zu einer unnachsichtigen Bestrafung der ergriffenen Schul- digen.
Es war längst verboten, kurze Waffen, besonders eine gewisse Art von Büchsen zu tragen. Vier junge Menschen aus Cora, nahe Verwandte unter einander, ließen sich den- noch mit solchen Gewehren ergreifen. Den andern Tag war die Krönung: und ein so freudiges Ereigniß nahm man zum Anlaß für sie zu bitten. Sixtus entgegnete: "so lange er lebe, müsse jeder Verbrecher sterben" 1). Noch an demselben Tage sah man sie alle vier an Einem Gal- gen bei der Engelsbrücke aufgehängt.
Ein junger Transtiberiner war zum Tode verurtheilt, weil er sich den Sbirren widersetzt hatte, die ihm einen Esel wegführen wollten. Alles war voll Mitleiden, wie der Knabe weinend wegen so geringer Verschuldung auf den Richtplatz geführt wurde; man stellte dem Papst seine Jugend vor. "Ich will ihm ein paar Jahre von den meinen zulegen," soll er gesagt haben: er ließ das Ur- theil vollstrecken.
Diese ersten Thaten Sixtus V. setzten Jedermann in Furcht: sie gaben den Verordnungen, die er nunmehr er- ließ, einen gewaltigen Nachdruck.
Barone und Gemeinden wurden angewiesen, ihre Schlösser und Städte von den Banditen rein zu halten: -- den Schaden, den die Banditen anrichten würden, soll- ten der Herr oder die Gemeinde, in deren Gebiet er vor- falle, selber zu ersetzen haben" 2).
1)Se vivo facinorosis moriendum esse.
2)Bullarium Tom IV. p. IV. p. 137. Bando b. Tempesti I, IX, 14.
BuchIV.Staat und Hof.
zu einer unnachſichtigen Beſtrafung der ergriffenen Schul- digen.
Es war laͤngſt verboten, kurze Waffen, beſonders eine gewiſſe Art von Buͤchſen zu tragen. Vier junge Menſchen aus Cora, nahe Verwandte unter einander, ließen ſich den- noch mit ſolchen Gewehren ergreifen. Den andern Tag war die Kroͤnung: und ein ſo freudiges Ereigniß nahm man zum Anlaß fuͤr ſie zu bitten. Sixtus entgegnete: „ſo lange er lebe, muͤſſe jeder Verbrecher ſterben“ 1). Noch an demſelben Tage ſah man ſie alle vier an Einem Gal- gen bei der Engelsbruͤcke aufgehaͤngt.
Ein junger Transtiberiner war zum Tode verurtheilt, weil er ſich den Sbirren widerſetzt hatte, die ihm einen Eſel wegfuͤhren wollten. Alles war voll Mitleiden, wie der Knabe weinend wegen ſo geringer Verſchuldung auf den Richtplatz gefuͤhrt wurde; man ſtellte dem Papſt ſeine Jugend vor. „Ich will ihm ein paar Jahre von den meinen zulegen,“ ſoll er geſagt haben: er ließ das Ur- theil vollſtrecken.
Dieſe erſten Thaten Sixtus V. ſetzten Jedermann in Furcht: ſie gaben den Verordnungen, die er nunmehr er- ließ, einen gewaltigen Nachdruck.
Barone und Gemeinden wurden angewieſen, ihre Schloͤſſer und Staͤdte von den Banditen rein zu halten: — den Schaden, den die Banditen anrichten wuͤrden, ſoll- ten der Herr oder die Gemeinde, in deren Gebiet er vor- falle, ſelber zu erſetzen haben“ 2).
1)Se vivo facinorosis moriendum esse.
2)Bullarium Tom IV. p. IV. p. 137. Bando b. Tempesti I, IX, 14.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0472"n="446"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Buch</hi><hirendition="#aq">IV.</hi><hirendition="#g">Staat und Hof</hi>.</fw><lb/>
zu einer unnachſichtigen Beſtrafung der ergriffenen Schul-<lb/>
digen.</p><lb/><p>Es war laͤngſt verboten, kurze Waffen, beſonders eine<lb/>
gewiſſe Art von Buͤchſen zu tragen. Vier junge Menſchen<lb/>
aus Cora, nahe Verwandte unter einander, ließen ſich den-<lb/>
noch mit ſolchen Gewehren ergreifen. Den andern Tag<lb/>
war die Kroͤnung: und ein ſo freudiges Ereigniß nahm<lb/>
man zum Anlaß fuͤr ſie zu bitten. Sixtus entgegnete: „ſo<lb/>
lange er lebe, muͤſſe jeder Verbrecher ſterben“<noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#aq">Se vivo facinorosis moriendum esse.</hi></note>. Noch<lb/>
an demſelben Tage ſah man ſie alle vier an Einem Gal-<lb/>
gen bei der Engelsbruͤcke aufgehaͤngt.</p><lb/><p>Ein junger Transtiberiner war zum Tode verurtheilt,<lb/>
weil er ſich den Sbirren widerſetzt hatte, die ihm einen<lb/>
Eſel wegfuͤhren wollten. Alles war voll Mitleiden, wie<lb/>
der Knabe weinend wegen ſo geringer Verſchuldung auf<lb/>
den Richtplatz gefuͤhrt wurde; man ſtellte dem Papſt ſeine<lb/>
Jugend vor. „Ich will ihm ein paar Jahre von den<lb/>
meinen zulegen,“ſoll er geſagt haben: er ließ das Ur-<lb/>
theil vollſtrecken.</p><lb/><p>Dieſe erſten Thaten Sixtus <hirendition="#aq">V.</hi>ſetzten Jedermann in<lb/>
Furcht: ſie gaben den Verordnungen, die er nunmehr er-<lb/>
ließ, einen gewaltigen Nachdruck.</p><lb/><p>Barone und Gemeinden wurden angewieſen, ihre<lb/>
Schloͤſſer und Staͤdte von den Banditen rein zu halten:<lb/>— den Schaden, den die Banditen anrichten wuͤrden, ſoll-<lb/>
ten der Herr oder die Gemeinde, in deren Gebiet er vor-<lb/>
falle, ſelber zu erſetzen haben“<noteplace="foot"n="2)"><hirendition="#aq">Bullarium Tom IV. p. IV. p. 137. Bando</hi> b. <hirendition="#aq">Tempesti I,<lb/>
IX,</hi> 14.</note>.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[446/0472]
Buch IV. Staat und Hof.
zu einer unnachſichtigen Beſtrafung der ergriffenen Schul-
digen.
Es war laͤngſt verboten, kurze Waffen, beſonders eine
gewiſſe Art von Buͤchſen zu tragen. Vier junge Menſchen
aus Cora, nahe Verwandte unter einander, ließen ſich den-
noch mit ſolchen Gewehren ergreifen. Den andern Tag
war die Kroͤnung: und ein ſo freudiges Ereigniß nahm
man zum Anlaß fuͤr ſie zu bitten. Sixtus entgegnete: „ſo
lange er lebe, muͤſſe jeder Verbrecher ſterben“ 1). Noch
an demſelben Tage ſah man ſie alle vier an Einem Gal-
gen bei der Engelsbruͤcke aufgehaͤngt.
Ein junger Transtiberiner war zum Tode verurtheilt,
weil er ſich den Sbirren widerſetzt hatte, die ihm einen
Eſel wegfuͤhren wollten. Alles war voll Mitleiden, wie
der Knabe weinend wegen ſo geringer Verſchuldung auf
den Richtplatz gefuͤhrt wurde; man ſtellte dem Papſt ſeine
Jugend vor. „Ich will ihm ein paar Jahre von den
meinen zulegen,“ ſoll er geſagt haben: er ließ das Ur-
theil vollſtrecken.
Dieſe erſten Thaten Sixtus V. ſetzten Jedermann in
Furcht: ſie gaben den Verordnungen, die er nunmehr er-
ließ, einen gewaltigen Nachdruck.
Barone und Gemeinden wurden angewieſen, ihre
Schloͤſſer und Staͤdte von den Banditen rein zu halten:
— den Schaden, den die Banditen anrichten wuͤrden, ſoll-
ten der Herr oder die Gemeinde, in deren Gebiet er vor-
falle, ſelber zu erſetzen haben“ 2).
1) Se vivo facinorosis moriendum esse.
2) Bullarium Tom IV. p. IV. p. 137. Bando b. Tempesti I,
IX, 14.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/472>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.