Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Politische Stellung Clemens VIII.
alle diese Widersetzlichkeit ging ihm durch: es ward eine
förmliche Unterhandlung eingeleitet: man nahm die Miene
an, als liege die Sache am Governator, und veranstaltete
eine Versöhnung desselben mit dem Hause Farnese. Dann
kehrte der Cardinal zurück: nicht minder glänzend, als wie
er gegangen war. Alle Straßen, Fenster, Dächer waren
mit Menschen erfüllt. Nie waren die Farnesen zur Zeit
ihrer Herrschaft so glänzend empfangen, oder gar mit so
lautem Jubel begrüßt worden 1).

Wenn aber Cardinal Pietro Aldobrandino dieß geschehen
ließ, so war es nicht allein Schwäche, erzwungene Nach-
giebigkeit: die Farnesen waren am Ende nahe Verwandte
des päpstlichen Hauses: auch hätte es nichts geholfen, sich
unversöhnlich anzustellen; vor allem mußte der Ursprung
des Uebels gehoben werden, der in den politischen Verhält-
nissen lag. Von den Spaniern war keine Aenderung ih-
res Systemes, nicht einmal die Abberufung eines so un-
bequemen Gesandten zu erlangen: Aldobrandino konnte sich
nur dadurch helfen, daß er Heinrich IV. zu lebhafter Theil-
nahme an den italienischen Angelegenheiten bewog.

Es war ihm erquickend, sagen seine Feinde, "wie an
einem heißen Tage ein kühler ruhiger Wind", als im De-
zember 1604 drei französische Cardinäle, alles ausgezeichnete
Männer, auf einmal ankamen. Es ward wieder möglich

1) Contarini: S'invio in Roma entrando in guisa trion-
fante con clamori popolari che andavano al cielo, incontrato in
forma di re dall' ambasciator di Cesare, di Spagna, dalli cardi-
nali Sfondrato, Santiquatro, San Cesareo e Conti, dal general
Georgio suo cognato, tutta la cavalleria e tutte le guardie del
papa, confluendo li cavalieri e baroni.

Politiſche Stellung Clemens VIII.
alle dieſe Widerſetzlichkeit ging ihm durch: es ward eine
foͤrmliche Unterhandlung eingeleitet: man nahm die Miene
an, als liege die Sache am Governator, und veranſtaltete
eine Verſoͤhnung deſſelben mit dem Hauſe Farneſe. Dann
kehrte der Cardinal zuruͤck: nicht minder glaͤnzend, als wie
er gegangen war. Alle Straßen, Fenſter, Daͤcher waren
mit Menſchen erfuͤllt. Nie waren die Farneſen zur Zeit
ihrer Herrſchaft ſo glaͤnzend empfangen, oder gar mit ſo
lautem Jubel begruͤßt worden 1).

Wenn aber Cardinal Pietro Aldobrandino dieß geſchehen
ließ, ſo war es nicht allein Schwaͤche, erzwungene Nach-
giebigkeit: die Farneſen waren am Ende nahe Verwandte
des paͤpſtlichen Hauſes: auch haͤtte es nichts geholfen, ſich
unverſoͤhnlich anzuſtellen; vor allem mußte der Urſprung
des Uebels gehoben werden, der in den politiſchen Verhaͤlt-
niſſen lag. Von den Spaniern war keine Aenderung ih-
res Syſtemes, nicht einmal die Abberufung eines ſo un-
bequemen Geſandten zu erlangen: Aldobrandino konnte ſich
nur dadurch helfen, daß er Heinrich IV. zu lebhafter Theil-
nahme an den italieniſchen Angelegenheiten bewog.

Es war ihm erquickend, ſagen ſeine Feinde, „wie an
einem heißen Tage ein kuͤhler ruhiger Wind“, als im De-
zember 1604 drei franzoͤſiſche Cardinaͤle, alles ausgezeichnete
Maͤnner, auf einmal ankamen. Es ward wieder moͤglich

1) Contarini: S’inviò in Roma entrando in guisa trion-
fante con clamori popolari che andavano al cielo, incontrato in
forma di re dall’ ambasciator di Cesare, di Spagna, dalli cardi-
nali Sfondrato, Santiquatro, San Cesareo e Conti, dal general
Georgio suo cognato, tutta la cavalleria e tutte le guardie del
papa, confluendo li cavalieri e baroni.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0327" n="315"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Politi&#x017F;che Stellung Clemens</hi><hi rendition="#aq">VIII.</hi></fw><lb/>
alle die&#x017F;e Wider&#x017F;etzlichkeit ging ihm durch: es ward eine<lb/>
fo&#x0364;rmliche Unterhandlung eingeleitet: man nahm die Miene<lb/>
an, als liege die Sache am Governator, und veran&#x017F;taltete<lb/>
eine Ver&#x017F;o&#x0364;hnung de&#x017F;&#x017F;elben mit dem Hau&#x017F;e Farne&#x017F;e. Dann<lb/>
kehrte der Cardinal zuru&#x0364;ck: nicht minder gla&#x0364;nzend, als wie<lb/>
er gegangen war. Alle Straßen, Fen&#x017F;ter, Da&#x0364;cher waren<lb/>
mit Men&#x017F;chen erfu&#x0364;llt. Nie waren die Farne&#x017F;en zur Zeit<lb/>
ihrer Herr&#x017F;chaft &#x017F;o gla&#x0364;nzend empfangen, oder gar mit &#x017F;o<lb/>
lautem Jubel begru&#x0364;ßt worden <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Contarini: S&#x2019;inviò in Roma entrando in guisa trion-<lb/>
fante con clamori popolari che andavano al cielo, incontrato in<lb/>
forma di re dall&#x2019; ambasciator di Cesare, di Spagna, dalli cardi-<lb/>
nali Sfondrato, Santiquatro, San Cesareo e Conti, dal general<lb/>
Georgio suo cognato, tutta la cavalleria e tutte le guardie del<lb/>
papa, confluendo li cavalieri e baroni.</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Wenn aber Cardinal Pietro Aldobrandino dieß ge&#x017F;chehen<lb/>
ließ, &#x017F;o war es nicht allein Schwa&#x0364;che, erzwungene Nach-<lb/>
giebigkeit: die Farne&#x017F;en waren am Ende nahe Verwandte<lb/>
des pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Hau&#x017F;es: auch ha&#x0364;tte es nichts geholfen, &#x017F;ich<lb/>
unver&#x017F;o&#x0364;hnlich anzu&#x017F;tellen; vor allem mußte der Ur&#x017F;prung<lb/>
des Uebels gehoben werden, der in den politi&#x017F;chen Verha&#x0364;lt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en lag. Von den Spaniern war keine Aenderung ih-<lb/>
res Sy&#x017F;temes, nicht einmal die Abberufung eines &#x017F;o un-<lb/>
bequemen Ge&#x017F;andten zu erlangen: Aldobrandino konnte &#x017F;ich<lb/>
nur dadurch helfen, daß er Heinrich <hi rendition="#aq">IV.</hi> zu lebhafter Theil-<lb/>
nahme an den italieni&#x017F;chen Angelegenheiten bewog.</p><lb/>
          <p>Es war ihm erquickend, &#x017F;agen &#x017F;eine Feinde, &#x201E;wie an<lb/>
einem heißen Tage ein ku&#x0364;hler ruhiger Wind&#x201C;, als im De-<lb/>
zember 1604 drei franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Cardina&#x0364;le, alles ausgezeichnete<lb/>
Ma&#x0364;nner, auf einmal ankamen. Es ward wieder mo&#x0364;glich<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0327] Politiſche Stellung Clemens VIII. alle dieſe Widerſetzlichkeit ging ihm durch: es ward eine foͤrmliche Unterhandlung eingeleitet: man nahm die Miene an, als liege die Sache am Governator, und veranſtaltete eine Verſoͤhnung deſſelben mit dem Hauſe Farneſe. Dann kehrte der Cardinal zuruͤck: nicht minder glaͤnzend, als wie er gegangen war. Alle Straßen, Fenſter, Daͤcher waren mit Menſchen erfuͤllt. Nie waren die Farneſen zur Zeit ihrer Herrſchaft ſo glaͤnzend empfangen, oder gar mit ſo lautem Jubel begruͤßt worden 1). Wenn aber Cardinal Pietro Aldobrandino dieß geſchehen ließ, ſo war es nicht allein Schwaͤche, erzwungene Nach- giebigkeit: die Farneſen waren am Ende nahe Verwandte des paͤpſtlichen Hauſes: auch haͤtte es nichts geholfen, ſich unverſoͤhnlich anzuſtellen; vor allem mußte der Urſprung des Uebels gehoben werden, der in den politiſchen Verhaͤlt- niſſen lag. Von den Spaniern war keine Aenderung ih- res Syſtemes, nicht einmal die Abberufung eines ſo un- bequemen Geſandten zu erlangen: Aldobrandino konnte ſich nur dadurch helfen, daß er Heinrich IV. zu lebhafter Theil- nahme an den italieniſchen Angelegenheiten bewog. Es war ihm erquickend, ſagen ſeine Feinde, „wie an einem heißen Tage ein kuͤhler ruhiger Wind“, als im De- zember 1604 drei franzoͤſiſche Cardinaͤle, alles ausgezeichnete Maͤnner, auf einmal ankamen. Es ward wieder moͤglich 1) Contarini: S’inviò in Roma entrando in guisa trion- fante con clamori popolari che andavano al cielo, incontrato in forma di re dall’ ambasciator di Cesare, di Spagna, dalli cardi- nali Sfondrato, Santiquatro, San Cesareo e Conti, dal general Georgio suo cognato, tutta la cavalleria e tutte le guardie del papa, confluendo li cavalieri e baroni.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/327
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/327>, abgerufen am 19.05.2024.