Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.Streitkräfte des Papstthums. entgegengesetzte Meinungen. Jedoch war es nicht etwa bloßeine persönliche Bewegung was ihn zu seinem politischen Verhalten vermochte. Die königliche Würde trug in Spa- nien von jeher und besonders seit den Einrichtungen Isa- bella's eine geistliche Farbe: in allen Provinzen war die königliche Gewalt durch einen Zusatz geistlicher Macht ver- stärkt: ohne die Inquisition hätten sie nicht mehr regiert werden können: auch in seinen amerikanischen Besitzungen erschien der König vor allem in dem Lichte eines Ausbrei- ters des christlichen und katholischen Glaubens: es war der Gedanke, der alle seine Länder in Gehorsam gegen ihn vereinigte. Er hätte ihn nicht aufgeben dürfen, ohne we- sentliche Gefahr. Die Ausbreitung der Hugenotten in dem südlichen Frankreich erregte in Spanien die größte Besorg- niß; die Inquisition glaubte sich zu verdoppelter Wach- samkeit verpflichtet. "Ich versichere Ew. Herrlichkeit", schreibt der venezianische Gesandte am 25. August 1562 an seinen Fürsten, "für dieses Land wäre keine große religiöse Bewegung zu wünschen: es sind ihrer Viele, die sich nach einer Veränderung der Religion sehnen" 1). Der päpstliche Nuntius meinte, der Fortgang des Conciliums, das damals versammelt war, sey eine Sache, an welcher der königli- chen Gewalt nicht minder gelegen sey als der päpstlichen. "Denn," sagt er, "der Gehorsam, den der König fin- det, seine ganze Regierung hängt von der Inquisition ab. 1) Dispaccio Soranzo Perpignan 28 Maggio. Essendo in
questa provincia (Spagna) molti Ugonotti quasi non osano mo- strarsi per la severissima dimostratione che qui fanno contra. Dubitano che non si mettano insieme, essendone molti per tutta la Spagna. Streitkraͤfte des Papſtthums. entgegengeſetzte Meinungen. Jedoch war es nicht etwa bloßeine perſoͤnliche Bewegung was ihn zu ſeinem politiſchen Verhalten vermochte. Die koͤnigliche Wuͤrde trug in Spa- nien von jeher und beſonders ſeit den Einrichtungen Iſa- bella’s eine geiſtliche Farbe: in allen Provinzen war die koͤnigliche Gewalt durch einen Zuſatz geiſtlicher Macht ver- ſtaͤrkt: ohne die Inquiſition haͤtten ſie nicht mehr regiert werden koͤnnen: auch in ſeinen amerikaniſchen Beſitzungen erſchien der Koͤnig vor allem in dem Lichte eines Ausbrei- ters des chriſtlichen und katholiſchen Glaubens: es war der Gedanke, der alle ſeine Laͤnder in Gehorſam gegen ihn vereinigte. Er haͤtte ihn nicht aufgeben duͤrfen, ohne we- ſentliche Gefahr. Die Ausbreitung der Hugenotten in dem ſuͤdlichen Frankreich erregte in Spanien die groͤßte Beſorg- niß; die Inquiſition glaubte ſich zu verdoppelter Wach- ſamkeit verpflichtet. „Ich verſichere Ew. Herrlichkeit“, ſchreibt der venezianiſche Geſandte am 25. Auguſt 1562 an ſeinen Fuͤrſten, „fuͤr dieſes Land waͤre keine große religioͤſe Bewegung zu wuͤnſchen: es ſind ihrer Viele, die ſich nach einer Veraͤnderung der Religion ſehnen“ 1). Der paͤpſtliche Nuntius meinte, der Fortgang des Conciliums, das damals verſammelt war, ſey eine Sache, an welcher der koͤnigli- chen Gewalt nicht minder gelegen ſey als der paͤpſtlichen. „Denn,“ ſagt er, „der Gehorſam, den der Koͤnig fin- det, ſeine ganze Regierung haͤngt von der Inquiſition ab. 1) Dispaccio Soranzo Perpignan 28 Maggio. Essendo in
questa provincia (Spagna) molti Ugonotti quasi non osano mo- strarsi per la severissima dimostratione che qui fanno contra. Dubitano che non si mettano insieme, essendone molti per tutta la Spagna. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0033" n="21"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Streitkraͤfte des Papſtthums</hi>.</fw><lb/> entgegengeſetzte Meinungen. Jedoch war es nicht etwa bloß<lb/> eine perſoͤnliche Bewegung was ihn zu ſeinem politiſchen<lb/> Verhalten vermochte. Die koͤnigliche Wuͤrde trug in Spa-<lb/> nien von jeher und beſonders ſeit den Einrichtungen Iſa-<lb/> bella’s eine geiſtliche Farbe: in allen Provinzen war die<lb/> koͤnigliche Gewalt durch einen Zuſatz geiſtlicher Macht ver-<lb/> ſtaͤrkt: ohne die Inquiſition haͤtten ſie nicht mehr regiert<lb/> werden koͤnnen: auch in ſeinen amerikaniſchen Beſitzungen<lb/> erſchien der Koͤnig vor allem in dem Lichte eines Ausbrei-<lb/> ters des chriſtlichen und katholiſchen Glaubens: es war<lb/> der Gedanke, der alle ſeine Laͤnder in Gehorſam gegen ihn<lb/> vereinigte. Er haͤtte ihn nicht aufgeben duͤrfen, ohne we-<lb/> ſentliche Gefahr. Die Ausbreitung der Hugenotten in dem<lb/> ſuͤdlichen Frankreich erregte in Spanien die groͤßte Beſorg-<lb/> niß; die Inquiſition glaubte ſich zu verdoppelter Wach-<lb/> ſamkeit verpflichtet. „Ich verſichere Ew. Herrlichkeit“,<lb/> ſchreibt der venezianiſche Geſandte am 25. Auguſt 1562 an<lb/> ſeinen Fuͤrſten, „fuͤr dieſes Land waͤre keine große religioͤſe<lb/> Bewegung zu wuͤnſchen: es ſind ihrer Viele, die ſich nach<lb/> einer Veraͤnderung der Religion ſehnen“ <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Dispaccio Soranzo Perpignan 28 Maggio. Essendo in<lb/> questa provincia (Spagna) molti Ugonotti quasi non osano mo-<lb/> strarsi per la severissima dimostratione che qui fanno contra.<lb/> Dubitano che non si mettano insieme, essendone molti per tutta<lb/> la Spagna.</hi></note>. Der paͤpſtliche<lb/> Nuntius meinte, der Fortgang des Conciliums, das damals<lb/> verſammelt war, ſey eine Sache, an welcher der koͤnigli-<lb/> chen Gewalt nicht minder gelegen ſey als der paͤpſtlichen.<lb/> „Denn,“ ſagt er, „der Gehorſam, den der Koͤnig fin-<lb/> det, ſeine ganze Regierung haͤngt von der Inquiſition ab.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0033]
Streitkraͤfte des Papſtthums.
entgegengeſetzte Meinungen. Jedoch war es nicht etwa bloß
eine perſoͤnliche Bewegung was ihn zu ſeinem politiſchen
Verhalten vermochte. Die koͤnigliche Wuͤrde trug in Spa-
nien von jeher und beſonders ſeit den Einrichtungen Iſa-
bella’s eine geiſtliche Farbe: in allen Provinzen war die
koͤnigliche Gewalt durch einen Zuſatz geiſtlicher Macht ver-
ſtaͤrkt: ohne die Inquiſition haͤtten ſie nicht mehr regiert
werden koͤnnen: auch in ſeinen amerikaniſchen Beſitzungen
erſchien der Koͤnig vor allem in dem Lichte eines Ausbrei-
ters des chriſtlichen und katholiſchen Glaubens: es war
der Gedanke, der alle ſeine Laͤnder in Gehorſam gegen ihn
vereinigte. Er haͤtte ihn nicht aufgeben duͤrfen, ohne we-
ſentliche Gefahr. Die Ausbreitung der Hugenotten in dem
ſuͤdlichen Frankreich erregte in Spanien die groͤßte Beſorg-
niß; die Inquiſition glaubte ſich zu verdoppelter Wach-
ſamkeit verpflichtet. „Ich verſichere Ew. Herrlichkeit“,
ſchreibt der venezianiſche Geſandte am 25. Auguſt 1562 an
ſeinen Fuͤrſten, „fuͤr dieſes Land waͤre keine große religioͤſe
Bewegung zu wuͤnſchen: es ſind ihrer Viele, die ſich nach
einer Veraͤnderung der Religion ſehnen“ 1). Der paͤpſtliche
Nuntius meinte, der Fortgang des Conciliums, das damals
verſammelt war, ſey eine Sache, an welcher der koͤnigli-
chen Gewalt nicht minder gelegen ſey als der paͤpſtlichen.
„Denn,“ ſagt er, „der Gehorſam, den der Koͤnig fin-
det, ſeine ganze Regierung haͤngt von der Inquiſition ab.
1) Dispaccio Soranzo Perpignan 28 Maggio. Essendo in
questa provincia (Spagna) molti Ugonotti quasi non osano mo-
strarsi per la severissima dimostratione che qui fanno contra.
Dubitano che non si mettano insieme, essendone molti per tutta
la Spagna.
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