Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Kap. I. Epochen des Papstthums. altrömischen Proconsuln verglichen! Während sich nun die-ser enge zusammenschließende und über alle Länder verbrei- tete, durch seine Besitzungen mächtige, und jedes Lebens- verhältniß beherrschende Orden in dem Gehorsam eines ein- zigen Oberhauptes ausbildete, verfielen ihm gegenüber die Staatsgewalten. Schon im Anfange des 12ten Jahrhun- derts durfte der Probst Gerohus sagen: "es werde noch da- hin kommen, daß die goldene Bildsäule des Königreichs ganz zermalmt, und jedes große Reich in Vierfürstenthü- mer aufgelöst werde; erst dann werde die Kirche frei und ungedrückt bestehen, unter dem Schutze des großen gekrön- ten Priesters" 1). Es fehlte wenig, daß es wörtlich dahin gekommen wäre. Denn in der That, wer war in dem dreizehnten Jahrhundert mächtiger in England, Heinrich III. oder jene Vierundzwanzig, welchen eine Zeitlang die Re- gierung aufgetragen war; in Castilien, der König oder die Altoshomes? Die Macht eines Kaisers schien fast entbehrlich zu seyn, nachdem Friedrich den Fürsten des Reiches die we- sentlichen Attribute der Landeshoheit gewährt hatte. Italien wie Deutschland waren mit unabhängigen Gewalten erfüllt. Eine zusammenfassende, vereinigende Macht wohnte fast ausschließlich dem Papste bei. Der geistlich-weltliche Cha- einem Briefe Heinrichs IV. an Gregor auführen will; (Mansi Con- cil. n. collectio. XX, 471.) Rectores sanctae ecclesiae videl. ar- chiepiscopos, episcopos, presbyteros sicut servos pedibus tuis calcasti. Wir sehen, der Papst hatte hierbei die öffentliche Mei- nung auf seiner Seite. In quorum conculcatione tibi favorem ab ore vulgi comparasti. 1) Schröckh führt diese Stelle an: Kirchengeschichte Th. 27.
p. 117. Kap. I. Epochen des Papſtthums. altroͤmiſchen Proconſuln verglichen! Waͤhrend ſich nun die-ſer enge zuſammenſchließende und uͤber alle Laͤnder verbrei- tete, durch ſeine Beſitzungen maͤchtige, und jedes Lebens- verhaͤltniß beherrſchende Orden in dem Gehorſam eines ein- zigen Oberhauptes ausbildete, verfielen ihm gegenuͤber die Staatsgewalten. Schon im Anfange des 12ten Jahrhun- derts durfte der Probſt Gerohus ſagen: „es werde noch da- hin kommen, daß die goldene Bildſaͤule des Koͤnigreichs ganz zermalmt, und jedes große Reich in Vierfuͤrſtenthuͤ- mer aufgeloͤſt werde; erſt dann werde die Kirche frei und ungedruͤckt beſtehen, unter dem Schutze des großen gekroͤn- ten Prieſters“ 1). Es fehlte wenig, daß es woͤrtlich dahin gekommen waͤre. Denn in der That, wer war in dem dreizehnten Jahrhundert maͤchtiger in England, Heinrich III. oder jene Vierundzwanzig, welchen eine Zeitlang die Re- gierung aufgetragen war; in Caſtilien, der Koͤnig oder die Altoshomes? Die Macht eines Kaiſers ſchien faſt entbehrlich zu ſeyn, nachdem Friedrich den Fuͤrſten des Reiches die we- ſentlichen Attribute der Landeshoheit gewaͤhrt hatte. Italien wie Deutſchland waren mit unabhaͤngigen Gewalten erfuͤllt. Eine zuſammenfaſſende, vereinigende Macht wohnte faſt ausſchließlich dem Papſte bei. Der geiſtlich-weltliche Cha- einem Briefe Heinrichs IV. an Gregor aufuͤhren will; (Mansi Con- cil. n. collectio. XX, 471.) Rectores sanctae ecclesiae videl. ar- chiepiscopos, episcopos, presbyteros sicut servos pedibus tuis calcasti. Wir ſehen, der Papſt hatte hierbei die oͤffentliche Mei- nung auf ſeiner Seite. In quorum conculcatione tibi favorem ab ore vulgi comparasti. 1) Schroͤckh fuͤhrt dieſe Stelle an: Kirchengeſchichte Th. 27.
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Kap. I. Epochen des Papſtthums.
altroͤmiſchen Proconſuln verglichen! Waͤhrend ſich nun die-
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tete, durch ſeine Beſitzungen maͤchtige, und jedes Lebens-
verhaͤltniß beherrſchende Orden in dem Gehorſam eines ein-
zigen Oberhauptes ausbildete, verfielen ihm gegenuͤber die
Staatsgewalten. Schon im Anfange des 12ten Jahrhun-
derts durfte der Probſt Gerohus ſagen: „es werde noch da-
hin kommen, daß die goldene Bildſaͤule des Koͤnigreichs
ganz zermalmt, und jedes große Reich in Vierfuͤrſtenthuͤ-
mer aufgeloͤſt werde; erſt dann werde die Kirche frei und
ungedruͤckt beſtehen, unter dem Schutze des großen gekroͤn-
ten Prieſters“ 1). Es fehlte wenig, daß es woͤrtlich dahin
gekommen waͤre. Denn in der That, wer war in dem
dreizehnten Jahrhundert maͤchtiger in England, Heinrich III.
oder jene Vierundzwanzig, welchen eine Zeitlang die Re-
gierung aufgetragen war; in Caſtilien, der Koͤnig oder die
Altoshomes? Die Macht eines Kaiſers ſchien faſt entbehrlich
zu ſeyn, nachdem Friedrich den Fuͤrſten des Reiches die we-
ſentlichen Attribute der Landeshoheit gewaͤhrt hatte. Italien
wie Deutſchland waren mit unabhaͤngigen Gewalten erfuͤllt.
Eine zuſammenfaſſende, vereinigende Macht wohnte faſt
ausſchließlich dem Papſte bei. Der geiſtlich-weltliche Cha-
1)
1) Schroͤckh fuͤhrt dieſe Stelle an: Kirchengeſchichte Th. 27.
p. 117.
1) einem Briefe Heinrichs IV. an Gregor aufuͤhren will; (Mansi Con-
cil. n. collectio. XX, 471.) Rectores sanctae ecclesiae videl. ar-
chiepiscopos, episcopos, presbyteros sicut servos pedibus tuis
calcasti. Wir ſehen, der Papſt hatte hierbei die oͤffentliche Mei-
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