Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Kap. II. Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh. überdieß die Collation der von demselben abhängenden Pfar-ren. Selbst die Gesetze, daß niemals der Sohn eines Geist- lichen das Amt seines Vaters erhalten, daß Niemand seine Stelle durch ein Testament vererben solle, wurden um- gangen; da ein Jeder es dahin bringen konnte, wofern er sich nur das Geld nicht dauern ließ, zum Coadjutor zu bekommen wen er wollte, so trat eine gewisse Art von Erb- lichkeit in der That ein. Es folgte von selbst, daß hierbei die Erfüllung geist- Aller Orten waren Untaugliche, Unberufene, ohne Prü- 1) Consilium delectorum cardinalium et aliorum praelato-
rum de emendanda ecclesia Smo. Dmo. Paulo III. ipso ju- bente conscriptum, anno 1538; gleich damals öfters gedruckt; und deshalb wichtig, weil es das Uebel, in so fern es in der Verwal- tung lag, gründlich und unzweifelhaft anzeigt. In Rom hat man es, auch nachdem es längst gedruckt war, noch immer den Samm- lungen curialistischer Handschriften einverleibt. Kap. II. Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh. uͤberdieß die Collation der von demſelben abhaͤngenden Pfar-ren. Selbſt die Geſetze, daß niemals der Sohn eines Geiſt- lichen das Amt ſeines Vaters erhalten, daß Niemand ſeine Stelle durch ein Teſtament vererben ſolle, wurden um- gangen; da ein Jeder es dahin bringen konnte, wofern er ſich nur das Geld nicht dauern ließ, zum Coadjutor zu bekommen wen er wollte, ſo trat eine gewiſſe Art von Erb- lichkeit in der That ein. Es folgte von ſelbſt, daß hierbei die Erfuͤllung geiſt- Aller Orten waren Untaugliche, Unberufene, ohne Pruͤ- 1) Consilium delectorum cardinalium et aliorum praelato-
rum de emendanda ecclesia Sm̱o̱. Dm̱o̱. Paulo III. ipso ju- bente conscriptum, anno 1538; gleich damals oͤfters gedruckt; und deshalb wichtig, weil es das Uebel, in ſo fern es in der Verwal- tung lag, gruͤndlich und unzweifelhaft anzeigt. In Rom hat man es, auch nachdem es laͤngſt gedruckt war, noch immer den Samm- lungen curialiſtiſcher Handſchriften einverleibt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0084" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kap</hi>. <hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/> uͤberdieß die Collation der von demſelben abhaͤngenden Pfar-<lb/> ren. Selbſt die Geſetze, daß niemals der Sohn eines Geiſt-<lb/> lichen das Amt ſeines Vaters erhalten, daß Niemand<lb/> ſeine Stelle durch ein Teſtament vererben ſolle, wurden um-<lb/> gangen; da ein Jeder es dahin bringen konnte, wofern er<lb/> ſich nur das Geld nicht dauern ließ, zum Coadjutor zu<lb/> bekommen wen er wollte, ſo trat eine gewiſſe Art von Erb-<lb/> lichkeit in der That ein.</p><lb/> <p>Es folgte von ſelbſt, daß hierbei die Erfuͤllung geiſt-<lb/> licher Pflichten meiſtens unterblieb. Ich halte mich in die-<lb/> ſer kurzen Darſtellung an die Bemerkungen, die von wohl-<lb/> geſinnten Praͤlaten des roͤmiſchen Hofes ſelber gemacht wor-<lb/> den ſind. „Welch ein Anblick, rufen ſie aus, fuͤr einen<lb/> Chriſten, der die chriſtliche Welt durchwandert; dieſe Ver-<lb/> oͤdung der Kirche; alle Hirten ſind von ihren Heerden<lb/> gewichen, ſie ſind alle Soͤldnern anvertraut“ <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Consilium delectorum cardinalium et aliorum praelato-<lb/> rum de emendanda ecclesia S<hi rendition="#sup">m</hi>̱<hi rendition="#sup">o</hi>̱. D<hi rendition="#sup">m</hi>̱<hi rendition="#sup">o</hi>̱. Paulo III. ipso ju-<lb/> bente conscriptum, anno</hi> 1538; gleich damals oͤfters gedruckt; und<lb/> deshalb wichtig, weil es das Uebel, in ſo fern es in der Verwal-<lb/> tung lag, gruͤndlich und unzweifelhaft anzeigt. In Rom hat man<lb/> es, auch nachdem es laͤngſt gedruckt war, noch immer den Samm-<lb/> lungen curialiſtiſcher Handſchriften einverleibt.</note>.</p><lb/> <p>Aller Orten waren Untaugliche, Unberufene, ohne Pruͤ-<lb/> fung, ohne Wahl zu der Verwaltung der kirchlichen Pflich-<lb/> ten gelangt. Da die Beſitzer der Pfruͤnden nur bedacht<lb/> waren, die wohlfeilſten Verweſer zu finden, ſo fanden ſie<lb/> hauptſaͤchlich die Bettelmoͤnche bequem. Unter dem in dieſer<lb/> Bedeutung unerhoͤrten Titel von Suffraganen hatten dieſe<lb/> die Bisthuͤmer, als Vicare hatten ſie die Pfarreien inne.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0084]
Kap. II. Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh.
uͤberdieß die Collation der von demſelben abhaͤngenden Pfar-
ren. Selbſt die Geſetze, daß niemals der Sohn eines Geiſt-
lichen das Amt ſeines Vaters erhalten, daß Niemand
ſeine Stelle durch ein Teſtament vererben ſolle, wurden um-
gangen; da ein Jeder es dahin bringen konnte, wofern er
ſich nur das Geld nicht dauern ließ, zum Coadjutor zu
bekommen wen er wollte, ſo trat eine gewiſſe Art von Erb-
lichkeit in der That ein.
Es folgte von ſelbſt, daß hierbei die Erfuͤllung geiſt-
licher Pflichten meiſtens unterblieb. Ich halte mich in die-
ſer kurzen Darſtellung an die Bemerkungen, die von wohl-
geſinnten Praͤlaten des roͤmiſchen Hofes ſelber gemacht wor-
den ſind. „Welch ein Anblick, rufen ſie aus, fuͤr einen
Chriſten, der die chriſtliche Welt durchwandert; dieſe Ver-
oͤdung der Kirche; alle Hirten ſind von ihren Heerden
gewichen, ſie ſind alle Soͤldnern anvertraut“ 1).
Aller Orten waren Untaugliche, Unberufene, ohne Pruͤ-
fung, ohne Wahl zu der Verwaltung der kirchlichen Pflich-
ten gelangt. Da die Beſitzer der Pfruͤnden nur bedacht
waren, die wohlfeilſten Verweſer zu finden, ſo fanden ſie
hauptſaͤchlich die Bettelmoͤnche bequem. Unter dem in dieſer
Bedeutung unerhoͤrten Titel von Suffraganen hatten dieſe
die Bisthuͤmer, als Vicare hatten ſie die Pfarreien inne.
1) Consilium delectorum cardinalium et aliorum praelato-
rum de emendanda ecclesia Sm̱o̱. Dm̱o̱. Paulo III. ipso ju-
bente conscriptum, anno 1538; gleich damals oͤfters gedruckt; und
deshalb wichtig, weil es das Uebel, in ſo fern es in der Verwal-
tung lag, gruͤndlich und unzweifelhaft anzeigt. In Rom hat man
es, auch nachdem es laͤngſt gedruckt war, noch immer den Samm-
lungen curialiſtiſcher Handſchriften einverleibt.
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