Unter diesen Umständen wurden die so oft wiederhol- ten, so oft mißlungenen Versuche den Katholicismus in dem eigentlichen Oestreich herzustellen endlich mit entschei- dendem Erfolge erneuert 1). Erst wurden die der Rebellion angeklagten, dann alle andern Prediger verjagt; mit einem Zehrpfennig versehen, fuhren die armen Leute langsam die Donau hinauf: man rief ihnen nach: wo ist nun eure feste Burg? Der Kaiser erklärte den Landständen gerade heraus: "er habe sich und seinen Nachkommen die Dispo- sition über die Religion gänzlich und allerdings vorbehal- ten." Im October 1624 erschien eine Commission, die den Einwohnern eine Frist setzte, binnen welcher sie sich zum katholischen Ritus bekennen oder das Land geräumt haben müßten. Nur dem Adel ward noch für den Augenblick und persönlich einige Nachsicht gewährt.
Nun konnte man in Ungarn, obschon es auch besiegt war, wohl nicht so gewaltsam verfahren: doch brachten der Zug der Dinge, die Gunst der Regierung und vor allem die Bemühungen des Erzbischofs Pazmany auch hier eine Verän- derung hervor. Pazmany besaß ein großes Talent seine Mut- tersprache gut zu schreiben. Sein Buch: Kalauz 2), geist-
Svevia lasciandosi rapire da quel nome di fratellanza e sicurta di havere sempre del pane, che in casa loro diffidavano potersi col proprio sudore guadagnare, onde si sono avvanzati alle volte sino al numero di centomila.
1) Es war der erste Gedanke des Kaisers gewesen, noch vor der Prager Schlacht, so wie Maximilian das oberöstreichische Gebiet betrat: er drang in denselben, unverzüglich die Prädicanten abzustel- len, "damit die Pfeifer abgeschafft und der Tanz eingestellt werde". Sein Schreiben in Breiers Forts. von Wolfs Maximilian. IV, 414.
Unter dieſen Umſtaͤnden wurden die ſo oft wiederhol- ten, ſo oft mißlungenen Verſuche den Katholicismus in dem eigentlichen Oeſtreich herzuſtellen endlich mit entſchei- dendem Erfolge erneuert 1). Erſt wurden die der Rebellion angeklagten, dann alle andern Prediger verjagt; mit einem Zehrpfennig verſehen, fuhren die armen Leute langſam die Donau hinauf: man rief ihnen nach: wo iſt nun eure feſte Burg? Der Kaiſer erklaͤrte den Landſtaͤnden gerade heraus: „er habe ſich und ſeinen Nachkommen die Dispo- ſition uͤber die Religion gaͤnzlich und allerdings vorbehal- ten.“ Im October 1624 erſchien eine Commiſſion, die den Einwohnern eine Friſt ſetzte, binnen welcher ſie ſich zum katholiſchen Ritus bekennen oder das Land geraͤumt haben muͤßten. Nur dem Adel ward noch fuͤr den Augenblick und perſoͤnlich einige Nachſicht gewaͤhrt.
Nun konnte man in Ungarn, obſchon es auch beſiegt war, wohl nicht ſo gewaltſam verfahren: doch brachten der Zug der Dinge, die Gunſt der Regierung und vor allem die Bemuͤhungen des Erzbiſchofs Pazmany auch hier eine Veraͤn- derung hervor. Pazmany beſaß ein großes Talent ſeine Mut- terſprache gut zu ſchreiben. Sein Buch: Kalauz 2), geiſt-
Svevia lasciandosi rapire da quel nome di fratellanza e sicurtà di havere sempre del pane, che in casa loro diffidavano potersi col proprio sudore guadagnare, onde si sono avvanzati alle volte sino al numero di centomila.
1) Es war der erſte Gedanke des Kaiſers geweſen, noch vor der Prager Schlacht, ſo wie Maximilian das oberoͤſtreichiſche Gebiet betrat: er drang in denſelben, unverzuͤglich die Praͤdicanten abzuſtel- len, „damit die Pfeifer abgeſchafft und der Tanz eingeſtellt werde“. Sein Schreiben in Breiers Fortſ. von Wolfs Maximilian. IV, 414.
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des Kathol. Maͤhren. Oeſtreich. Ungarn.
Unter dieſen Umſtaͤnden wurden die ſo oft wiederhol-
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dendem Erfolge erneuert 1). Erſt wurden die der Rebellion
angeklagten, dann alle andern Prediger verjagt; mit einem
Zehrpfennig verſehen, fuhren die armen Leute langſam die
Donau hinauf: man rief ihnen nach: wo iſt nun eure
feſte Burg? Der Kaiſer erklaͤrte den Landſtaͤnden gerade
heraus: „er habe ſich und ſeinen Nachkommen die Dispo-
ſition uͤber die Religion gaͤnzlich und allerdings vorbehal-
ten.“ Im October 1624 erſchien eine Commiſſion, die
den Einwohnern eine Friſt ſetzte, binnen welcher ſie ſich zum
katholiſchen Ritus bekennen oder das Land geraͤumt haben
muͤßten. Nur dem Adel ward noch fuͤr den Augenblick
und perſoͤnlich einige Nachſicht gewaͤhrt.
Nun konnte man in Ungarn, obſchon es auch beſiegt
war, wohl nicht ſo gewaltſam verfahren: doch brachten der
Zug der Dinge, die Gunſt der Regierung und vor allem die
Bemuͤhungen des Erzbiſchofs Pazmany auch hier eine Veraͤn-
derung hervor. Pazmany beſaß ein großes Talent ſeine Mut-
terſprache gut zu ſchreiben. Sein Buch: Kalauz 2), geiſt-
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1) Es war der erſte Gedanke des Kaiſers geweſen, noch vor
der Prager Schlacht, ſo wie Maximilian das oberoͤſtreichiſche Gebiet
betrat: er drang in denſelben, unverzuͤglich die Praͤdicanten abzuſtel-
len, „damit die Pfeifer abgeſchafft und der Tanz eingeſtellt werde“.
Sein Schreiben in Breiers Fortſ. von Wolfs Maximilian. IV, 414.
2) Hodoegus Igazságra vezérlö Kalauz. Presb. 1613, 1623.
2) Svevia lasciandosi rapire da quel nome di fratellanza e sicurtà
di havere sempre del pane, che in casa loro diffidavano potersi
col proprio sudore guadagnare, onde si sono avvanzati alle volte
sino al numero di centomila.
Päpſte* 30
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/477>, abgerufen am 30.07.2024.
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