die geistlichen deutschen Fürsten doch
eben vor allem Bischöfe, und die Päpste versäumten keinen
Augenblick, die verstärkte Gewalt über das Bisthum, die
ihnen aus den tridentinischen Anordnungen entsprang, auch
in Deutschland geltend zu machen.

Zuerst ward Canisius mit den Exemplaren der Schlüsse
des Conciliums an die verschiedenen geistlichen Höfe ge-
sandt. Er überbrachte sie nach Mainz, Trier, Cöln, Os-
nabrück und Würzburg 2). Die officielle Ehrerbietung,
mit welcher er empfangen wurde, belebte er mit gewandter
Thätigkeit. Dann kam die Sache auf dem Augsburger
Reichstag von 1566 zur Sprache.

Papst Pius V. hatte gefürchtet, der Protestantismus
werde hier neue Forderungen machen, neue Zugeständnisse

1) Sacchinus pars III, lib. VI, n. 88. lib. VII, n. 67. Agri-
cola I, IV,
17. 18. Der Papst pries den Herzog dafür gebüh-
rend. "Mira perfunditur laetitia," heißt es in jener Gesandtschaft,
"cum audit, ill. Sertis Vrae opera et industria Marchionem Ba-
densem in religione catholica educari, ad quod accedit cura in-
gens, quam adhibuit in comitatu de Hag, ut catholica fides, a
qua turpiter defecerant, restituatur.
2) Maderus de vita P. Canisii lib. II, c. II. Sacchinus
III, II,
22.

Anfang derſelben in Deutſchland. Baden.
nicht ganz orthodox geblieben, die abweichenden Lehren ab-
zuſchwoͤren, beſetzten hohe und niedere Schulen mit katholi-
ſchen Lehrmeiſtern, und verwieſen die Laien, welche ſich
nicht fuͤgen wollten. Binnen zwei Jahren, 1570, 1571,
war das ganze Land wieder katholiſch gemacht 1).

Waͤhrend dieß in den weltlichen Gebieten geſchah, er-
hob ſich, mit einer noch unvermeidlicheren Nothwendigkeit,
eine aͤhnliche Bewegung auch in den geiſtlichen.

Einmal waren die geiſtlichen deutſchen Fuͤrſten doch
eben vor allem Biſchoͤfe, und die Paͤpſte verſaͤumten keinen
Augenblick, die verſtaͤrkte Gewalt uͤber das Bisthum, die
ihnen aus den tridentiniſchen Anordnungen entſprang, auch
in Deutſchland geltend zu machen.

Zuerſt ward Caniſius mit den Exemplaren der Schluͤſſe
des Conciliums an die verſchiedenen geiſtlichen Hoͤfe ge-
ſandt. Er uͤberbrachte ſie nach Mainz, Trier, Coͤln, Os-
nabruͤck und Wuͤrzburg 2). Die officielle Ehrerbietung,
mit welcher er empfangen wurde, belebte er mit gewandter
Thaͤtigkeit. Dann kam die Sache auf dem Augsburger
Reichstag von 1566 zur Sprache.

Papſt Pius V. hatte gefuͤrchtet, der Proteſtantismus
werde hier neue Forderungen machen, neue Zugeſtaͤndniſſe

1) Sacchinus pars III, lib. VI, n. 88. lib. VII, n. 67. Agri-
cola I, IV,
17. 18. Der Papſt pries den Herzog dafuͤr gebuͤh-
rend. „Mira perfunditur laetitia,“ heißt es in jener Geſandtſchaft,
„cum audit, ill. Sertis Vrae opera et industria Marchionem Ba-
densem in religione catholica educari, ad quod accedit cura in-
gens, quam adhibuit in comitatu de Hag, ut catholica fides, a
qua turpiter defecerant, restituatur.
2) Maderus de vita P. Canisii lib. II, c. II. Sacchinus
III, II,
22.
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[45/0057] Anfang derſelben in Deutſchland. Baden. nicht ganz orthodox geblieben, die abweichenden Lehren ab- zuſchwoͤren, beſetzten hohe und niedere Schulen mit katholi- ſchen Lehrmeiſtern, und verwieſen die Laien, welche ſich nicht fuͤgen wollten. Binnen zwei Jahren, 1570, 1571, war das ganze Land wieder katholiſch gemacht 1). Waͤhrend dieß in den weltlichen Gebieten geſchah, er- hob ſich, mit einer noch unvermeidlicheren Nothwendigkeit, eine aͤhnliche Bewegung auch in den geiſtlichen. Einmal waren die geiſtlichen deutſchen Fuͤrſten doch eben vor allem Biſchoͤfe, und die Paͤpſte verſaͤumten keinen Augenblick, die verſtaͤrkte Gewalt uͤber das Bisthum, die ihnen aus den tridentiniſchen Anordnungen entſprang, auch in Deutſchland geltend zu machen. Zuerſt ward Caniſius mit den Exemplaren der Schluͤſſe des Conciliums an die verſchiedenen geiſtlichen Hoͤfe ge- ſandt. Er uͤberbrachte ſie nach Mainz, Trier, Coͤln, Os- nabruͤck und Wuͤrzburg 2). Die officielle Ehrerbietung, mit welcher er empfangen wurde, belebte er mit gewandter Thaͤtigkeit. Dann kam die Sache auf dem Augsburger Reichstag von 1566 zur Sprache. Papſt Pius V. hatte gefuͤrchtet, der Proteſtantismus werde hier neue Forderungen machen, neue Zugeſtaͤndniſſe 1) Sacchinus pars III, lib. VI, n. 88. lib. VII, n. 67. Agri- cola I, IV, 17. 18. Der Papſt pries den Herzog dafuͤr gebuͤh- rend. „Mira perfunditur laetitia,“ heißt es in jener Geſandtſchaft, „cum audit, ill. Sertis Vrae opera et industria Marchionem Ba- densem in religione catholica educari, ad quod accedit cura in- gens, quam adhibuit in comitatu de Hag, ut catholica fides, a qua turpiter defecerant, restituatur. 2) Maderus de vita P. Canisii lib. II, c. II. Sacchinus III, II, 22.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/57>, abgerufen am 30.04.2024.