Man hatte die Gewohnheit, auf den Kopf eines Ban- diten einen Preis zu setzen. Sixtus verordnete, daß diese Preise nicht mehr von der Kammer, sondern vielmehr von den Verwandten des Banditen, oder wenn diese zu arm, von der Gemeinde, aus der er stamme, zu tragen seyen.
Es leuchtet ein, daß er das Interesse der Herren, der Gemeinden, der Verwandten für seine Zwecke in Anspruch zu nehmen suchte. Das Interesse der Banditen selbst be- mühte er sich zu erwecken. Er versprach einem Jeden, der einen Genossen todt oder lebendig einliefern würde, nicht nur die eigene Begnadigung, sondern auch die Begnadigung einiger seiner Freunde die er nennen könne, und überdieß ein Geldgeschenk.
Nachdem diese Anordnungen getroffen worden, und man ihre strenge Handhabung an ein paar Beispielen er- lebt hatte, bekam die Verfolgung der Banditen in Kurzem eine andere Gestalt.
Es war ein Glück, daß es bald im Anfang mit ein paar Oberhäuptern gelang.
Es ließ den Papst nicht schlafen, daß der Prete Guer- cino, der sich König der Campagna nannte, der ein- mal den Unterthanen des Bischofs von Viterbo verboten hatte, ihrem Herrn zu gehorchen, noch immer sein Handwerk fortsetzte, und neue Plünderungen vorgenommen hatte. "Er betete," sagt Galesinus, "Gott möge den Kirchenstaat von diesem Räuber befreien:" den andern Morgen lief die Nachricht ein, Guercino sey gefangen. Der Kopf ward mit einer vergoldeten Krone an der Engelsburg ausgestellt;
Sixtus V. Banditen.
Man hatte die Gewohnheit, auf den Kopf eines Ban- diten einen Preis zu ſetzen. Sixtus verordnete, daß dieſe Preiſe nicht mehr von der Kammer, ſondern vielmehr von den Verwandten des Banditen, oder wenn dieſe zu arm, von der Gemeinde, aus der er ſtamme, zu tragen ſeyen.
Es leuchtet ein, daß er das Intereſſe der Herren, der Gemeinden, der Verwandten fuͤr ſeine Zwecke in Anſpruch zu nehmen ſuchte. Das Intereſſe der Banditen ſelbſt be- muͤhte er ſich zu erwecken. Er verſprach einem Jeden, der einen Genoſſen todt oder lebendig einliefern wuͤrde, nicht nur die eigene Begnadigung, ſondern auch die Begnadigung einiger ſeiner Freunde die er nennen koͤnne, und uͤberdieß ein Geldgeſchenk.
Nachdem dieſe Anordnungen getroffen worden, und man ihre ſtrenge Handhabung an ein paar Beiſpielen er- lebt hatte, bekam die Verfolgung der Banditen in Kurzem eine andere Geſtalt.
Es war ein Gluͤck, daß es bald im Anfang mit ein paar Oberhaͤuptern gelang.
Es ließ den Papſt nicht ſchlafen, daß der Prete Guer- cino, der ſich Koͤnig der Campagna nannte, der ein- mal den Unterthanen des Biſchofs von Viterbo verboten hatte, ihrem Herrn zu gehorchen, noch immer ſein Handwerk fortſetzte, und neue Pluͤnderungen vorgenommen hatte. „Er betete,“ ſagt Galeſinus, „Gott moͤge den Kirchenſtaat von dieſem Raͤuber befreien:“ den andern Morgen lief die Nachricht ein, Guercino ſey gefangen. Der Kopf ward mit einer vergoldeten Krone an der Engelsburg ausgeſtellt;
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Sixtus V. Banditen.
Man hatte die Gewohnheit, auf den Kopf eines Ban-
diten einen Preis zu ſetzen. Sixtus verordnete, daß dieſe
Preiſe nicht mehr von der Kammer, ſondern vielmehr
von den Verwandten des Banditen, oder wenn dieſe zu
arm, von der Gemeinde, aus der er ſtamme, zu tragen
ſeyen.
Es leuchtet ein, daß er das Intereſſe der Herren, der
Gemeinden, der Verwandten fuͤr ſeine Zwecke in Anſpruch
zu nehmen ſuchte. Das Intereſſe der Banditen ſelbſt be-
muͤhte er ſich zu erwecken. Er verſprach einem Jeden, der
einen Genoſſen todt oder lebendig einliefern wuͤrde, nicht
nur die eigene Begnadigung, ſondern auch die Begnadigung
einiger ſeiner Freunde die er nennen koͤnne, und uͤberdieß
ein Geldgeſchenk.
Nachdem dieſe Anordnungen getroffen worden, und
man ihre ſtrenge Handhabung an ein paar Beiſpielen er-
lebt hatte, bekam die Verfolgung der Banditen in Kurzem
eine andere Geſtalt.
Es war ein Gluͤck, daß es bald im Anfang mit ein
paar Oberhaͤuptern gelang.
Es ließ den Papſt nicht ſchlafen, daß der Prete Guer-
cino, der ſich Koͤnig der Campagna nannte, der ein-
mal den Unterthanen des Biſchofs von Viterbo verboten
hatte, ihrem Herrn zu gehorchen, noch immer ſein Handwerk
fortſetzte, und neue Pluͤnderungen vorgenommen hatte. „Er
betete,“ ſagt Galeſinus, „Gott moͤge den Kirchenſtaat von
dieſem Raͤuber befreien:“ den andern Morgen lief die
Nachricht ein, Guercino ſey gefangen. Der Kopf ward
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/473>, abgerufen am 22.11.2024.
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