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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Die Curie.
breitet. Das Glück steigt und fällt: die Person bleibt die
nemliche.

Andere können schon von vorn herein nach einem klei-
nen Amt trachten, das ihnen bei Eifer und Thätigkeit eine
gewisse Aussicht eröffnet. Freilich ist es allemal mißlich,
dort, wie zu jeder andern Zeit, in jedem andern Staat,
erst auf den Nutzen, und dann auf die Ehre sehen zu müssen.

Wie viel besser sind die Wohlhabenden daran! Aus
den Monti, an denen sie Theil nehmen, läuft ihnen von
Monat zu Monat ein sicheres Einkommen ein: sie kaufen
sich eine Stelle, durch welche sie unmittelbar in die Prälatur
treten, und nicht allein ein selbstständiges Daseyn erwer-
ben, sondern auch ihr Talent auf eine glänzende Weise
entfalten können. Wer da hat, dem wird gegeben. An
diesem Hofe nützt es doppelt etwas zu besitzen, weil der
Besitz an die Kammer zurückfällt, so daß der Papst selbst
bei der Beförderung ein Interesse hat.

In dieser Stellung braucht man sich nicht mehr so
unbedingt an einen Großen anzuschließen: eine so erklärte
Partheilichkeit könnte dem Fortkommen vielmehr sogar scha-
den, wenn ihr das Glück nicht entspräche. Man hat vor
allem darauf zu sehen, daß man Niemand beleidige. Bis
in die feinsten, leisesten Verührungen wird diese Rücksicht
durchgefühlt und beobachtet. Man hütet sich z. B., Je-
mand mehr Ehre zu erweisen, als ihm grade zukommt:
Gleichheit des Betragens gegen Verschiedene wäre Ungleich-
heit und könnte einen üblen Eindruck machen. Auch von
den Abwesenden spricht man nicht anders als gut; nicht
allein weil die Worte einmal ausgesprochen nicht mehr in

Die Curie.
breitet. Das Gluͤck ſteigt und faͤllt: die Perſon bleibt die
nemliche.

Andere koͤnnen ſchon von vorn herein nach einem klei-
nen Amt trachten, das ihnen bei Eifer und Thaͤtigkeit eine
gewiſſe Ausſicht eroͤffnet. Freilich iſt es allemal mißlich,
dort, wie zu jeder andern Zeit, in jedem andern Staat,
erſt auf den Nutzen, und dann auf die Ehre ſehen zu muͤſſen.

Wie viel beſſer ſind die Wohlhabenden daran! Aus
den Monti, an denen ſie Theil nehmen, laͤuft ihnen von
Monat zu Monat ein ſicheres Einkommen ein: ſie kaufen
ſich eine Stelle, durch welche ſie unmittelbar in die Praͤlatur
treten, und nicht allein ein ſelbſtſtaͤndiges Daſeyn erwer-
ben, ſondern auch ihr Talent auf eine glaͤnzende Weiſe
entfalten koͤnnen. Wer da hat, dem wird gegeben. An
dieſem Hofe nuͤtzt es doppelt etwas zu beſitzen, weil der
Beſitz an die Kammer zuruͤckfaͤllt, ſo daß der Papſt ſelbſt
bei der Befoͤrderung ein Intereſſe hat.

In dieſer Stellung braucht man ſich nicht mehr ſo
unbedingt an einen Großen anzuſchließen: eine ſo erklaͤrte
Partheilichkeit koͤnnte dem Fortkommen vielmehr ſogar ſcha-
den, wenn ihr das Gluͤck nicht entſpraͤche. Man hat vor
allem darauf zu ſehen, daß man Niemand beleidige. Bis
in die feinſten, leiſeſten Veruͤhrungen wird dieſe Ruͤckſicht
durchgefuͤhlt und beobachtet. Man huͤtet ſich z. B., Je-
mand mehr Ehre zu erweiſen, als ihm grade zukommt:
Gleichheit des Betragens gegen Verſchiedene waͤre Ungleich-
heit und koͤnnte einen uͤblen Eindruck machen. Auch von
den Abweſenden ſpricht man nicht anders als gut; nicht
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[511/0537] Die Curie. breitet. Das Gluͤck ſteigt und faͤllt: die Perſon bleibt die nemliche. Andere koͤnnen ſchon von vorn herein nach einem klei- nen Amt trachten, das ihnen bei Eifer und Thaͤtigkeit eine gewiſſe Ausſicht eroͤffnet. Freilich iſt es allemal mißlich, dort, wie zu jeder andern Zeit, in jedem andern Staat, erſt auf den Nutzen, und dann auf die Ehre ſehen zu muͤſſen. Wie viel beſſer ſind die Wohlhabenden daran! Aus den Monti, an denen ſie Theil nehmen, laͤuft ihnen von Monat zu Monat ein ſicheres Einkommen ein: ſie kaufen ſich eine Stelle, durch welche ſie unmittelbar in die Praͤlatur treten, und nicht allein ein ſelbſtſtaͤndiges Daſeyn erwer- ben, ſondern auch ihr Talent auf eine glaͤnzende Weiſe entfalten koͤnnen. Wer da hat, dem wird gegeben. An dieſem Hofe nuͤtzt es doppelt etwas zu beſitzen, weil der Beſitz an die Kammer zuruͤckfaͤllt, ſo daß der Papſt ſelbſt bei der Befoͤrderung ein Intereſſe hat. In dieſer Stellung braucht man ſich nicht mehr ſo unbedingt an einen Großen anzuſchließen: eine ſo erklaͤrte Partheilichkeit koͤnnte dem Fortkommen vielmehr ſogar ſcha- den, wenn ihr das Gluͤck nicht entſpraͤche. Man hat vor allem darauf zu ſehen, daß man Niemand beleidige. Bis in die feinſten, leiſeſten Veruͤhrungen wird dieſe Ruͤckſicht durchgefuͤhlt und beobachtet. Man huͤtet ſich z. B., Je- mand mehr Ehre zu erweiſen, als ihm grade zukommt: Gleichheit des Betragens gegen Verſchiedene waͤre Ungleich- heit und koͤnnte einen uͤblen Eindruck machen. Auch von den Abweſenden ſpricht man nicht anders als gut; nicht allein weil die Worte einmal ausgeſprochen nicht mehr in

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/537>, abgerufen am 05.05.2024.