Eine Lage der Dinge, die es für König Siegmund auf der einen Seite nothwendig, auf der andern rathsam machte, sein Glück noch einmal zu versuchen. Es war vielleicht der letzte Moment, in welchem es ihm mög- lich war seine Gewalt herzustellen. Im Sommer 1598 brach er zum zweiten Male auf um sein Erbreich einzu- nehmen.
Er war dieß Mal wo möglich noch strenger katholisch als früher. Der gute Herr glaubte, das mancherlei Un- glück das ihn seit der ersten Reise betroffen, unter andern der Tod seiner Gemahlin, sey deshalb über ihn geschickt worden, weil er damals den Ketzern Zugeständnisse gemacht habe: mit tiefem Herzeleid eröffnete er dem Nuntius diesen seinen peinlichen Gedanken. Er erklärte, er wolle eher ster- ben, als aufs neue etwas gestatten, was die Reinheit sei- nes Gewissens beflecken könne.
Es verknüpfte sich aber hiemit zugleich ein europäisches Interesse. In so großem Fortgange war der Katholicis- mus, daß er auch ein Unternehmen in einem so entfern- ten Theile von Europa hauptsächlich im Lichte einer allge- meinen Combination betrachtete.
Schon früher hatten die Spanier in ihrem Kampfe mit England ihre Augen geworfen, zuweilen auf die schwe- dischen Küsten; sie hatten gefunden, der Besitz eines schwc- dischen Hafens werde ihnen von dem größten Nutzen seyn, und Unterhandlungen darüber eröffnet. Jetzt zweifelte man nicht, daß Siegmund, wenn er nur erst Herr in seinem Lande sey, ihnen Elfsborg in Westgothland einräumen werde.
Päpste* 25
der katholiſchen Reſtauration. Schweden.
Eine Lage der Dinge, die es fuͤr Koͤnig Siegmund auf der einen Seite nothwendig, auf der andern rathſam machte, ſein Gluͤck noch einmal zu verſuchen. Es war vielleicht der letzte Moment, in welchem es ihm moͤg- lich war ſeine Gewalt herzuſtellen. Im Sommer 1598 brach er zum zweiten Male auf um ſein Erbreich einzu- nehmen.
Er war dieß Mal wo moͤglich noch ſtrenger katholiſch als fruͤher. Der gute Herr glaubte, das mancherlei Un- gluͤck das ihn ſeit der erſten Reiſe betroffen, unter andern der Tod ſeiner Gemahlin, ſey deshalb uͤber ihn geſchickt worden, weil er damals den Ketzern Zugeſtaͤndniſſe gemacht habe: mit tiefem Herzeleid eroͤffnete er dem Nuntius dieſen ſeinen peinlichen Gedanken. Er erklaͤrte, er wolle eher ſter- ben, als aufs neue etwas geſtatten, was die Reinheit ſei- nes Gewiſſens beflecken koͤnne.
Es verknuͤpfte ſich aber hiemit zugleich ein europaͤiſches Intereſſe. In ſo großem Fortgange war der Katholicis- mus, daß er auch ein Unternehmen in einem ſo entfern- ten Theile von Europa hauptſaͤchlich im Lichte einer allge- meinen Combination betrachtete.
Schon fruͤher hatten die Spanier in ihrem Kampfe mit England ihre Augen geworfen, zuweilen auf die ſchwe- diſchen Kuͤſten; ſie hatten gefunden, der Beſitz eines ſchwc- diſchen Hafens werde ihnen von dem groͤßten Nutzen ſeyn, und Unterhandlungen daruͤber eroͤffnet. Jetzt zweifelte man nicht, daß Siegmund, wenn er nur erſt Herr in ſeinem Lande ſey, ihnen Elfsborg in Weſtgothland einraͤumen werde.
Päpſte* 25
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der katholiſchen Reſtauration. Schweden.
Eine Lage der Dinge, die es fuͤr Koͤnig Siegmund
auf der einen Seite nothwendig, auf der andern rathſam
machte, ſein Gluͤck noch einmal zu verſuchen. Es war
vielleicht der letzte Moment, in welchem es ihm moͤg-
lich war ſeine Gewalt herzuſtellen. Im Sommer 1598
brach er zum zweiten Male auf um ſein Erbreich einzu-
nehmen.
Er war dieß Mal wo moͤglich noch ſtrenger katholiſch
als fruͤher. Der gute Herr glaubte, das mancherlei Un-
gluͤck das ihn ſeit der erſten Reiſe betroffen, unter andern
der Tod ſeiner Gemahlin, ſey deshalb uͤber ihn geſchickt
worden, weil er damals den Ketzern Zugeſtaͤndniſſe gemacht
habe: mit tiefem Herzeleid eroͤffnete er dem Nuntius dieſen
ſeinen peinlichen Gedanken. Er erklaͤrte, er wolle eher ſter-
ben, als aufs neue etwas geſtatten, was die Reinheit ſei-
nes Gewiſſens beflecken koͤnne.
Es verknuͤpfte ſich aber hiemit zugleich ein europaͤiſches
Intereſſe. In ſo großem Fortgange war der Katholicis-
mus, daß er auch ein Unternehmen in einem ſo entfern-
ten Theile von Europa hauptſaͤchlich im Lichte einer allge-
meinen Combination betrachtete.
Schon fruͤher hatten die Spanier in ihrem Kampfe
mit England ihre Augen geworfen, zuweilen auf die ſchwe-
diſchen Kuͤſten; ſie hatten gefunden, der Beſitz eines ſchwc-
diſchen Hafens werde ihnen von dem groͤßten Nutzen ſeyn,
und Unterhandlungen daruͤber eroͤffnet. Jetzt zweifelte man
nicht, daß Siegmund, wenn er nur erſt Herr in ſeinem
Lande ſey, ihnen Elfsborg in Weſtgothland einraͤumen werde.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/397>, abgerufen am 22.11.2024.
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