ten, erlernt. Es kam aber auch noch eine andere Einwirkung hinzu. Pius IV. machte den Herzog nicht allein aufmerksam, daß ihm jedes religiöse Zugeständniß den Gehorsam seiner Unterthanen schmälern werde 1): was bei der Lage des deut- schen Fürstenthums nicht wohl zu läugnen stand; er gab seiner Ermahnung auch durch Gnadenbezeugungen Nach- druck: er überließ ihm einen Zehnten von den Gütern sei- ner Geistlichkeit. Indem er ihn hiedurch von den Bewil- ligungen der Stände unabhängiger machte, zeigte er ihm zu- gleich, welchen Vortheil er von der Verbindung mit der römischen Kirche zu erwarten habe.
Es kam dann hauptsächlich darauf an, ob der Her- zog die schon begründete religiöse Opposition seiner Land- stände wieder zu beseitigen vermögen würde.
Auf einem Landtage zu Ingolstadt im Jahre 1563 ging er an dieß Werk. Die Prälaten waren schon an sich geneigt: zunächst bearbeitete er die Städte. Sey es nun, daß die Lehren des wiederauflebenden Katholicismus, die Thätigkeit der allenthalben eindringenden Jesuiten auch auf die Städte besonders die leitenden Mitglieder ihrer Ver- sammlung Einfluß gewonnen hatten, oder daß andere Rück- sichten eintraten: genug die Städte ließen von den Forde- rungen neuer religiöser Zugeständnisse, die sie bisher im- mer eifrig betrieben, dieß Mal ab, und schritten zu ihren
1)Legationes Paparum ad Duces Bavariae. Ms. der Bi- bliothek zu München. Prima legatio 1563. "Quodsi Sua Celsi- tudo Illma absque sedis apostolicae autoritate usum calicis con- cedat, ipsi principi etiam plurimum decederet de ejus apud sub- ditos autoritate. Auf dem Landtag klagte man, der Fürst sey durch die Decimation verblendet.
Buch V. Gegenreformationen.
ten, erlernt. Es kam aber auch noch eine andere Einwirkung hinzu. Pius IV. machte den Herzog nicht allein aufmerkſam, daß ihm jedes religioͤſe Zugeſtaͤndniß den Gehorſam ſeiner Unterthanen ſchmaͤlern werde 1): was bei der Lage des deut- ſchen Fuͤrſtenthums nicht wohl zu laͤugnen ſtand; er gab ſeiner Ermahnung auch durch Gnadenbezeugungen Nach- druck: er uͤberließ ihm einen Zehnten von den Guͤtern ſei- ner Geiſtlichkeit. Indem er ihn hiedurch von den Bewil- ligungen der Staͤnde unabhaͤngiger machte, zeigte er ihm zu- gleich, welchen Vortheil er von der Verbindung mit der roͤmiſchen Kirche zu erwarten habe.
Es kam dann hauptſaͤchlich darauf an, ob der Her- zog die ſchon begruͤndete religioͤſe Oppoſition ſeiner Land- ſtaͤnde wieder zu beſeitigen vermoͤgen wuͤrde.
Auf einem Landtage zu Ingolſtadt im Jahre 1563 ging er an dieß Werk. Die Praͤlaten waren ſchon an ſich geneigt: zunaͤchſt bearbeitete er die Staͤdte. Sey es nun, daß die Lehren des wiederauflebenden Katholicismus, die Thaͤtigkeit der allenthalben eindringenden Jeſuiten auch auf die Staͤdte beſonders die leitenden Mitglieder ihrer Ver- ſammlung Einfluß gewonnen hatten, oder daß andere Ruͤck- ſichten eintraten: genug die Staͤdte ließen von den Forde- rungen neuer religioͤſer Zugeſtaͤndniſſe, die ſie bisher im- mer eifrig betrieben, dieß Mal ab, und ſchritten zu ihren
1)Legationes Paparum ad Duces Bavariae. Ms. der Bi- bliothek zu Muͤnchen. Prima legatio 1563. „Quodsi Sua Celsi- tudo Illma absque sedis apostolicae autoritate usum calicis con- cedat, ipsi principi etiam plurimum decederet de ejus apud sub- ditos autoritate. Auf dem Landtag klagte man, der Fuͤrſt ſey durch die Decimation verblendet.
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Buch V. Gegenreformationen.
ten, erlernt. Es kam aber auch noch eine andere Einwirkung
hinzu. Pius IV. machte den Herzog nicht allein aufmerkſam,
daß ihm jedes religioͤſe Zugeſtaͤndniß den Gehorſam ſeiner
Unterthanen ſchmaͤlern werde 1): was bei der Lage des deut-
ſchen Fuͤrſtenthums nicht wohl zu laͤugnen ſtand; er gab
ſeiner Ermahnung auch durch Gnadenbezeugungen Nach-
druck: er uͤberließ ihm einen Zehnten von den Guͤtern ſei-
ner Geiſtlichkeit. Indem er ihn hiedurch von den Bewil-
ligungen der Staͤnde unabhaͤngiger machte, zeigte er ihm zu-
gleich, welchen Vortheil er von der Verbindung mit der
roͤmiſchen Kirche zu erwarten habe.
Es kam dann hauptſaͤchlich darauf an, ob der Her-
zog die ſchon begruͤndete religioͤſe Oppoſition ſeiner Land-
ſtaͤnde wieder zu beſeitigen vermoͤgen wuͤrde.
Auf einem Landtage zu Ingolſtadt im Jahre 1563
ging er an dieß Werk. Die Praͤlaten waren ſchon an ſich
geneigt: zunaͤchſt bearbeitete er die Staͤdte. Sey es nun,
daß die Lehren des wiederauflebenden Katholicismus, die
Thaͤtigkeit der allenthalben eindringenden Jeſuiten auch auf
die Staͤdte beſonders die leitenden Mitglieder ihrer Ver-
ſammlung Einfluß gewonnen hatten, oder daß andere Ruͤck-
ſichten eintraten: genug die Staͤdte ließen von den Forde-
rungen neuer religioͤſer Zugeſtaͤndniſſe, die ſie bisher im-
mer eifrig betrieben, dieß Mal ab, und ſchritten zu ihren
1) Legationes Paparum ad Duces Bavariae. Ms. der Bi-
bliothek zu Muͤnchen. Prima legatio 1563. „Quodsi Sua Celsi-
tudo Illma absque sedis apostolicae autoritate usum calicis con-
cedat, ipsi principi etiam plurimum decederet de ejus apud sub-
ditos autoritate. Auf dem Landtag klagte man, der Fuͤrſt ſey durch
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/50>, abgerufen am 07.07.2024.
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