Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch VI. Innere Streitigkeiten.
ter des Pastor fido, ward als Gesandter nach Venedig,
nach Polen abgeordnet. Selbst Franz Patrizi, obwohl er
sich mit abstrusen Gegenständen beschäftigte, rühmt doch
die Theilnahme, die er bei Hofe gefunden. Es war hier
alles eins. Mit den Wettkämpfen der Wissenschaft wechsel-
ten Disputationen ab, welche Streitfragen der Liebe betra-
fen, wie z. B. Tasso, der eine Zeitlang auch an der Uni-
versität angestellt war, einmal eine hielt. Bald gab die
Universität, bald der Hof ein Schauspiel: das Theater
hatte noch einen literarischen Reiz, da es noch immer neue
Formen suchte, und eben damals die Pastorale ausbildete,
die Oper begründete. Zuweilen treffen dann fremde Ge-
sandte, Cardinäle, Fürsten ein, wenigstens die benachbar-
ten, von Mantua, Guastalla, Urbino, wohl auch ein Erz-
herzog. Dann erscheint der Hof in seinem vollen Glanze:
man gibt Turniere, bei denen der Adel des Landes die
Kosten nicht spart: zuweilen turnieren hundert Ritter auf
dem Schloßhof. Es sind dieß zugleich Darstellungen aus
der Fabel, nach irgend einem poetischen Werke: wie schon
ihre Namen anzeigen: der Tempel der Liebe 1), die selige
Insel: verzauberte Castelle werden vertheidigt und erobert.

Die eigenste Verbindung von Poesie, Gelehrsamkeit,

per mano del quale passano tutti negotii. Legge publicamente
la filosofia morale, e scrive l'istoria della casa d'Este: e ora-
tore filosofo e poeta molto eccelente: possiede benissimo la lin-
gua Greca, e servendo il suo principe ne' negotii e trattando e
iscrivendo quanto occorre, non tralascia pero i studi, et in tutte
le professioni e tale che pare che ad una sola attenda.
1) Auszüge aus damals erschienenen Beschreibungen, z. B. dem
tempio d'amore, bei Muratori, Serassi und Frizzi.

Buch VI. Innere Streitigkeiten.
ter des Paſtor fido, ward als Geſandter nach Venedig,
nach Polen abgeordnet. Selbſt Franz Patrizi, obwohl er
ſich mit abſtruſen Gegenſtaͤnden beſchaͤftigte, ruͤhmt doch
die Theilnahme, die er bei Hofe gefunden. Es war hier
alles eins. Mit den Wettkaͤmpfen der Wiſſenſchaft wechſel-
ten Disputationen ab, welche Streitfragen der Liebe betra-
fen, wie z. B. Taſſo, der eine Zeitlang auch an der Uni-
verſitaͤt angeſtellt war, einmal eine hielt. Bald gab die
Univerſitaͤt, bald der Hof ein Schauſpiel: das Theater
hatte noch einen literariſchen Reiz, da es noch immer neue
Formen ſuchte, und eben damals die Paſtorale ausbildete,
die Oper begruͤndete. Zuweilen treffen dann fremde Ge-
ſandte, Cardinaͤle, Fuͤrſten ein, wenigſtens die benachbar-
ten, von Mantua, Guaſtalla, Urbino, wohl auch ein Erz-
herzog. Dann erſcheint der Hof in ſeinem vollen Glanze:
man gibt Turniere, bei denen der Adel des Landes die
Koſten nicht ſpart: zuweilen turnieren hundert Ritter auf
dem Schloßhof. Es ſind dieß zugleich Darſtellungen aus
der Fabel, nach irgend einem poetiſchen Werke: wie ſchon
ihre Namen anzeigen: der Tempel der Liebe 1), die ſelige
Inſel: verzauberte Caſtelle werden vertheidigt und erobert.

Die eigenſte Verbindung von Poeſie, Gelehrſamkeit,

per mano del quale passano tutti negotii. Legge publicamente
la filosofia morale, e scrive l’istoria della casa d’Este: è ora-
tore filosofo e poeta molto eccelente: possiede benissimo la lin-
gua Greca, e servendo il suo principe ne’ negotii e trattando e
iscrivendo quanto occorre, non tralascia però i studi, et in tutte
le professioni è tale che pare che ad una sola attenda.
1) Auszuͤge aus damals erſchienenen Beſchreibungen, z. B. dem
tempio d’amore, bei Muratori, Seraſſi und Frizzi.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0272" n="260"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VI.</hi><hi rendition="#g">Innere Streitigkeiten</hi>.</fw><lb/>
ter des Pa&#x017F;tor fido, ward als Ge&#x017F;andter nach Venedig,<lb/>
nach Polen abgeordnet. Selb&#x017F;t Franz Patrizi, obwohl er<lb/>
&#x017F;ich mit ab&#x017F;tru&#x017F;en Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden be&#x017F;cha&#x0364;ftigte, ru&#x0364;hmt doch<lb/>
die Theilnahme, die er bei Hofe gefunden. Es war hier<lb/>
alles eins. Mit den Wettka&#x0364;mpfen der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft wech&#x017F;el-<lb/>
ten Disputationen ab, welche Streitfragen der Liebe betra-<lb/>
fen, wie z. B. Ta&#x017F;&#x017F;o, der eine Zeitlang auch an der Uni-<lb/>
ver&#x017F;ita&#x0364;t ange&#x017F;tellt war, einmal eine hielt. Bald gab die<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t, bald der Hof ein Schau&#x017F;piel: das Theater<lb/>
hatte noch einen literari&#x017F;chen Reiz, da es noch immer neue<lb/>
Formen &#x017F;uchte, und eben damals die Pa&#x017F;torale ausbildete,<lb/>
die Oper begru&#x0364;ndete. Zuweilen treffen dann fremde Ge-<lb/>
&#x017F;andte, Cardina&#x0364;le, Fu&#x0364;r&#x017F;ten ein, wenig&#x017F;tens die benachbar-<lb/>
ten, von Mantua, Gua&#x017F;talla, Urbino, wohl auch ein Erz-<lb/>
herzog. Dann er&#x017F;cheint der Hof in &#x017F;einem vollen Glanze:<lb/>
man gibt Turniere, bei denen der Adel des Landes die<lb/>
Ko&#x017F;ten nicht &#x017F;part: zuweilen turnieren hundert Ritter auf<lb/>
dem Schloßhof. Es &#x017F;ind dieß zugleich Dar&#x017F;tellungen aus<lb/>
der Fabel, nach irgend einem poeti&#x017F;chen Werke: wie &#x017F;chon<lb/>
ihre Namen anzeigen: der Tempel der Liebe <note place="foot" n="1)">Auszu&#x0364;ge aus damals er&#x017F;chienenen Be&#x017F;chreibungen, z. B. dem<lb/><hi rendition="#aq">tempio d&#x2019;amore,</hi> bei Muratori, Sera&#x017F;&#x017F;i und Frizzi.</note>, die &#x017F;elige<lb/>
In&#x017F;el: verzauberte Ca&#x017F;telle werden vertheidigt und erobert.</p><lb/>
          <p>Die eigen&#x017F;te Verbindung von Poe&#x017F;ie, Gelehr&#x017F;amkeit,<lb/><note xml:id="seg2pn_23_2" prev="#seg2pn_23_1" place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">per mano del quale passano tutti negotii. Legge publicamente<lb/>
la filosofia morale, e scrive l&#x2019;istoria della casa d&#x2019;Este: è ora-<lb/>
tore filosofo e poeta molto eccelente: possiede benissimo la lin-<lb/>
gua Greca, e servendo il suo principe ne&#x2019; negotii e trattando e<lb/>
iscrivendo quanto occorre, non tralascia però i studi, et in tutte<lb/>
le professioni è tale che pare che ad una sola attenda.</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0272] Buch VI. Innere Streitigkeiten. ter des Paſtor fido, ward als Geſandter nach Venedig, nach Polen abgeordnet. Selbſt Franz Patrizi, obwohl er ſich mit abſtruſen Gegenſtaͤnden beſchaͤftigte, ruͤhmt doch die Theilnahme, die er bei Hofe gefunden. Es war hier alles eins. Mit den Wettkaͤmpfen der Wiſſenſchaft wechſel- ten Disputationen ab, welche Streitfragen der Liebe betra- fen, wie z. B. Taſſo, der eine Zeitlang auch an der Uni- verſitaͤt angeſtellt war, einmal eine hielt. Bald gab die Univerſitaͤt, bald der Hof ein Schauſpiel: das Theater hatte noch einen literariſchen Reiz, da es noch immer neue Formen ſuchte, und eben damals die Paſtorale ausbildete, die Oper begruͤndete. Zuweilen treffen dann fremde Ge- ſandte, Cardinaͤle, Fuͤrſten ein, wenigſtens die benachbar- ten, von Mantua, Guaſtalla, Urbino, wohl auch ein Erz- herzog. Dann erſcheint der Hof in ſeinem vollen Glanze: man gibt Turniere, bei denen der Adel des Landes die Koſten nicht ſpart: zuweilen turnieren hundert Ritter auf dem Schloßhof. Es ſind dieß zugleich Darſtellungen aus der Fabel, nach irgend einem poetiſchen Werke: wie ſchon ihre Namen anzeigen: der Tempel der Liebe 1), die ſelige Inſel: verzauberte Caſtelle werden vertheidigt und erobert. Die eigenſte Verbindung von Poeſie, Gelehrſamkeit, 2) 1) Auszuͤge aus damals erſchienenen Beſchreibungen, z. B. dem tempio d’amore, bei Muratori, Seraſſi und Frizzi. 2) per mano del quale passano tutti negotii. Legge publicamente la filosofia morale, e scrive l’istoria della casa d’Este: è ora- tore filosofo e poeta molto eccelente: possiede benissimo la lin- gua Greca, e servendo il suo principe ne’ negotii e trattando e iscrivendo quanto occorre, non tralascia però i studi, et in tutte le professioni è tale che pare che ad una sola attenda.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/272
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/272>, abgerufen am 25.11.2024.