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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Jesuitische Bewegungen.
Secretäre waren ausdrücklich angewiesen jedes verletzende,
jedes bittere Wort zu vermeiden. Er liebte die Frömmig-
keit, auch ihren äußern Anschein; in seiner Haltung am
Altar drückte er einen hingegebenen Genuß an den Wor-
ten des Hochamtes aus: jedoch hielt er alles fern, was
an Schwärmerei erinnerte. Er ließ eine Erklärung des
Hohenliedes nicht zum Druck gelangen, weil er es anstö-
ßig fand, daß der Ausdruck auf den Grenzen sinnlicher und
geistiger Liebe schwankte. Auch wenn er tadelte, wußte er
zu gewinnen: er zeigte die Ueberlegenheit der Ruhe, mit
sinnreichen Gründen wies er die Irrenden zurecht: mit Be-
geisterung hing die Jugend an ihm. "Man muß ihn lie-
ben", schreibt Maximilian von Vaiern seinem Vater von
Rom, "wenn man ihn nur ansieht." Diese Eigenschaften
nun, seine unermüdliche Thätigkeit, seine vornehme Her-
kunft selbst, die stets wachsende Bedeutung seines Ordens
machten ihm eine große Stellung in Rom. Gelang es seinen
Gegnern die nationalen Gewalten in Spanien zu gewinnen,
so hatte er den römischen Hof für sich, den er von Jugend
auf kannte -- er war schon Kammerherr als er in den Or-
den trat, -- den er mit der Meisterschaft eines angebornen
und geübten Talentes zu behandeln wußte 1).

Besonders ward es ihm bei der Natur Sixtus V. leicht
die Antipathien dieses Papstes gegen die Bestrebungen der
Spanier zu erwecken. Papst Sixtus hatte, wie wir wissen,
die Idee Rom noch mehr zur Metropole der Christenheit zu
erheben, als es das schon war: Aquaviva stellte ihm vor,

1) Sacchinus, und besonders Juvencius: Hist. soc. Jesu par-
tis quintae tomus posterior XI,
21 und XXV, 33--41.
Päpste* 19

Jeſuitiſche Bewegungen.
Secretaͤre waren ausdruͤcklich angewieſen jedes verletzende,
jedes bittere Wort zu vermeiden. Er liebte die Froͤmmig-
keit, auch ihren aͤußern Anſchein; in ſeiner Haltung am
Altar druͤckte er einen hingegebenen Genuß an den Wor-
ten des Hochamtes aus: jedoch hielt er alles fern, was
an Schwaͤrmerei erinnerte. Er ließ eine Erklaͤrung des
Hohenliedes nicht zum Druck gelangen, weil er es anſtoͤ-
ßig fand, daß der Ausdruck auf den Grenzen ſinnlicher und
geiſtiger Liebe ſchwankte. Auch wenn er tadelte, wußte er
zu gewinnen: er zeigte die Ueberlegenheit der Ruhe, mit
ſinnreichen Gruͤnden wies er die Irrenden zurecht: mit Be-
geiſterung hing die Jugend an ihm. „Man muß ihn lie-
ben“, ſchreibt Maximilian von Vaiern ſeinem Vater von
Rom, „wenn man ihn nur anſieht.“ Dieſe Eigenſchaften
nun, ſeine unermuͤdliche Thaͤtigkeit, ſeine vornehme Her-
kunft ſelbſt, die ſtets wachſende Bedeutung ſeines Ordens
machten ihm eine große Stellung in Rom. Gelang es ſeinen
Gegnern die nationalen Gewalten in Spanien zu gewinnen,
ſo hatte er den roͤmiſchen Hof fuͤr ſich, den er von Jugend
auf kannte — er war ſchon Kammerherr als er in den Or-
den trat, — den er mit der Meiſterſchaft eines angebornen
und geuͤbten Talentes zu behandeln wußte 1).

Beſonders ward es ihm bei der Natur Sixtus V. leicht
die Antipathien dieſes Papſtes gegen die Beſtrebungen der
Spanier zu erwecken. Papſt Sixtus hatte, wie wir wiſſen,
die Idee Rom noch mehr zur Metropole der Chriſtenheit zu
erheben, als es das ſchon war: Aquaviva ſtellte ihm vor,

1) Sacchinus, und beſonders Juvencius: Hist. soc. Jesu par-
tis quintae tomus posterior XI,
21 und XXV, 33—41.
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[289/0301] Jeſuitiſche Bewegungen. Secretaͤre waren ausdruͤcklich angewieſen jedes verletzende, jedes bittere Wort zu vermeiden. Er liebte die Froͤmmig- keit, auch ihren aͤußern Anſchein; in ſeiner Haltung am Altar druͤckte er einen hingegebenen Genuß an den Wor- ten des Hochamtes aus: jedoch hielt er alles fern, was an Schwaͤrmerei erinnerte. Er ließ eine Erklaͤrung des Hohenliedes nicht zum Druck gelangen, weil er es anſtoͤ- ßig fand, daß der Ausdruck auf den Grenzen ſinnlicher und geiſtiger Liebe ſchwankte. Auch wenn er tadelte, wußte er zu gewinnen: er zeigte die Ueberlegenheit der Ruhe, mit ſinnreichen Gruͤnden wies er die Irrenden zurecht: mit Be- geiſterung hing die Jugend an ihm. „Man muß ihn lie- ben“, ſchreibt Maximilian von Vaiern ſeinem Vater von Rom, „wenn man ihn nur anſieht.“ Dieſe Eigenſchaften nun, ſeine unermuͤdliche Thaͤtigkeit, ſeine vornehme Her- kunft ſelbſt, die ſtets wachſende Bedeutung ſeines Ordens machten ihm eine große Stellung in Rom. Gelang es ſeinen Gegnern die nationalen Gewalten in Spanien zu gewinnen, ſo hatte er den roͤmiſchen Hof fuͤr ſich, den er von Jugend auf kannte — er war ſchon Kammerherr als er in den Or- den trat, — den er mit der Meiſterſchaft eines angebornen und geuͤbten Talentes zu behandeln wußte 1). Beſonders ward es ihm bei der Natur Sixtus V. leicht die Antipathien dieſes Papſtes gegen die Beſtrebungen der Spanier zu erwecken. Papſt Sixtus hatte, wie wir wiſſen, die Idee Rom noch mehr zur Metropole der Chriſtenheit zu erheben, als es das ſchon war: Aquaviva ſtellte ihm vor, 1) Sacchinus, und beſonders Juvencius: Hist. soc. Jesu par- tis quintae tomus posterior XI, 21 und XXV, 33—41. Päpſte* 19

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/301>, abgerufen am 22.11.2024.