Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Kap. II. Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh.
Den Verwundeten pflegten die Frau und die Schwester
desselben; die Schwester kochte ihm seine Speisen, um ihn vor
Gift sicher zu stellen; der Papst ließ sein Haus bewachen,
um den Schwiegersohn vor dem Sohne zu schützen. Vor-
kehrungen, deren Cesar spottete. Er sagte, was zu Mit-
tag nicht geschehen, wird sich auf den Abend thun lassen:
als der Prinz schon wieder in der Besserung war, drang
er in das Zimmer desselben ein, trieb die Frau und die
Schwester hinaus, rief seinen Henker und ließ den Un-
glücklichen erwürgen. Durch seinen Vater wollte er mäch-
tig werden: sonst nahm er auf denselben keine Rücksicht.
Er tödtete den Liebling Alexanders, Peroto, indem sich die-
ser an den Papst anschmiegte, unter dem pontificalen Man-
tel; das Blut sprang dem Papst ins Gesicht.

Einen Moment lang hatte Cesar Rom und den Kir-
chenstaat in seiner Gewalt. Der schönste Mann; so stark,
daß er im Stiergefecht den Kopf des Stiers auf Einen
Schlag herunterhieb; freigebig, nicht ohne Züge von Groß-
artigkeit; wollüstig; mit Blut besudelt. Wie zitterte Rom
vor seinem Namen. Cesar brauchte Geld und hatte Feinde;
alle Nächte fand man Erschlagene. Jedermann hielt sich
still: es war Niemand, der nicht gefürchtet hätte, auch an
ihn komme die Reihe. Wen die Gewalt nicht erreichen
konnte, der wurde vergiftet 1).


2)
1) Der Mannichfaltigkeit der hierüber vorhandenen Notizen
2) era figlio del duca di Calabria era lo piu bello jovane che mai
si vedesse in Roma: ancora fece ammazzare Vitellozzo della
citta di castello et era lo piu valenthuomo che fusse in quel
tempo.
Den Herrn von Faenza nennt er lo piu bello figlio del
mondo.

Kap. II. Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh.
Den Verwundeten pflegten die Frau und die Schweſter
deſſelben; die Schweſter kochte ihm ſeine Speiſen, um ihn vor
Gift ſicher zu ſtellen; der Papſt ließ ſein Haus bewachen,
um den Schwiegerſohn vor dem Sohne zu ſchuͤtzen. Vor-
kehrungen, deren Ceſar ſpottete. Er ſagte, was zu Mit-
tag nicht geſchehen, wird ſich auf den Abend thun laſſen:
als der Prinz ſchon wieder in der Beſſerung war, drang
er in das Zimmer deſſelben ein, trieb die Frau und die
Schweſter hinaus, rief ſeinen Henker und ließ den Un-
gluͤcklichen erwuͤrgen. Durch ſeinen Vater wollte er maͤch-
tig werden: ſonſt nahm er auf denſelben keine Ruͤckſicht.
Er toͤdtete den Liebling Alexanders, Peroto, indem ſich die-
ſer an den Papſt anſchmiegte, unter dem pontificalen Man-
tel; das Blut ſprang dem Papſt ins Geſicht.

Einen Moment lang hatte Ceſar Rom und den Kir-
chenſtaat in ſeiner Gewalt. Der ſchoͤnſte Mann; ſo ſtark,
daß er im Stiergefecht den Kopf des Stiers auf Einen
Schlag herunterhieb; freigebig, nicht ohne Zuͤge von Groß-
artigkeit; wolluͤſtig; mit Blut beſudelt. Wie zitterte Rom
vor ſeinem Namen. Ceſar brauchte Geld und hatte Feinde;
alle Naͤchte fand man Erſchlagene. Jedermann hielt ſich
ſtill: es war Niemand, der nicht gefuͤrchtet haͤtte, auch an
ihn komme die Reihe. Wen die Gewalt nicht erreichen
konnte, der wurde vergiftet 1).


2)
1) Der Mannichfaltigkeit der hieruͤber vorhandenen Notizen
2) era figlio del duca di Calabria era lo piu bello jovane che mai
si vedesse in Roma: ancora fece ammazzare Vitellozzo della
città di castello et era lo piu valenthuomo che fusse in quel
tempo.
Den Herrn von Faenza nennt er lo piu bello figlio del
mondo.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0076" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kap</hi>. <hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
Den Verwundeten pflegten die Frau und die Schwe&#x017F;ter<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben; die Schwe&#x017F;ter kochte ihm &#x017F;eine Spei&#x017F;en, um ihn vor<lb/>
Gift &#x017F;icher zu &#x017F;tellen; der Pap&#x017F;t ließ &#x017F;ein Haus bewachen,<lb/>
um den Schwieger&#x017F;ohn vor dem Sohne zu &#x017F;chu&#x0364;tzen. Vor-<lb/>
kehrungen, deren Ce&#x017F;ar &#x017F;pottete. Er &#x017F;agte, was zu Mit-<lb/>
tag nicht ge&#x017F;chehen, wird &#x017F;ich auf den Abend thun la&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
als der Prinz &#x017F;chon wieder in der Be&#x017F;&#x017F;erung war, drang<lb/>
er in das Zimmer de&#x017F;&#x017F;elben ein, trieb die Frau und die<lb/>
Schwe&#x017F;ter hinaus, rief &#x017F;einen Henker und ließ den Un-<lb/>
glu&#x0364;cklichen erwu&#x0364;rgen. Durch &#x017F;einen Vater wollte er ma&#x0364;ch-<lb/>
tig werden: &#x017F;on&#x017F;t nahm er auf den&#x017F;elben keine Ru&#x0364;ck&#x017F;icht.<lb/>
Er to&#x0364;dtete den Liebling Alexanders, Peroto, indem &#x017F;ich die-<lb/>
&#x017F;er an den Pap&#x017F;t an&#x017F;chmiegte, unter dem pontificalen Man-<lb/>
tel; das Blut &#x017F;prang dem Pap&#x017F;t ins Ge&#x017F;icht.</p><lb/>
            <p>Einen Moment lang hatte Ce&#x017F;ar Rom und den Kir-<lb/>
chen&#x017F;taat in &#x017F;einer Gewalt. Der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Mann; &#x017F;o &#x017F;tark,<lb/>
daß er im Stiergefecht den Kopf des Stiers auf Einen<lb/>
Schlag herunterhieb; freigebig, nicht ohne Zu&#x0364;ge von Groß-<lb/>
artigkeit; wollu&#x0364;&#x017F;tig; mit Blut be&#x017F;udelt. Wie zitterte Rom<lb/>
vor &#x017F;einem Namen. Ce&#x017F;ar brauchte Geld und hatte Feinde;<lb/>
alle Na&#x0364;chte fand man Er&#x017F;chlagene. Jedermann hielt &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;till: es war Niemand, der nicht gefu&#x0364;rchtet ha&#x0364;tte, auch an<lb/>
ihn komme die Reihe. Wen die Gewalt nicht erreichen<lb/>
konnte, der wurde vergiftet <note xml:id="note-0076a" next="#note-0077" place="foot" n="1)">Der Mannichfaltigkeit der hieru&#x0364;ber vorhandenen Notizen</note>.</p><lb/>
            <note xml:id="note-0076" next="#note-0075" place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">era figlio del duca di Calabria era lo piu bello jovane che mai<lb/>
si vedesse in Roma: ancora fece ammazzare Vitellozzo della<lb/>
città di castello et era lo piu valenthuomo che fusse in quel<lb/>
tempo.</hi> Den Herrn von Faenza nennt er <hi rendition="#aq">lo piu bello figlio del<lb/>
mondo.</hi></note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0076] Kap. II. Die Kirche im Anf. des 16. Jahrh. Den Verwundeten pflegten die Frau und die Schweſter deſſelben; die Schweſter kochte ihm ſeine Speiſen, um ihn vor Gift ſicher zu ſtellen; der Papſt ließ ſein Haus bewachen, um den Schwiegerſohn vor dem Sohne zu ſchuͤtzen. Vor- kehrungen, deren Ceſar ſpottete. Er ſagte, was zu Mit- tag nicht geſchehen, wird ſich auf den Abend thun laſſen: als der Prinz ſchon wieder in der Beſſerung war, drang er in das Zimmer deſſelben ein, trieb die Frau und die Schweſter hinaus, rief ſeinen Henker und ließ den Un- gluͤcklichen erwuͤrgen. Durch ſeinen Vater wollte er maͤch- tig werden: ſonſt nahm er auf denſelben keine Ruͤckſicht. Er toͤdtete den Liebling Alexanders, Peroto, indem ſich die- ſer an den Papſt anſchmiegte, unter dem pontificalen Man- tel; das Blut ſprang dem Papſt ins Geſicht. Einen Moment lang hatte Ceſar Rom und den Kir- chenſtaat in ſeiner Gewalt. Der ſchoͤnſte Mann; ſo ſtark, daß er im Stiergefecht den Kopf des Stiers auf Einen Schlag herunterhieb; freigebig, nicht ohne Zuͤge von Groß- artigkeit; wolluͤſtig; mit Blut beſudelt. Wie zitterte Rom vor ſeinem Namen. Ceſar brauchte Geld und hatte Feinde; alle Naͤchte fand man Erſchlagene. Jedermann hielt ſich ſtill: es war Niemand, der nicht gefuͤrchtet haͤtte, auch an ihn komme die Reihe. Wen die Gewalt nicht erreichen konnte, der wurde vergiftet 1). 2) 1) Der Mannichfaltigkeit der hieruͤber vorhandenen Notizen 2) era figlio del duca di Calabria era lo piu bello jovane che mai si vedesse in Roma: ancora fece ammazzare Vitellozzo della città di castello et era lo piu valenthuomo che fusse in quel tempo. Den Herrn von Faenza nennt er lo piu bello figlio del mondo.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/76
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/76>, abgerufen am 18.12.2024.