Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Buch IV. Staat und Hof. rung des Nepotismus zugeschrieben. Wir sahen, wie un-bedeutend die Begünstigungen der Nepoten bereits unter Pius IV., Pius V. und Gregor XIII. geworden waren. Gebührt Einem von ihnen in dieser Hinsicht ein besonde- res Lob, so ist es Pius V., der die Alienationen kirchli- cher Länder ausdrücklich verpönte. Wie gesagt, diese frü- here Art des Nepotismus ist niemals wieder hergestellt worden. Unter den Päpsten des folgenden Jahrhunderts bildete sich aber eine andere Form desselben aus. Es gab immer zwei bevorzugte Nepoten, von denen der eine zum Cardinal erhoben die oberste Verwaltung kirchlicher und po- litischer Geschäfte in die Hand bekam, der andre, von welt- lichem Stande, reich verheurathet, mit liegenden Gründen und Luoghi di Monte ausgestattet, ein Majorat stiftete und sich ein fürstliches Haus gründete. Fragen wir, wann diese Form nun eingetreten, so finden wir, daß sie sich all- mählig ausgebildet, zuerst aber unter Sixtus V. ange- bahnt hat. Cardinal Montalto, den der Papst zärtlich liebte, so daß er sogar seine natürliche Heftigkeit gegen ihn mäßigte, bekam Eintritt in die Consulta und an den aus- wärtigen Geschäften wenigstens Antheil: dessen Bruder Mi- chele ward Marchese und gründete ein wohlausgestattetes Haus. Wollte man aber glauben, Sixtus habe hiermit ein 1) Bentivoglio Memorie p. 90. non aveva quasi alcuna par-
tecipatione nel governo. Buch IV. Staat und Hof. rung des Nepotismus zugeſchrieben. Wir ſahen, wie un-bedeutend die Beguͤnſtigungen der Nepoten bereits unter Pius IV., Pius V. und Gregor XIII. geworden waren. Gebuͤhrt Einem von ihnen in dieſer Hinſicht ein beſonde- res Lob, ſo iſt es Pius V., der die Alienationen kirchli- cher Laͤnder ausdruͤcklich verpoͤnte. Wie geſagt, dieſe fruͤ- here Art des Nepotismus iſt niemals wieder hergeſtellt worden. Unter den Paͤpſten des folgenden Jahrhunderts bildete ſich aber eine andere Form deſſelben aus. Es gab immer zwei bevorzugte Nepoten, von denen der eine zum Cardinal erhoben die oberſte Verwaltung kirchlicher und po- litiſcher Geſchaͤfte in die Hand bekam, der andre, von welt- lichem Stande, reich verheurathet, mit liegenden Gruͤnden und Luoghi di Monte ausgeſtattet, ein Majorat ſtiftete und ſich ein fuͤrſtliches Haus gruͤndete. Fragen wir, wann dieſe Form nun eingetreten, ſo finden wir, daß ſie ſich all- maͤhlig ausgebildet, zuerſt aber unter Sixtus V. ange- bahnt hat. Cardinal Montalto, den der Papſt zaͤrtlich liebte, ſo daß er ſogar ſeine natuͤrliche Heftigkeit gegen ihn maͤßigte, bekam Eintritt in die Conſulta und an den aus- waͤrtigen Geſchaͤften wenigſtens Antheil: deſſen Bruder Mi- chele ward Marcheſe und gruͤndete ein wohlausgeſtattetes Haus. Wollte man aber glauben, Sixtus habe hiermit ein 1) Bentivoglio Memorie p. 90. non aveva quasi alcuna par-
tecipatione nel governo. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0484" n="458"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#g">Staat und Hof</hi>.</fw><lb/> rung des Nepotismus zugeſchrieben. Wir ſahen, wie un-<lb/> bedeutend die Beguͤnſtigungen der Nepoten bereits unter<lb/> Pius <hi rendition="#aq">IV.</hi>, Pius <hi rendition="#aq">V.</hi> und Gregor <hi rendition="#aq">XIII.</hi> geworden waren.<lb/> Gebuͤhrt Einem von ihnen in dieſer Hinſicht ein beſonde-<lb/> res Lob, ſo iſt es Pius <hi rendition="#aq">V.</hi>, der die Alienationen kirchli-<lb/> cher Laͤnder ausdruͤcklich verpoͤnte. Wie geſagt, dieſe fruͤ-<lb/> here Art des Nepotismus iſt niemals wieder hergeſtellt<lb/> worden. Unter den Paͤpſten des folgenden Jahrhunderts<lb/> bildete ſich aber eine andere Form deſſelben aus. Es gab<lb/> immer zwei bevorzugte Nepoten, von denen der eine zum<lb/> Cardinal erhoben die oberſte Verwaltung kirchlicher und po-<lb/> litiſcher Geſchaͤfte in die Hand bekam, der andre, von welt-<lb/> lichem Stande, reich verheurathet, mit liegenden Gruͤnden<lb/> und Luoghi di Monte ausgeſtattet, ein Majorat ſtiftete und<lb/> ſich ein fuͤrſtliches Haus gruͤndete. Fragen wir, wann dieſe<lb/> Form nun eingetreten, ſo finden wir, daß ſie ſich all-<lb/> maͤhlig ausgebildet, zuerſt aber unter Sixtus <hi rendition="#aq">V.</hi> ange-<lb/> bahnt hat. Cardinal Montalto, den der Papſt zaͤrtlich<lb/> liebte, ſo daß er ſogar ſeine natuͤrliche Heftigkeit gegen ihn<lb/> maͤßigte, bekam Eintritt in die Conſulta und an den aus-<lb/> waͤrtigen Geſchaͤften wenigſtens Antheil: deſſen Bruder Mi-<lb/> chele ward Marcheſe und gruͤndete ein wohlausgeſtattetes<lb/> Haus.</p><lb/> <p>Wollte man aber glauben, Sixtus habe hiermit ein<lb/> Nepotenregiment eingefuͤhrt, ſo wuͤrde man ſich doch voͤllig<lb/> irren. Der Marcheſe hatte keinerlei Einfluß, der Cardinal<lb/> wenigſtens keinen weſentlichen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Bentivoglio Memorie p. 90. non aveva quasi alcuna par-<lb/> tecipatione nel governo.</hi></note>. Es wuͤrde dieß der Sin-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [458/0484]
Buch IV. Staat und Hof.
rung des Nepotismus zugeſchrieben. Wir ſahen, wie un-
bedeutend die Beguͤnſtigungen der Nepoten bereits unter
Pius IV., Pius V. und Gregor XIII. geworden waren.
Gebuͤhrt Einem von ihnen in dieſer Hinſicht ein beſonde-
res Lob, ſo iſt es Pius V., der die Alienationen kirchli-
cher Laͤnder ausdruͤcklich verpoͤnte. Wie geſagt, dieſe fruͤ-
here Art des Nepotismus iſt niemals wieder hergeſtellt
worden. Unter den Paͤpſten des folgenden Jahrhunderts
bildete ſich aber eine andere Form deſſelben aus. Es gab
immer zwei bevorzugte Nepoten, von denen der eine zum
Cardinal erhoben die oberſte Verwaltung kirchlicher und po-
litiſcher Geſchaͤfte in die Hand bekam, der andre, von welt-
lichem Stande, reich verheurathet, mit liegenden Gruͤnden
und Luoghi di Monte ausgeſtattet, ein Majorat ſtiftete und
ſich ein fuͤrſtliches Haus gruͤndete. Fragen wir, wann dieſe
Form nun eingetreten, ſo finden wir, daß ſie ſich all-
maͤhlig ausgebildet, zuerſt aber unter Sixtus V. ange-
bahnt hat. Cardinal Montalto, den der Papſt zaͤrtlich
liebte, ſo daß er ſogar ſeine natuͤrliche Heftigkeit gegen ihn
maͤßigte, bekam Eintritt in die Conſulta und an den aus-
waͤrtigen Geſchaͤften wenigſtens Antheil: deſſen Bruder Mi-
chele ward Marcheſe und gruͤndete ein wohlausgeſtattetes
Haus.
Wollte man aber glauben, Sixtus habe hiermit ein
Nepotenregiment eingefuͤhrt, ſo wuͤrde man ſich doch voͤllig
irren. Der Marcheſe hatte keinerlei Einfluß, der Cardinal
wenigſtens keinen weſentlichen 1). Es wuͤrde dieß der Sin-
1) Bentivoglio Memorie p. 90. non aveva quasi alcuna par-
tecipatione nel governo.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |