reich und gelehrt, war für seine Landsleute unwiderstehlich. Auch die Gabe der Rede war ihm verliehen: er soll bei 50 Familien persönlich zum Uebertritt bewogen haben. Na- men wie Zrinyi, Forgacz, Erdödy, Balassa, Jakusith, Ho- monay, Adam Thurzo finden wir darunter. Der Graf Adam Zrinyi hat allein zwanzig protestantische Pfarrer verjagt und katholische an ihre Stelle gesetzt. Unter die- sen Einflüssen nahmen auch die ungarischen Reichsangele- genheiten eine andere Wendung. Auf dem Reichstage von 1625 hatte die katholisch-östreichische Partei die Majori- tät. Ein Convertit, den der Hof wünschte, ein Esterhazy, ward zum Palatin ernannt.
Bemerken wir aber hier gleich den Unterschied. In Ungarn war der Uebertritt bei weitem freiwilliger als in den übrigen Provinzen: die Magnaten gaben mit demsel- ben kein einziges ihrer Rechte auf: es könnte eher seyn, daß sie neue erworben hätten. In den östreichisch-böhmi- schen Landschaften dagegen hatte sich die ganze Selbstän- digkeit der Stände, ihre Kraft und Macht in die For- men des Protestantismns geworfen: ihr Uebertritt war, wenn nicht in jedem einzelnen Falle, doch im Ganzen erzwungen: mit der Wiederherstellung des Katholicismus trat hier zu- gleich die vollkommene Gewalt der Regierung ein.
2. Das Reich. Uebertragung der Chur.
Wir wissen, wie so viel weiter man in dem deutschen Reiche schon war als in den Erblanden; demohnerachtet
BuchVII.Kap. 1. Ausbreitung des Kathol.
reich und gelehrt, war fuͤr ſeine Landsleute unwiderſtehlich. Auch die Gabe der Rede war ihm verliehen: er ſoll bei 50 Familien perſoͤnlich zum Uebertritt bewogen haben. Na- men wie Zrinyi, Forgacz, Erdoͤdy, Balaſſa, Jakuſith, Ho- monay, Adam Thurzo finden wir darunter. Der Graf Adam Zrinyi hat allein zwanzig proteſtantiſche Pfarrer verjagt und katholiſche an ihre Stelle geſetzt. Unter die- ſen Einfluͤſſen nahmen auch die ungariſchen Reichsangele- genheiten eine andere Wendung. Auf dem Reichstage von 1625 hatte die katholiſch-oͤſtreichiſche Partei die Majori- taͤt. Ein Convertit, den der Hof wuͤnſchte, ein Eſterhazy, ward zum Palatin ernannt.
Bemerken wir aber hier gleich den Unterſchied. In Ungarn war der Uebertritt bei weitem freiwilliger als in den uͤbrigen Provinzen: die Magnaten gaben mit demſel- ben kein einziges ihrer Rechte auf: es koͤnnte eher ſeyn, daß ſie neue erworben haͤtten. In den oͤſtreichiſch-boͤhmi- ſchen Landſchaften dagegen hatte ſich die ganze Selbſtaͤn- digkeit der Staͤnde, ihre Kraft und Macht in die For- men des Proteſtantismns geworfen: ihr Uebertritt war, wenn nicht in jedem einzelnen Falle, doch im Ganzen erzwungen: mit der Wiederherſtellung des Katholicismus trat hier zu- gleich die vollkommene Gewalt der Regierung ein.
2. Das Reich. Uebertragung der Chur.
Wir wiſſen, wie ſo viel weiter man in dem deutſchen Reiche ſchon war als in den Erblanden; demohnerachtet
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0478"n="466"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Buch</hi><hirendition="#aq">VII.</hi><hirendition="#g">Kap. 1. Ausbreitung des Kathol</hi>.</fw><lb/>
reich und gelehrt, war fuͤr ſeine Landsleute unwiderſtehlich.<lb/>
Auch die Gabe der Rede war ihm verliehen: er ſoll bei<lb/>
50 Familien perſoͤnlich zum Uebertritt bewogen haben. Na-<lb/>
men wie Zrinyi, Forgacz, Erdoͤdy, Balaſſa, Jakuſith, Ho-<lb/>
monay, Adam Thurzo finden wir darunter. Der Graf<lb/>
Adam Zrinyi hat allein zwanzig proteſtantiſche Pfarrer<lb/>
verjagt und katholiſche an ihre Stelle geſetzt. Unter die-<lb/>ſen Einfluͤſſen nahmen auch die ungariſchen Reichsangele-<lb/>
genheiten eine andere Wendung. Auf dem Reichstage von<lb/>
1625 hatte die katholiſch-oͤſtreichiſche Partei die Majori-<lb/>
taͤt. Ein Convertit, den der Hof wuͤnſchte, ein Eſterhazy,<lb/>
ward zum Palatin ernannt.</p><lb/><p>Bemerken wir aber hier gleich den Unterſchied. In<lb/>
Ungarn war der Uebertritt bei weitem freiwilliger als in<lb/>
den uͤbrigen Provinzen: die Magnaten gaben mit demſel-<lb/>
ben kein einziges ihrer Rechte auf: es koͤnnte eher ſeyn,<lb/>
daß ſie neue erworben haͤtten. In den oͤſtreichiſch-boͤhmi-<lb/>ſchen Landſchaften dagegen hatte ſich die ganze Selbſtaͤn-<lb/>
digkeit der Staͤnde, ihre Kraft und Macht in die For-<lb/>
men des Proteſtantismns geworfen: ihr Uebertritt war, wenn<lb/>
nicht in jedem einzelnen Falle, doch im Ganzen erzwungen:<lb/>
mit der Wiederherſtellung des Katholicismus trat hier zu-<lb/>
gleich die vollkommene Gewalt der Regierung ein.</p></div><lb/><divn="4"><head>2.<lb/>
Das Reich. Uebertragung der Chur.</head><lb/><p>Wir wiſſen, wie ſo viel weiter man in dem deutſchen<lb/>
Reiche ſchon war als in den Erblanden; demohnerachtet<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[466/0478]
Buch VII. Kap. 1. Ausbreitung des Kathol.
reich und gelehrt, war fuͤr ſeine Landsleute unwiderſtehlich.
Auch die Gabe der Rede war ihm verliehen: er ſoll bei
50 Familien perſoͤnlich zum Uebertritt bewogen haben. Na-
men wie Zrinyi, Forgacz, Erdoͤdy, Balaſſa, Jakuſith, Ho-
monay, Adam Thurzo finden wir darunter. Der Graf
Adam Zrinyi hat allein zwanzig proteſtantiſche Pfarrer
verjagt und katholiſche an ihre Stelle geſetzt. Unter die-
ſen Einfluͤſſen nahmen auch die ungariſchen Reichsangele-
genheiten eine andere Wendung. Auf dem Reichstage von
1625 hatte die katholiſch-oͤſtreichiſche Partei die Majori-
taͤt. Ein Convertit, den der Hof wuͤnſchte, ein Eſterhazy,
ward zum Palatin ernannt.
Bemerken wir aber hier gleich den Unterſchied. In
Ungarn war der Uebertritt bei weitem freiwilliger als in
den uͤbrigen Provinzen: die Magnaten gaben mit demſel-
ben kein einziges ihrer Rechte auf: es koͤnnte eher ſeyn,
daß ſie neue erworben haͤtten. In den oͤſtreichiſch-boͤhmi-
ſchen Landſchaften dagegen hatte ſich die ganze Selbſtaͤn-
digkeit der Staͤnde, ihre Kraft und Macht in die For-
men des Proteſtantismns geworfen: ihr Uebertritt war, wenn
nicht in jedem einzelnen Falle, doch im Ganzen erzwungen:
mit der Wiederherſtellung des Katholicismus trat hier zu-
gleich die vollkommene Gewalt der Regierung ein.
2.
Das Reich. Uebertragung der Chur.
Wir wiſſen, wie ſo viel weiter man in dem deutſchen
Reiche ſchon war als in den Erblanden; demohnerachtet
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/478>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.