er selber seiner Gesellschaft vor: er meinte, seit Livius sey so etwas nicht geschrieben worden. Wenn er sogar latei- nische Improvisatoren begünstigte, so kann man erachten, wie sehr ihn das Talent des Vida hinriß, welcher Dinge, wie das Schachspiel, in den vollen Tönen glücklich fallen- der lateinischer Hexameter zu schildern wußte. Einen Ma- thematiker, von dem man rühmte, daß er seine Wissen- schaft in elegantem Latein vortrage, berief er aus Portu- gal zu sich; so wünschte er Jurisprudenz und Theologie gelehrt, die Kirchengeschichte geschrieben zu sehen.
Indeß konnte man hierbei nicht stehen bleiben. So weit man diese unmittelbare Nachahmung der Alten in ih- rer Sprache auch trieb, so konnte man damit doch nicht das gesammte Gebiet des Geistes umfassen. Sie hat in sich selber etwas Unzureichendes, und Allzuvielen theilte sie sich mit, als daß dieß nicht hätte in die Augen springen sollen. Es entwickelte sich der neue Gedanke, die Alten in der Muttersprache nachzuahmen; man fühlte sich ihnen ge- genüber, wie die Römer den Griechen; nicht im Einzelnen mehr: in der gesammten Literatur wollte man mit ihnen wetteifern; mit jugendlicher Kühnheit warf man sich in dieß neue Feld.
Glücklicherweise gelangte eben damals die Sprache zu einer allgemein gültigen Ausbildung. Das Verdienst des Bembo wird weniger in seinem wohlstylisirten Latein, oder in den Proben italienischer Poesie liegen, die wir von ihm haben, als in dem wohlangelegten und glücklichen Bemü- hen, der Muttersprache Correctheit und Würde zu geben, sie nach festen Regeln zu construiren. Das ist was Ariost
Geiſtige Richtung.
er ſelber ſeiner Geſellſchaft vor: er meinte, ſeit Livius ſey ſo etwas nicht geſchrieben worden. Wenn er ſogar latei- niſche Improviſatoren beguͤnſtigte, ſo kann man erachten, wie ſehr ihn das Talent des Vida hinriß, welcher Dinge, wie das Schachſpiel, in den vollen Toͤnen gluͤcklich fallen- der lateiniſcher Hexameter zu ſchildern wußte. Einen Ma- thematiker, von dem man ruͤhmte, daß er ſeine Wiſſen- ſchaft in elegantem Latein vortrage, berief er aus Portu- gal zu ſich; ſo wuͤnſchte er Jurisprudenz und Theologie gelehrt, die Kirchengeſchichte geſchrieben zu ſehen.
Indeß konnte man hierbei nicht ſtehen bleiben. So weit man dieſe unmittelbare Nachahmung der Alten in ih- rer Sprache auch trieb, ſo konnte man damit doch nicht das geſammte Gebiet des Geiſtes umfaſſen. Sie hat in ſich ſelber etwas Unzureichendes, und Allzuvielen theilte ſie ſich mit, als daß dieß nicht haͤtte in die Augen ſpringen ſollen. Es entwickelte ſich der neue Gedanke, die Alten in der Mutterſprache nachzuahmen; man fuͤhlte ſich ihnen ge- genuͤber, wie die Roͤmer den Griechen; nicht im Einzelnen mehr: in der geſammten Literatur wollte man mit ihnen wetteifern; mit jugendlicher Kuͤhnheit warf man ſich in dieß neue Feld.
Gluͤcklicherweiſe gelangte eben damals die Sprache zu einer allgemein guͤltigen Ausbildung. Das Verdienſt des Bembo wird weniger in ſeinem wohlſtyliſirten Latein, oder in den Proben italieniſcher Poeſie liegen, die wir von ihm haben, als in dem wohlangelegten und gluͤcklichen Bemuͤ- hen, der Mutterſprache Correctheit und Wuͤrde zu geben, ſie nach feſten Regeln zu conſtruiren. Das iſt was Arioſt
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Geiſtige Richtung.
er ſelber ſeiner Geſellſchaft vor: er meinte, ſeit Livius ſey
ſo etwas nicht geſchrieben worden. Wenn er ſogar latei-
niſche Improviſatoren beguͤnſtigte, ſo kann man erachten,
wie ſehr ihn das Talent des Vida hinriß, welcher Dinge,
wie das Schachſpiel, in den vollen Toͤnen gluͤcklich fallen-
der lateiniſcher Hexameter zu ſchildern wußte. Einen Ma-
thematiker, von dem man ruͤhmte, daß er ſeine Wiſſen-
ſchaft in elegantem Latein vortrage, berief er aus Portu-
gal zu ſich; ſo wuͤnſchte er Jurisprudenz und Theologie
gelehrt, die Kirchengeſchichte geſchrieben zu ſehen.
Indeß konnte man hierbei nicht ſtehen bleiben. So
weit man dieſe unmittelbare Nachahmung der Alten in ih-
rer Sprache auch trieb, ſo konnte man damit doch nicht
das geſammte Gebiet des Geiſtes umfaſſen. Sie hat in
ſich ſelber etwas Unzureichendes, und Allzuvielen theilte ſie
ſich mit, als daß dieß nicht haͤtte in die Augen ſpringen
ſollen. Es entwickelte ſich der neue Gedanke, die Alten in
der Mutterſprache nachzuahmen; man fuͤhlte ſich ihnen ge-
genuͤber, wie die Roͤmer den Griechen; nicht im Einzelnen
mehr: in der geſammten Literatur wollte man mit ihnen
wetteifern; mit jugendlicher Kuͤhnheit warf man ſich in
dieß neue Feld.
Gluͤcklicherweiſe gelangte eben damals die Sprache zu
einer allgemein guͤltigen Ausbildung. Das Verdienſt des
Bembo wird weniger in ſeinem wohlſtyliſirten Latein, oder
in den Proben italieniſcher Poeſie liegen, die wir von ihm
haben, als in dem wohlangelegten und gluͤcklichen Bemuͤ-
hen, der Mutterſprache Correctheit und Wuͤrde zu geben,
ſie nach feſten Regeln zu conſtruiren. Das iſt was Arioſt
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/89>, abgerufen am 18.12.2024.
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