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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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eines allgemeinen Krieges.
Theil. Die innere Verfassung der Hugenotten war schon
republikanisch, und zwar selbst nicht ohne demokratische
Elemente. In den englischen Puritanern traten diese be-
reits einem protestantischen König entgegen. Es existirt
eine kleine Schrift von einem kaiserlichen Botschafter in
Paris aus dieser Zeit, in welcher die europäischen Für-
sten mit vieler Lebhaftigkeit auf die gemeinschaftliche Ge-
fahr aufmerksam gemacht werden, die ihnen aus dem Em-
porkommen eines solchen Geistes entspringe 1).

Die katholische Welt war in diesem Augenblick ein-
müthig, classisch, monarchisch: die protestantische entzweit,
romantisch, republikanisch.

In dem Jahre 1617 ließ sich bereits alles zu einem
entscheidenden Kampfe zwischen ihnen an; auf der katholi-
schen Seite fühlte man sich, wie es scheint, überlegen: es
ist nicht zu leugnen, daß sie sich zuerst erhob.

In Frankreich erging am 15ten Juni 1617 ein Edict,
das der katholische Clerus schon längst gefordert, aber der
Hof aus Rücksicht auf die Macht und die Oberhäupter
der Hugenotten noch immer verweigert hatte, kraft dessen
die Kirchengüter in Bearn wieder herausgegeben werden
sollten. Dahin ließ sich Luines bringen, der sich, obwohl
die Protestanten anfangs auf ihn rechneten 2), doch all-

1) Advis sur les causes des mouvements de l'Europe, en-
voye aux roys et princes pour la conservation de leurs royau-
mes et principautes, fait par Messir Al. Cunr. baron de Fri-
demburg e presente au roy tres chrestien par le comte de Fur-
stemberg, ambassadeur de l'empereur.
Aufgenommen im Mer-
cure francois tom. IX, p.
342.
2) Man ersieht das unter andern aus einem Schreiben von

eines allgemeinen Krieges.
Theil. Die innere Verfaſſung der Hugenotten war ſchon
republikaniſch, und zwar ſelbſt nicht ohne demokratiſche
Elemente. In den engliſchen Puritanern traten dieſe be-
reits einem proteſtantiſchen Koͤnig entgegen. Es exiſtirt
eine kleine Schrift von einem kaiſerlichen Botſchafter in
Paris aus dieſer Zeit, in welcher die europaͤiſchen Fuͤr-
ſten mit vieler Lebhaftigkeit auf die gemeinſchaftliche Ge-
fahr aufmerkſam gemacht werden, die ihnen aus dem Em-
porkommen eines ſolchen Geiſtes entſpringe 1).

Die katholiſche Welt war in dieſem Augenblick ein-
muͤthig, claſſiſch, monarchiſch: die proteſtantiſche entzweit,
romantiſch, republikaniſch.

In dem Jahre 1617 ließ ſich bereits alles zu einem
entſcheidenden Kampfe zwiſchen ihnen an; auf der katholi-
ſchen Seite fuͤhlte man ſich, wie es ſcheint, uͤberlegen: es
iſt nicht zu leugnen, daß ſie ſich zuerſt erhob.

In Frankreich erging am 15ten Juni 1617 ein Edict,
das der katholiſche Clerus ſchon laͤngſt gefordert, aber der
Hof aus Ruͤckſicht auf die Macht und die Oberhaͤupter
der Hugenotten noch immer verweigert hatte, kraft deſſen
die Kirchenguͤter in Bearn wieder herausgegeben werden
ſollten. Dahin ließ ſich Luines bringen, der ſich, obwohl
die Proteſtanten anfangs auf ihn rechneten 2), doch all-

1) Advis sur les causes des mouvements de l’Europe, en-
voyé aux roys et princes pour la conservation de leurs royau-
mes et principautés, fait par Messir Al. Cunr. baron de Fri-
demburg e presenté au roy très chrestien par le comte de Fur-
stemberg, ambassadeur de l’empereur.
Aufgenommen im Mer-
cure françois tom. IX, p.
342.
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[445/0457] eines allgemeinen Krieges. Theil. Die innere Verfaſſung der Hugenotten war ſchon republikaniſch, und zwar ſelbſt nicht ohne demokratiſche Elemente. In den engliſchen Puritanern traten dieſe be- reits einem proteſtantiſchen Koͤnig entgegen. Es exiſtirt eine kleine Schrift von einem kaiſerlichen Botſchafter in Paris aus dieſer Zeit, in welcher die europaͤiſchen Fuͤr- ſten mit vieler Lebhaftigkeit auf die gemeinſchaftliche Ge- fahr aufmerkſam gemacht werden, die ihnen aus dem Em- porkommen eines ſolchen Geiſtes entſpringe 1). Die katholiſche Welt war in dieſem Augenblick ein- muͤthig, claſſiſch, monarchiſch: die proteſtantiſche entzweit, romantiſch, republikaniſch. In dem Jahre 1617 ließ ſich bereits alles zu einem entſcheidenden Kampfe zwiſchen ihnen an; auf der katholi- ſchen Seite fuͤhlte man ſich, wie es ſcheint, uͤberlegen: es iſt nicht zu leugnen, daß ſie ſich zuerſt erhob. In Frankreich erging am 15ten Juni 1617 ein Edict, das der katholiſche Clerus ſchon laͤngſt gefordert, aber der Hof aus Ruͤckſicht auf die Macht und die Oberhaͤupter der Hugenotten noch immer verweigert hatte, kraft deſſen die Kirchenguͤter in Bearn wieder herausgegeben werden ſollten. Dahin ließ ſich Luines bringen, der ſich, obwohl die Proteſtanten anfangs auf ihn rechneten 2), doch all- 1) Advis sur les causes des mouvements de l’Europe, en- voyé aux roys et princes pour la conservation de leurs royau- mes et principautés, fait par Messir Al. Cunr. baron de Fri- demburg e presenté au roy très chrestien par le comte de Fur- stemberg, ambassadeur de l’empereur. Aufgenommen im Mer- cure françois tom. IX, p. 342. 2) Man erſieht das unter andern aus einem Schreiben von

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/457>, abgerufen am 23.11.2024.