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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Verwaltung des Kirchenstaates.
derts, noch selbst nicht für die bedeutendsten Stellen un-
entbehrliches Erforderniß: es finden sich weltliche Vicele-
gaten in Perugia: in Romagna scheint es fast die Regel
zu seyn, daß ein weltlicher Präsident die Verwaltung lei-
tet; Laien erwarben zuweilen die größte Macht und ein
unbedingtes Ansehn, wie unter Clemens VII. Jacopo Sal-
viati; aber einmal gehörten auch diese zu der Curie: sie
waren Angehörige eines Papstes, und hierdurch Mitglieder
jener Corporation: sodann liebten die Städte weltliche Go-
vernatoren nicht; sie forderten selbst Prälaten: es schien
ihnen ehrenvoller, hohen Geistlichen zu gehorchen. Mit
einem deutschen Fürstenthum und dessen ausgebildetem stän-
dischen Wesen verglichen, sieht ein italienisches auf den er-
sten Blick fast rechtlos aus. Aber in der That gab es
auch hier eine bemerkenswerthe Gliederung mannichfaltiger
Gerechtsame: der Nobili einer Stadt der Staatsgewalt ge-
genüber, der Cittadini in Bezug auf die Nobili, der un-
terworfenen Communen gegen die vornehmste, der Bauern
gegen die Stadt. Auffallend ist, daß es in Italien fast
nirgends zu Provinzialberechtigungen kam. Auch in dem
Kirchenstaat wurden wohl Provinzialzusammenkünfte gehal-
ten; man bezeichnet sie mit dem viel bedeutenden Namen
von Parlamenten; allein auf irgend eine Weise muß es
den Sitten des Landes und dem italienischen Charakter wi-
dersprochen haben, ein solches Institut auszubilden: zu ei-
ner nachhaltigen Wirksamkeit sind sie niemals gelangt.

Hätte sich aber auch nur die municipale Verfassung
vollkommen entwickelt, wie sie dazu die Möglichkeit hatte
und auf dem Wege zu seyn schien, so würde sie bei der

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Verwaltung des Kirchenſtaates.
derts, noch ſelbſt nicht fuͤr die bedeutendſten Stellen un-
entbehrliches Erforderniß: es finden ſich weltliche Vicele-
gaten in Perugia: in Romagna ſcheint es faſt die Regel
zu ſeyn, daß ein weltlicher Praͤſident die Verwaltung lei-
tet; Laien erwarben zuweilen die groͤßte Macht und ein
unbedingtes Anſehn, wie unter Clemens VII. Jacopo Sal-
viati; aber einmal gehoͤrten auch dieſe zu der Curie: ſie
waren Angehoͤrige eines Papſtes, und hierdurch Mitglieder
jener Corporation: ſodann liebten die Staͤdte weltliche Go-
vernatoren nicht; ſie forderten ſelbſt Praͤlaten: es ſchien
ihnen ehrenvoller, hohen Geiſtlichen zu gehorchen. Mit
einem deutſchen Fuͤrſtenthum und deſſen ausgebildetem ſtaͤn-
diſchen Weſen verglichen, ſieht ein italieniſches auf den er-
ſten Blick faſt rechtlos aus. Aber in der That gab es
auch hier eine bemerkenswerthe Gliederung mannichfaltiger
Gerechtſame: der Nobili einer Stadt der Staatsgewalt ge-
genuͤber, der Cittadini in Bezug auf die Nobili, der un-
terworfenen Communen gegen die vornehmſte, der Bauern
gegen die Stadt. Auffallend iſt, daß es in Italien faſt
nirgends zu Provinzialberechtigungen kam. Auch in dem
Kirchenſtaat wurden wohl Provinzialzuſammenkuͤnfte gehal-
ten; man bezeichnet ſie mit dem viel bedeutenden Namen
von Parlamenten; allein auf irgend eine Weiſe muß es
den Sitten des Landes und dem italieniſchen Charakter wi-
derſprochen haben, ein ſolches Inſtitut auszubilden: zu ei-
ner nachhaltigen Wirkſamkeit ſind ſie niemals gelangt.

Haͤtte ſich aber auch nur die municipale Verfaſſung
vollkommen entwickelt, wie ſie dazu die Moͤglichkeit hatte
und auf dem Wege zu ſeyn ſchien, ſo wuͤrde ſie bei der

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[385/0411] Verwaltung des Kirchenſtaates. derts, noch ſelbſt nicht fuͤr die bedeutendſten Stellen un- entbehrliches Erforderniß: es finden ſich weltliche Vicele- gaten in Perugia: in Romagna ſcheint es faſt die Regel zu ſeyn, daß ein weltlicher Praͤſident die Verwaltung lei- tet; Laien erwarben zuweilen die groͤßte Macht und ein unbedingtes Anſehn, wie unter Clemens VII. Jacopo Sal- viati; aber einmal gehoͤrten auch dieſe zu der Curie: ſie waren Angehoͤrige eines Papſtes, und hierdurch Mitglieder jener Corporation: ſodann liebten die Staͤdte weltliche Go- vernatoren nicht; ſie forderten ſelbſt Praͤlaten: es ſchien ihnen ehrenvoller, hohen Geiſtlichen zu gehorchen. Mit einem deutſchen Fuͤrſtenthum und deſſen ausgebildetem ſtaͤn- diſchen Weſen verglichen, ſieht ein italieniſches auf den er- ſten Blick faſt rechtlos aus. Aber in der That gab es auch hier eine bemerkenswerthe Gliederung mannichfaltiger Gerechtſame: der Nobili einer Stadt der Staatsgewalt ge- genuͤber, der Cittadini in Bezug auf die Nobili, der un- terworfenen Communen gegen die vornehmſte, der Bauern gegen die Stadt. Auffallend iſt, daß es in Italien faſt nirgends zu Provinzialberechtigungen kam. Auch in dem Kirchenſtaat wurden wohl Provinzialzuſammenkuͤnfte gehal- ten; man bezeichnet ſie mit dem viel bedeutenden Namen von Parlamenten; allein auf irgend eine Weiſe muß es den Sitten des Landes und dem italieniſchen Charakter wi- derſprochen haben, ein ſolches Inſtitut auszubilden: zu ei- ner nachhaltigen Wirkſamkeit ſind ſie niemals gelangt. Haͤtte ſich aber auch nur die municipale Verfaſſung vollkommen entwickelt, wie ſie dazu die Moͤglichkeit hatte und auf dem Wege zu ſeyn ſchien, ſo wuͤrde ſie bei der 25

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/411>, abgerufen am 24.11.2024.