mit, daß er durch eine förmliche Procession in der Stadt die Hülfe Gottes anrief. Und in der That hatte er es schwer: er mußte zuweilen Männer vereinigen, deren An- sprüche geradezu gegen einander liefen. Er zeigte sich un- verdrossen, fein und geschmeidig: glücklich gelang es ihm.
Alexander Farnese, der Nachfolger Don Johanns, hatte das große Talent zu überzeugen, zu gewinnen und ein nachhaltiges Vertrauen einzuflößen. Zu seiner Seite standen Franz Richardot, Neffe jenes Bischofs, "ein Mann, sagt Cabrera, von guter Einsicht in mancherlei Materien: geübt in allen: der jedes Geschäft, von welcher Art auch immer, einzuleiten verstand", und Sarrazin, Abt von St. Vaast, nach der Schilderung desselben Cabrera "ein gro- ßer Politiker unter dem Anschein der Ruhe, sehr ehrgeizig unter dem Schein der Demuth, der sich bei Jedermann in Ansehen zu behaupten wußte" 1).
Sollen wir nun den Gang der Unterhandlungen schildern, bis sie allmählig zum Ziel gediehen?
Es ist genug, zu bemerken, daß von Seiten der Pro- vinzen das Interesse der Selbsterhaltung und der Religion zu dem König hinwies, von Seiten des Königs nichts un- versucht blieb, was priesterlicher Einfluß und geschickte Un- terhandlung im Verein mit der wiederkehrenden Gnade des Fürsten zu leisten vermag. Im April 1579 trat Emanuel von Montigny, den die wallonische Armee als ihren An- führer anerkannte, in den Sold des Königs. Hierauf er- gab sich auch der Graf von Lalaing: niemals hätte Hen- negau ohne ihn gewonnen werden können. Endlich --
1)Cabrera: Felipe segundo p. 1021.
Buch V. Gegenreformationen.
mit, daß er durch eine foͤrmliche Proceſſion in der Stadt die Huͤlfe Gottes anrief. Und in der That hatte er es ſchwer: er mußte zuweilen Maͤnner vereinigen, deren An- ſpruͤche geradezu gegen einander liefen. Er zeigte ſich un- verdroſſen, fein und geſchmeidig: gluͤcklich gelang es ihm.
Alexander Farneſe, der Nachfolger Don Johanns, hatte das große Talent zu uͤberzeugen, zu gewinnen und ein nachhaltiges Vertrauen einzufloͤßen. Zu ſeiner Seite ſtanden Franz Richardot, Neffe jenes Biſchofs, „ein Mann, ſagt Cabrera, von guter Einſicht in mancherlei Materien: geuͤbt in allen: der jedes Geſchaͤft, von welcher Art auch immer, einzuleiten verſtand“, und Sarrazin, Abt von St. Vaaſt, nach der Schilderung deſſelben Cabrera „ein gro- ßer Politiker unter dem Anſchein der Ruhe, ſehr ehrgeizig unter dem Schein der Demuth, der ſich bei Jedermann in Anſehen zu behaupten wußte“ 1).
Sollen wir nun den Gang der Unterhandlungen ſchildern, bis ſie allmaͤhlig zum Ziel gediehen?
Es iſt genug, zu bemerken, daß von Seiten der Pro- vinzen das Intereſſe der Selbſterhaltung und der Religion zu dem Koͤnig hinwies, von Seiten des Koͤnigs nichts un- verſucht blieb, was prieſterlicher Einfluß und geſchickte Un- terhandlung im Verein mit der wiederkehrenden Gnade des Fuͤrſten zu leiſten vermag. Im April 1579 trat Emanuel von Montigny, den die walloniſche Armee als ihren An- fuͤhrer anerkannte, in den Sold des Koͤnigs. Hierauf er- gab ſich auch der Graf von Lalaing: niemals haͤtte Hen- negau ohne ihn gewonnen werden koͤnnen. Endlich —
1)Cabrera: Felipe segundo p. 1021.
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Buch V. Gegenreformationen.
mit, daß er durch eine foͤrmliche Proceſſion in der Stadt
die Huͤlfe Gottes anrief. Und in der That hatte er es
ſchwer: er mußte zuweilen Maͤnner vereinigen, deren An-
ſpruͤche geradezu gegen einander liefen. Er zeigte ſich un-
verdroſſen, fein und geſchmeidig: gluͤcklich gelang es ihm.
Alexander Farneſe, der Nachfolger Don Johanns,
hatte das große Talent zu uͤberzeugen, zu gewinnen und
ein nachhaltiges Vertrauen einzufloͤßen. Zu ſeiner Seite
ſtanden Franz Richardot, Neffe jenes Biſchofs, „ein Mann,
ſagt Cabrera, von guter Einſicht in mancherlei Materien:
geuͤbt in allen: der jedes Geſchaͤft, von welcher Art auch
immer, einzuleiten verſtand“, und Sarrazin, Abt von St.
Vaaſt, nach der Schilderung deſſelben Cabrera „ein gro-
ßer Politiker unter dem Anſchein der Ruhe, ſehr ehrgeizig
unter dem Schein der Demuth, der ſich bei Jedermann in
Anſehen zu behaupten wußte“ 1).
Sollen wir nun den Gang der Unterhandlungen
ſchildern, bis ſie allmaͤhlig zum Ziel gediehen?
Es iſt genug, zu bemerken, daß von Seiten der Pro-
vinzen das Intereſſe der Selbſterhaltung und der Religion
zu dem Koͤnig hinwies, von Seiten des Koͤnigs nichts un-
verſucht blieb, was prieſterlicher Einfluß und geſchickte Un-
terhandlung im Verein mit der wiederkehrenden Gnade des
Fuͤrſten zu leiſten vermag. Im April 1579 trat Emanuel
von Montigny, den die walloniſche Armee als ihren An-
fuͤhrer anerkannte, in den Sold des Koͤnigs. Hierauf er-
gab ſich auch der Graf von Lalaing: niemals haͤtte Hen-
negau ohne ihn gewonnen werden koͤnnen. Endlich —
1) Cabrera: Felipe segundo p. 1021.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/112>, abgerufen am 24.11.2024.
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