ter literarischer Geschicklichkeit that, aber übrigens von den sanftesten Sitten war, demüthig und leutselig, lauter Güte und Religion.
Alles was an diesem Hof emporkam, Politik, Staats- verwaltung, Poesie, Kunst, Gelehrsamkeit trug die nem- liche Farbe.
Welch ein Abstand von der Curie im Anfange des Jahrhunderts, wo die Cardinäle den Päpsten den Krieg machten, die Päpste sich mit Waffen gürteten, Hof und Leben von sich wiesen, was an ihre christliche Bestimmung erinnerte. Wie still und klösterlich hielten jetzt die Cardi- näle aus. Daß Cardinal Tosco, der einmal die nächste Aussicht dazu hatte, dennoch nicht Papst wurde, kam vor allem daher, weil er sich ein paar lombardische Sprich- wörter angewöhnt, die den Leuten anstößig vorkamen. So ausschließend in seiner Richtung, so leicht zu verletzen war der öffentliche Geist.
Verschweigen wir aber nicht, daß er, wie in Litera- tur und Kunst so auch im Leben noch eine andere, für un- ser Gefühl unerfreuliche Seite entwickelte. Wunder began- nen wieder, die sich lange nicht gezeigt. Bei S. Silvestro fing ein Marienbild an zu sprechen: was denn einen so allgemeinen Eindruck auf das Volk machte, daß die wüste Gegend um die Kirche gar bald angebaut ward. In dem Rione de' monti erschien ein wunderthätiges Marienbild in einem Heuschober, und die Umwohner hielten dieß für eine so augenscheinliche Gunst des Himmels, daß sie sich mit den Waffen widersetzten, als man es wegführen wollte: ähnliche Erscheinungen finden wir in Narni, Todi, San
Die Curie.
ter literariſcher Geſchicklichkeit that, aber uͤbrigens von den ſanfteſten Sitten war, demuͤthig und leutſelig, lauter Guͤte und Religion.
Alles was an dieſem Hof emporkam, Politik, Staats- verwaltung, Poeſie, Kunſt, Gelehrſamkeit trug die nem- liche Farbe.
Welch ein Abſtand von der Curie im Anfange des Jahrhunderts, wo die Cardinaͤle den Paͤpſten den Krieg machten, die Paͤpſte ſich mit Waffen guͤrteten, Hof und Leben von ſich wieſen, was an ihre chriſtliche Beſtimmung erinnerte. Wie ſtill und kloͤſterlich hielten jetzt die Cardi- naͤle aus. Daß Cardinal Tosco, der einmal die naͤchſte Ausſicht dazu hatte, dennoch nicht Papſt wurde, kam vor allem daher, weil er ſich ein paar lombardiſche Sprich- woͤrter angewoͤhnt, die den Leuten anſtoͤßig vorkamen. So ausſchließend in ſeiner Richtung, ſo leicht zu verletzen war der oͤffentliche Geiſt.
Verſchweigen wir aber nicht, daß er, wie in Litera- tur und Kunſt ſo auch im Leben noch eine andere, fuͤr un- ſer Gefuͤhl unerfreuliche Seite entwickelte. Wunder began- nen wieder, die ſich lange nicht gezeigt. Bei S. Silveſtro fing ein Marienbild an zu ſprechen: was denn einen ſo allgemeinen Eindruck auf das Volk machte, daß die wuͤſte Gegend um die Kirche gar bald angebaut ward. In dem Rione de’ monti erſchien ein wunderthaͤtiges Marienbild in einem Heuſchober, und die Umwohner hielten dieß fuͤr eine ſo augenſcheinliche Gunſt des Himmels, daß ſie ſich mit den Waffen widerſetzten, als man es wegfuͤhren wollte: aͤhnliche Erſcheinungen finden wir in Narni, Todi, San
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Die Curie.
ter literariſcher Geſchicklichkeit that, aber uͤbrigens von den
ſanfteſten Sitten war, demuͤthig und leutſelig, lauter Guͤte
und Religion.
Alles was an dieſem Hof emporkam, Politik, Staats-
verwaltung, Poeſie, Kunſt, Gelehrſamkeit trug die nem-
liche Farbe.
Welch ein Abſtand von der Curie im Anfange des
Jahrhunderts, wo die Cardinaͤle den Paͤpſten den Krieg
machten, die Paͤpſte ſich mit Waffen guͤrteten, Hof und
Leben von ſich wieſen, was an ihre chriſtliche Beſtimmung
erinnerte. Wie ſtill und kloͤſterlich hielten jetzt die Cardi-
naͤle aus. Daß Cardinal Tosco, der einmal die naͤchſte
Ausſicht dazu hatte, dennoch nicht Papſt wurde, kam vor
allem daher, weil er ſich ein paar lombardiſche Sprich-
woͤrter angewoͤhnt, die den Leuten anſtoͤßig vorkamen. So
ausſchließend in ſeiner Richtung, ſo leicht zu verletzen war
der oͤffentliche Geiſt.
Verſchweigen wir aber nicht, daß er, wie in Litera-
tur und Kunſt ſo auch im Leben noch eine andere, fuͤr un-
ſer Gefuͤhl unerfreuliche Seite entwickelte. Wunder began-
nen wieder, die ſich lange nicht gezeigt. Bei S. Silveſtro
fing ein Marienbild an zu ſprechen: was denn einen ſo
allgemeinen Eindruck auf das Volk machte, daß die wuͤſte
Gegend um die Kirche gar bald angebaut ward. In dem
Rione de’ monti erſchien ein wunderthaͤtiges Marienbild in
einem Heuſchober, und die Umwohner hielten dieß fuͤr eine
ſo augenſcheinliche Gunſt des Himmels, daß ſie ſich mit
den Waffen widerſetzten, als man es wegfuͤhren wollte:
aͤhnliche Erſcheinungen finden wir in Narni, Todi, San
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/531>, abgerufen am 23.11.2024.
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