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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch V. Gegenreformationen.
Navarra eingeleitet. Als er vollendet war, hatte Sixtus V.
den päpstlichen Stuhl bestiegen: Sixtus sprach die Excom-
munication über Navarra und Conde aus. Die Inten-
tionen der Ligue unterstützte er hiedurch mehr, als er es durch
irgend eine andere Bewilligung vermocht hätte 1).

Schon hatten damals die Guisen zu den Waffen ge-
griffen. Sie versuchten sich so vieler Provinzen und Plätze
als nur immer möglich unmittelbar zu versichern.

Bei der ersten Bewegung nahmen sie so wichtige
Städte, wie Verdun und Toul, Lyon, Bourges, Orleans,
Mezieres, ohne Schwertstreich ein. Der König, um ihnen
nicht sofort zu unterliegen, ergriff das schon einmal er-
probte Mittel, ihre Sache für die seine zu erklären. Aber
um von ihnen angenommen zu werden, mußte er ihnen in
einem förmlichen Vertrage ihre Erwerbungen bestätigen und
erweitern: Bourgogne, Champagne, einen großen Theil der
Picardie und eine Menge Plätze in andern Theilen des
Reiches überließ er ihnen 2).

Hierauf unternahmen sie gemeinschaftlich den Krieg ge-
gen die Protestanten. Aber welch ein Unterschied! Alle
Maaßregeln des Königs waren halb und erfolglos: die Ka-
tholiken glaubten selbst, er wünsche den Succeß der prote-
stantischen Waffen, um alsdann, von ihrer gefahrdrohenden
Macht scheinbar gezwungen, einen für die Katholischen un-

1) Maffei: Historiarum ab excessu Gregorii XIII lib. I, p.
10. Infimis foederatorum precibus et regis Philippi supplica-
tione hortatuque haud aegre se adduci est passus ut Hugonotas
eorumque duces coelestibus armis insectaretur.
2) Betrachtung des Cardinals Ossat über die Wirkungen der
Ligue in Frankreich: in dem Leben des Cardinals Ossat I, 44.

Buch V. Gegenreformationen.
Navarra eingeleitet. Als er vollendet war, hatte Sixtus V.
den paͤpſtlichen Stuhl beſtiegen: Sixtus ſprach die Excom-
munication uͤber Navarra und Condé aus. Die Inten-
tionen der Ligue unterſtuͤtzte er hiedurch mehr, als er es durch
irgend eine andere Bewilligung vermocht haͤtte 1).

Schon hatten damals die Guiſen zu den Waffen ge-
griffen. Sie verſuchten ſich ſo vieler Provinzen und Plaͤtze
als nur immer moͤglich unmittelbar zu verſichern.

Bei der erſten Bewegung nahmen ſie ſo wichtige
Staͤdte, wie Verdun und Toul, Lyon, Bourges, Orleans,
Mezieres, ohne Schwertſtreich ein. Der Koͤnig, um ihnen
nicht ſofort zu unterliegen, ergriff das ſchon einmal er-
probte Mittel, ihre Sache fuͤr die ſeine zu erklaͤren. Aber
um von ihnen angenommen zu werden, mußte er ihnen in
einem foͤrmlichen Vertrage ihre Erwerbungen beſtaͤtigen und
erweitern: Bourgogne, Champagne, einen großen Theil der
Picardie und eine Menge Plaͤtze in andern Theilen des
Reiches uͤberließ er ihnen 2).

Hierauf unternahmen ſie gemeinſchaftlich den Krieg ge-
gen die Proteſtanten. Aber welch ein Unterſchied! Alle
Maaßregeln des Koͤnigs waren halb und erfolglos: die Ka-
tholiken glaubten ſelbſt, er wuͤnſche den Succeß der prote-
ſtantiſchen Waffen, um alsdann, von ihrer gefahrdrohenden
Macht ſcheinbar gezwungen, einen fuͤr die Katholiſchen un-

1) Maffei: Historiarum ab excessu Gregorii XIII lib. I, p.
10. Infimis foederatorum precibus et regis Philippi supplica-
tione hortatuque haud aegre se adduci est passus ut Hugonotas
eorumque duces coelestibus armis insectaretur.
2) Betrachtung des Cardinals Oſſat uͤber die Wirkungen der
Ligue in Frankreich: in dem Leben des Cardinals Oſſat I, 44.
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[150/0162] Buch V. Gegenreformationen. Navarra eingeleitet. Als er vollendet war, hatte Sixtus V. den paͤpſtlichen Stuhl beſtiegen: Sixtus ſprach die Excom- munication uͤber Navarra und Condé aus. Die Inten- tionen der Ligue unterſtuͤtzte er hiedurch mehr, als er es durch irgend eine andere Bewilligung vermocht haͤtte 1). Schon hatten damals die Guiſen zu den Waffen ge- griffen. Sie verſuchten ſich ſo vieler Provinzen und Plaͤtze als nur immer moͤglich unmittelbar zu verſichern. Bei der erſten Bewegung nahmen ſie ſo wichtige Staͤdte, wie Verdun und Toul, Lyon, Bourges, Orleans, Mezieres, ohne Schwertſtreich ein. Der Koͤnig, um ihnen nicht ſofort zu unterliegen, ergriff das ſchon einmal er- probte Mittel, ihre Sache fuͤr die ſeine zu erklaͤren. Aber um von ihnen angenommen zu werden, mußte er ihnen in einem foͤrmlichen Vertrage ihre Erwerbungen beſtaͤtigen und erweitern: Bourgogne, Champagne, einen großen Theil der Picardie und eine Menge Plaͤtze in andern Theilen des Reiches uͤberließ er ihnen 2). Hierauf unternahmen ſie gemeinſchaftlich den Krieg ge- gen die Proteſtanten. Aber welch ein Unterſchied! Alle Maaßregeln des Koͤnigs waren halb und erfolglos: die Ka- tholiken glaubten ſelbſt, er wuͤnſche den Succeß der prote- ſtantiſchen Waffen, um alsdann, von ihrer gefahrdrohenden Macht ſcheinbar gezwungen, einen fuͤr die Katholiſchen un- 1) Maffei: Historiarum ab excessu Gregorii XIII lib. I, p. 10. Infimis foederatorum precibus et regis Philippi supplica- tione hortatuque haud aegre se adduci est passus ut Hugonotas eorumque duces coelestibus armis insectaretur. 2) Betrachtung des Cardinals Oſſat uͤber die Wirkungen der Ligue in Frankreich: in dem Leben des Cardinals Oſſat I, 44.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/162>, abgerufen am 24.11.2024.