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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch V. Gegenreformationen.
Verührung mit den Leuten des Navarra, jede geringfü-
gige Begünstigung irgend eines Protestanten rechneten sie
ihm an: sie hielten dafür, daß der allerchristlichste König
selbst die völlige Wiederherstellung des Katholicismus hin-
dere: seinen Günstlingen, vor allem Epernon widmeten sie
einen um so größern Haß, da der König ihn den Guisen
entgegensetzte und ihm die wichtigsten Gouvernements an-
vertraute.

Unter diesen Umständen bildete sich dem Bunde der
Fürsten zur Seite auch eine Union der Bürger im katholi-
schen Sinne. In allen Städten ward das Volk durch
Prediger bearbeitet, welche eine wilde Opposition gegen die
Regierung mit einem heftigen religiösen Eifer vereinigten.
In Paris ging man weiter. Es waren drei Prediger und
ein angesehener Bürger welche zuerst den Gedanken faßten
eine populäre Vereinigung zur Vertheidigung des Katho-
licismus zu stiften 1). Sie schwuren einander zuvörderst
selbst ihren letzten Blutstropfen dafür aufzuopfern: jeder
nannte ein paar sichere Freunde. Ihre erste Zusammen-

1) Der Anonymo Capitolino über das Leben Sixtus V. hat
hierüber eigenthümliche Notizen. Den Stifter nennt er Carlo Ot-
tomani, "cittadino onorato": der sich zuerst den Predigern mit-
theilt. Gleich in ihrer ersten Zusammenkunft trägt Ottomani auf
eine Vereinigung mit den Prinzen an; in der zweiten, 25. Januar
1587, beschließt man 16 Männer zu ernennen, einen für jedes Quar-
tier, a cui si riferisse da persone fidate quanto vi si facesse e
dicesse appartenente a fatti publici;
in einer dritten, am Lichtmeß-
tag, wird ein Rath aus 10 Personen bestehend ernannt, mit dem
Rechte Abgaben aufzulegen, und es wird sogleich eine Gesandtschaft
an Guise abgeordnet. Zu alle dem was wir bei Cayet aus Ma-
naut und Maheutre, bei Poulain, Thou und Davila finden, giebt
dieß doch noch einige Momente.

Buch V. Gegenreformationen.
Veruͤhrung mit den Leuten des Navarra, jede geringfuͤ-
gige Beguͤnſtigung irgend eines Proteſtanten rechneten ſie
ihm an: ſie hielten dafuͤr, daß der allerchriſtlichſte Koͤnig
ſelbſt die voͤllige Wiederherſtellung des Katholicismus hin-
dere: ſeinen Guͤnſtlingen, vor allem Epernon widmeten ſie
einen um ſo groͤßern Haß, da der Koͤnig ihn den Guiſen
entgegenſetzte und ihm die wichtigſten Gouvernements an-
vertraute.

Unter dieſen Umſtaͤnden bildete ſich dem Bunde der
Fuͤrſten zur Seite auch eine Union der Buͤrger im katholi-
ſchen Sinne. In allen Staͤdten ward das Volk durch
Prediger bearbeitet, welche eine wilde Oppoſition gegen die
Regierung mit einem heftigen religioͤſen Eifer vereinigten.
In Paris ging man weiter. Es waren drei Prediger und
ein angeſehener Buͤrger welche zuerſt den Gedanken faßten
eine populaͤre Vereinigung zur Vertheidigung des Katho-
licismus zu ſtiften 1). Sie ſchwuren einander zuvoͤrderſt
ſelbſt ihren letzten Blutstropfen dafuͤr aufzuopfern: jeder
nannte ein paar ſichere Freunde. Ihre erſte Zuſammen-

1) Der Anonymo Capitolino uͤber das Leben Sixtus V. hat
hieruͤber eigenthuͤmliche Notizen. Den Stifter nennt er Carlo Ot-
tomani, „cittadino onorato“: der ſich zuerſt den Predigern mit-
theilt. Gleich in ihrer erſten Zuſammenkunft traͤgt Ottomani auf
eine Vereinigung mit den Prinzen an; in der zweiten, 25. Januar
1587, beſchließt man 16 Maͤnner zu ernennen, einen fuͤr jedes Quar-
tier, a cui si riferisse da persone fidate quanto vi si facesse e
dicesse appartenente a fatti publici;
in einer dritten, am Lichtmeß-
tag, wird ein Rath aus 10 Perſonen beſtehend ernannt, mit dem
Rechte Abgaben aufzulegen, und es wird ſogleich eine Geſandtſchaft
an Guiſe abgeordnet. Zu alle dem was wir bei Cayet aus Ma-
naut und Maheutre, bei Poulain, Thou und Davila finden, giebt
dieß doch noch einige Momente.
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[152/0164] Buch V. Gegenreformationen. Veruͤhrung mit den Leuten des Navarra, jede geringfuͤ- gige Beguͤnſtigung irgend eines Proteſtanten rechneten ſie ihm an: ſie hielten dafuͤr, daß der allerchriſtlichſte Koͤnig ſelbſt die voͤllige Wiederherſtellung des Katholicismus hin- dere: ſeinen Guͤnſtlingen, vor allem Epernon widmeten ſie einen um ſo groͤßern Haß, da der Koͤnig ihn den Guiſen entgegenſetzte und ihm die wichtigſten Gouvernements an- vertraute. Unter dieſen Umſtaͤnden bildete ſich dem Bunde der Fuͤrſten zur Seite auch eine Union der Buͤrger im katholi- ſchen Sinne. In allen Staͤdten ward das Volk durch Prediger bearbeitet, welche eine wilde Oppoſition gegen die Regierung mit einem heftigen religioͤſen Eifer vereinigten. In Paris ging man weiter. Es waren drei Prediger und ein angeſehener Buͤrger welche zuerſt den Gedanken faßten eine populaͤre Vereinigung zur Vertheidigung des Katho- licismus zu ſtiften 1). Sie ſchwuren einander zuvoͤrderſt ſelbſt ihren letzten Blutstropfen dafuͤr aufzuopfern: jeder nannte ein paar ſichere Freunde. Ihre erſte Zuſammen- 1) Der Anonymo Capitolino uͤber das Leben Sixtus V. hat hieruͤber eigenthuͤmliche Notizen. Den Stifter nennt er Carlo Ot- tomani, „cittadino onorato“: der ſich zuerſt den Predigern mit- theilt. Gleich in ihrer erſten Zuſammenkunft traͤgt Ottomani auf eine Vereinigung mit den Prinzen an; in der zweiten, 25. Januar 1587, beſchließt man 16 Maͤnner zu ernennen, einen fuͤr jedes Quar- tier, a cui si riferisse da persone fidate quanto vi si facesse e dicesse appartenente a fatti publici; in einer dritten, am Lichtmeß- tag, wird ein Rath aus 10 Perſonen beſtehend ernannt, mit dem Rechte Abgaben aufzulegen, und es wird ſogleich eine Geſandtſchaft an Guiſe abgeordnet. Zu alle dem was wir bei Cayet aus Ma- naut und Maheutre, bei Poulain, Thou und Davila finden, giebt dieß doch noch einige Momente.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/164>, abgerufen am 24.11.2024.