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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Die Curie.

Wir können nicht zweifeln an der Originalität der
Gesinnung, wie sie unsre aufmerksamen und gescheuten
Berichterstatter uns nicht selten schildern. Aber wie Viele
werden sich lediglich anbequemen, um durch den Schein
das Glück zu fesseln. In wie vielen Andern werden sich
die weltlichen Tendenzen in dem Dunkel halbentwickelter
Motive mit den geistlichen durchdringen.

Es verhält sich mit der Curie, wie mit Literatur
und Kunst. Es war alles von der Kirche abgefallen und
Richtungen, die an das Heidnische streiften, hingegeben.
Durch jene welthistorische Entwickelung ist das Prinzip der
Kirche wieder erwacht: wie mit neuem Anhauch hat es die
Kräfte des Lebens berührt, und dem gesammten Daseyn
eine andre Farbe verliehen. Welch ein Unterschied zwischen
Ariost und Tasso, Giulio Romano und Guercino, Pom-
ponazzo und Patrizi. Eine große Epoche liegt zwischen
ihnen. Dennoch haben sie auch etwas Gemeinschaftliches
und die Späteren beruhen mit auf den Früheren. Auch
die Curie hat die alten Formen behauptet, und von dem
alten Wesen vieles übrig behalten. Doch hindert das
nicht, daß nicht ein anderer Geist sie beherrsche. Was
dieser nicht völlig umgestalten, in sich selbst verwandeln
können, dem hat er wenigstens seinen Impuls gegeben.

Indem ich die Mischung der verschiedenen Elemente
betrachte, erinnere ich mich eines Schauspiels der Natur,
das sie vielleicht in einer Art von Abbild und Gleichniß
zu vergegenwärtigen vermag.

Bei Terni sieht man die Nera zwischen Wald und
Wiesen, in ruhigem, gleichen Flusse durch das hintere Thal

Die Curie.

Wir koͤnnen nicht zweifeln an der Originalitaͤt der
Geſinnung, wie ſie unſre aufmerkſamen und geſcheuten
Berichterſtatter uns nicht ſelten ſchildern. Aber wie Viele
werden ſich lediglich anbequemen, um durch den Schein
das Gluͤck zu feſſeln. In wie vielen Andern werden ſich
die weltlichen Tendenzen in dem Dunkel halbentwickelter
Motive mit den geiſtlichen durchdringen.

Es verhaͤlt ſich mit der Curie, wie mit Literatur
und Kunſt. Es war alles von der Kirche abgefallen und
Richtungen, die an das Heidniſche ſtreiften, hingegeben.
Durch jene welthiſtoriſche Entwickelung iſt das Prinzip der
Kirche wieder erwacht: wie mit neuem Anhauch hat es die
Kraͤfte des Lebens beruͤhrt, und dem geſammten Daſeyn
eine andre Farbe verliehen. Welch ein Unterſchied zwiſchen
Arioſt und Taſſo, Giulio Romano und Guercino, Pom-
ponazzo und Patrizi. Eine große Epoche liegt zwiſchen
ihnen. Dennoch haben ſie auch etwas Gemeinſchaftliches
und die Spaͤteren beruhen mit auf den Fruͤheren. Auch
die Curie hat die alten Formen behauptet, und von dem
alten Weſen vieles uͤbrig behalten. Doch hindert das
nicht, daß nicht ein anderer Geiſt ſie beherrſche. Was
dieſer nicht voͤllig umgeſtalten, in ſich ſelbſt verwandeln
koͤnnen, dem hat er wenigſtens ſeinen Impuls gegeben.

Indem ich die Miſchung der verſchiedenen Elemente
betrachte, erinnere ich mich eines Schauſpiels der Natur,
das ſie vielleicht in einer Art von Abbild und Gleichniß
zu vergegenwaͤrtigen vermag.

Bei Terni ſieht man die Nera zwiſchen Wald und
Wieſen, in ruhigem, gleichen Fluſſe durch das hintere Thal

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[515/0541] Die Curie. Wir koͤnnen nicht zweifeln an der Originalitaͤt der Geſinnung, wie ſie unſre aufmerkſamen und geſcheuten Berichterſtatter uns nicht ſelten ſchildern. Aber wie Viele werden ſich lediglich anbequemen, um durch den Schein das Gluͤck zu feſſeln. In wie vielen Andern werden ſich die weltlichen Tendenzen in dem Dunkel halbentwickelter Motive mit den geiſtlichen durchdringen. Es verhaͤlt ſich mit der Curie, wie mit Literatur und Kunſt. Es war alles von der Kirche abgefallen und Richtungen, die an das Heidniſche ſtreiften, hingegeben. Durch jene welthiſtoriſche Entwickelung iſt das Prinzip der Kirche wieder erwacht: wie mit neuem Anhauch hat es die Kraͤfte des Lebens beruͤhrt, und dem geſammten Daſeyn eine andre Farbe verliehen. Welch ein Unterſchied zwiſchen Arioſt und Taſſo, Giulio Romano und Guercino, Pom- ponazzo und Patrizi. Eine große Epoche liegt zwiſchen ihnen. Dennoch haben ſie auch etwas Gemeinſchaftliches und die Spaͤteren beruhen mit auf den Fruͤheren. Auch die Curie hat die alten Formen behauptet, und von dem alten Weſen vieles uͤbrig behalten. Doch hindert das nicht, daß nicht ein anderer Geiſt ſie beherrſche. Was dieſer nicht voͤllig umgeſtalten, in ſich ſelbſt verwandeln koͤnnen, dem hat er wenigſtens ſeinen Impuls gegeben. Indem ich die Miſchung der verſchiedenen Elemente betrachte, erinnere ich mich eines Schauſpiels der Natur, das ſie vielleicht in einer Art von Abbild und Gleichniß zu vergegenwaͤrtigen vermag. Bei Terni ſieht man die Nera zwiſchen Wald und Wieſen, in ruhigem, gleichen Fluſſe durch das hintere Thal

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/541>, abgerufen am 23.11.2024.