vornehmen Geschlechter Verbrechern in ihrem Hause eine Freistätte zu gewähren nichts mehr wissen wollen. Der Cardinal Farnese, obwohl durch die Vermählung einer Al- dobrandina in das Haus Farnese mit dem Papste verwandt, machte es wieder geltend. Er ließ die Sbirren, die ihren Gefangenen in dem Pallaste suchen wollten, mit Gewalt heraustreiben: dem Governatore, der sich darauf einstellte, entgegnete er, sein Haus habe nicht die Sitte Angeklagte auszuliefern: dem Cardinal Aldobrandino, welcher Aufsehen zu vermeiden wünschte und in eigener Person erschien um die Sache in Güte beizulegen, gab er wegwerfende Ant- worten: er ließ ihn merken, nach dem Tode des Papstes, der bald zu erwarten sey, werde ein Farnese mehr zu be- deuten haben, als ein Aldobrandino.
Was ihm zu einem so trotzigen Betragen den Muth gab, war vor allem seine Verbindung mit den Spaniern. Aus der Verzichtleistung Heinrichs IV. auf Saluzzo, die man in Rom ein wenig armselig fand, hatte man geschlossen, daß sich dieser Fürst mit den italienischen Geschäften nicht befassen wolle: das Ansehen der Spanier war hierauf wie- der gestiegen: da die Aldobrandini eine so starke Hinnei- gung zu Frankreich an den Tag legten, so schlossen die Geg- ner derselben sich an Spanien an. Der spanische Botschaf- ter, Viglienna, gab dem Verfahren Farneses seine volle Billigung 1).
1)Contarini: Historia Veneta tom. III, lib. XIII MS, unter allen Autoren jener Zeit hierüber am ausführlichsten und glaub- würdigsten: Viglienna mando ordine a tutti i baroni e cava- lieri Romani obligati alla corona che per servitio del re fos- sero immediate nella casa del cardinal Farnese.
Politiſche Stellung ClemensVIII.
vornehmen Geſchlechter Verbrechern in ihrem Hauſe eine Freiſtaͤtte zu gewaͤhren nichts mehr wiſſen wollen. Der Cardinal Farneſe, obwohl durch die Vermaͤhlung einer Al- dobrandina in das Haus Farneſe mit dem Papſte verwandt, machte es wieder geltend. Er ließ die Sbirren, die ihren Gefangenen in dem Pallaſte ſuchen wollten, mit Gewalt heraustreiben: dem Governatore, der ſich darauf einſtellte, entgegnete er, ſein Haus habe nicht die Sitte Angeklagte auszuliefern: dem Cardinal Aldobrandino, welcher Aufſehen zu vermeiden wuͤnſchte und in eigener Perſon erſchien um die Sache in Guͤte beizulegen, gab er wegwerfende Ant- worten: er ließ ihn merken, nach dem Tode des Papſtes, der bald zu erwarten ſey, werde ein Farneſe mehr zu be- deuten haben, als ein Aldobrandino.
Was ihm zu einem ſo trotzigen Betragen den Muth gab, war vor allem ſeine Verbindung mit den Spaniern. Aus der Verzichtleiſtung Heinrichs IV. auf Saluzzo, die man in Rom ein wenig armſelig fand, hatte man geſchloſſen, daß ſich dieſer Fuͤrſt mit den italieniſchen Geſchaͤften nicht befaſſen wolle: das Anſehen der Spanier war hierauf wie- der geſtiegen: da die Aldobrandini eine ſo ſtarke Hinnei- gung zu Frankreich an den Tag legten, ſo ſchloſſen die Geg- ner derſelben ſich an Spanien an. Der ſpaniſche Botſchaf- ter, Viglienna, gab dem Verfahren Farneſes ſeine volle Billigung 1).
1)Contarini: Historia Veneta tom. III, lib. XIII MS, unter allen Autoren jener Zeit hieruͤber am ausfuͤhrlichſten und glaub- wuͤrdigſten: Viglienna mandò ordine a tutti i baroni e cava- lieri Romani obligati alla corona che per servitio del re fos- sero immediate nella casa del cardinal Farnese.
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Politiſche Stellung Clemens VIII.
vornehmen Geſchlechter Verbrechern in ihrem Hauſe eine
Freiſtaͤtte zu gewaͤhren nichts mehr wiſſen wollen. Der
Cardinal Farneſe, obwohl durch die Vermaͤhlung einer Al-
dobrandina in das Haus Farneſe mit dem Papſte verwandt,
machte es wieder geltend. Er ließ die Sbirren, die ihren
Gefangenen in dem Pallaſte ſuchen wollten, mit Gewalt
heraustreiben: dem Governatore, der ſich darauf einſtellte,
entgegnete er, ſein Haus habe nicht die Sitte Angeklagte
auszuliefern: dem Cardinal Aldobrandino, welcher Aufſehen
zu vermeiden wuͤnſchte und in eigener Perſon erſchien um
die Sache in Guͤte beizulegen, gab er wegwerfende Ant-
worten: er ließ ihn merken, nach dem Tode des Papſtes,
der bald zu erwarten ſey, werde ein Farneſe mehr zu be-
deuten haben, als ein Aldobrandino.
Was ihm zu einem ſo trotzigen Betragen den Muth gab,
war vor allem ſeine Verbindung mit den Spaniern. Aus
der Verzichtleiſtung Heinrichs IV. auf Saluzzo, die man
in Rom ein wenig armſelig fand, hatte man geſchloſſen,
daß ſich dieſer Fuͤrſt mit den italieniſchen Geſchaͤften nicht
befaſſen wolle: das Anſehen der Spanier war hierauf wie-
der geſtiegen: da die Aldobrandini eine ſo ſtarke Hinnei-
gung zu Frankreich an den Tag legten, ſo ſchloſſen die Geg-
ner derſelben ſich an Spanien an. Der ſpaniſche Botſchaf-
ter, Viglienna, gab dem Verfahren Farneſes ſeine volle
Billigung 1).
1) Contarini: Historia Veneta tom. III, lib. XIII MS,
unter allen Autoren jener Zeit hieruͤber am ausfuͤhrlichſten und glaub-
wuͤrdigſten: Viglienna mandò ordine a tutti i baroni e cava-
lieri Romani obligati alla corona che per servitio del re fos-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/325>, abgerufen am 30.07.2024.
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