daher kommen. Von der andern Seite stürzt der Velin, zwischen Felsen gedrängt, in ungeheurer Flucht und endlich in prächtigem Falle, schäumend und in tausend Farben spielend, von den Anhöhen herab: unmittelbar erreicht er die Nera, und theilt ihr augenblicklich seine Bewegung mit. Tosend und schäumend, in reißender Geschwindigkeit fluthen die vermischten Gewässer weiter.
So hat der neuerwachte Geist der katholischen Kirche allen Organen der Literatur und Kunst, ja dem Leben über- haupt einen neuen Antrieb gegeben. Die Curie ist zugleich devot und unruhig, geistlich und kriegslustig, auf der einen Seite voll Würde, Pomp, Ceremonie: auf der andern in berechnender Klugheit, nie ermüdender Herrschsucht ohne Gleichen. Ihre Frömmigkeit und ihre ehrgeizigen Entwürfe, beide beruhend auf der Idee einer ausschließenden Recht- gläubigkeit fallen zusammen. So macht sie noch einmal einen Versuch, die Welt zu überwinden.
Gedruckt bei A. W. Schade.
BuchIV.Staat und Hof.
daher kommen. Von der andern Seite ſtuͤrzt der Velin, zwiſchen Felſen gedraͤngt, in ungeheurer Flucht und endlich in praͤchtigem Falle, ſchaͤumend und in tauſend Farben ſpielend, von den Anhoͤhen herab: unmittelbar erreicht er die Nera, und theilt ihr augenblicklich ſeine Bewegung mit. Toſend und ſchaͤumend, in reißender Geſchwindigkeit fluthen die vermiſchten Gewaͤſſer weiter.
So hat der neuerwachte Geiſt der katholiſchen Kirche allen Organen der Literatur und Kunſt, ja dem Leben uͤber- haupt einen neuen Antrieb gegeben. Die Curie iſt zugleich devot und unruhig, geiſtlich und kriegsluſtig, auf der einen Seite voll Wuͤrde, Pomp, Ceremonie: auf der andern in berechnender Klugheit, nie ermuͤdender Herrſchſucht ohne Gleichen. Ihre Froͤmmigkeit und ihre ehrgeizigen Entwuͤrfe, beide beruhend auf der Idee einer ausſchließenden Recht- glaͤubigkeit fallen zuſammen. So macht ſie noch einmal einen Verſuch, die Welt zu uͤberwinden.
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Buch IV. Staat und Hof.
daher kommen. Von der andern Seite ſtuͤrzt der Velin,
zwiſchen Felſen gedraͤngt, in ungeheurer Flucht und endlich
in praͤchtigem Falle, ſchaͤumend und in tauſend Farben
ſpielend, von den Anhoͤhen herab: unmittelbar erreicht er
die Nera, und theilt ihr augenblicklich ſeine Bewegung
mit. Toſend und ſchaͤumend, in reißender Geſchwindigkeit
fluthen die vermiſchten Gewaͤſſer weiter.
So hat der neuerwachte Geiſt der katholiſchen Kirche
allen Organen der Literatur und Kunſt, ja dem Leben uͤber-
haupt einen neuen Antrieb gegeben. Die Curie iſt zugleich
devot und unruhig, geiſtlich und kriegsluſtig, auf der einen
Seite voll Wuͤrde, Pomp, Ceremonie: auf der andern in
berechnender Klugheit, nie ermuͤdender Herrſchſucht ohne
Gleichen. Ihre Froͤmmigkeit und ihre ehrgeizigen Entwuͤrfe,
beide beruhend auf der Idee einer ausſchließenden Recht-
glaͤubigkeit fallen zuſammen. So macht ſie noch einmal
einen Verſuch, die Welt zu uͤberwinden.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/542>, abgerufen am 23.11.2024.
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